Gestern Abend war ich bei einem Vortrag von Prof. Felix Huber von der Bergischen Universität, der sich in der Politischen Runde der VHS mit dem Döppersberg aus stadtplanerischer Sicht beschäftigt hat und fragte: Der Döppersberg als Paradebeispiel der „autogerechten Stadt“?

Bei diesem hochspannenden Vortrag zeigte er die personellen und planerischen Kontinuitäten der Stadtplaner vom Dritten Reich bis in die Nachkriegszeit der 50/60er Jahre auf, beschäftigte sich mit der Geschichte des Döppersberg (Akropolis-Lage, Hbf-Bau eines Schinkel-Schülers) und übte auch Kritik am aktuellen Entwurf, der ja aus den späten 90er Jahren stammt, also fast 20 Jahre alt ist, weswegen Huber aufzeigte, wie man heute Stadtplanung betreibt. Ein interessantes Dokument war die Vorstellung zweier Entwürfe des Döppersberg im General-Anzeiger vom 29. April 1954, welchen ich mit heute im Stadtarchiv zeigen ließ und im Folgenden dokumentieren möchte:

Wie wir bereits am Freitag berichteten, ist die bisherige Lösung der Verkehrsgliederung am Döppersberg die drei bzw. nach einem Plan sogar vier Kreuzungspunkte aufwies, aufgegeben worden. Stattdessen legte Professor Hetzelt dem Hauptausschuß zwei neue Projekte vor, die beide nur einen einzigen Kreuzungspunkt mit einer entsprechend einfachen Führung des Verkehrs aufweisen. Der Unterschied zwischen beiden besteht, wie aus den hier wiedergegebenen Aufnahmen der Modelle hervorgeht, in der Hauptsache in der Heranführung des Straßenzugs Dessauer Straße – Döppersberg an den Kreuzungspunkt bei den beiden Projekten auf dem Brausenwerth liegt. Beide Lösungen vermeiden aber die von den ersten Projekten vorgesehene Führung von Talstraße und Straßenbahngleisen auf verschiedenen Ebenen und erzielen so eine erhebliche Kostenersparnisse. 

Die erste der beiden neuen Lösungen – im rechten Bild wiedergegeben – [Im Original entgegen dieser Beschreibung im linken Teil, Anm. JNK] legt die durch den Höhenunterschied notwendig werdende Straßenschleife in das Gelände zwischen dem Neubau der Handelsschule und dem Kaiserhof. Die Schleife läuft dabei im Gegensatz zu der von uns früher veröffentlichten ursprünglichen Lösung zum Kaiserhof hin aus. 

Der radikalere Plan – im linken Bild – sieht dagegen den Abbruch des Kaiserhofes vor und schafft damit die Möglichkeit, die Schleife flacher und zügiger für den Verkehr zu führen. Bei dieser Lösung geht der Fußgängerverkehr durch einen langen Tunnel, dessen Aus- und Eingänge vor dem Hauptportal des Direktionsgebäudes und am Köbohaus liegen. Bei dem anderen Plan, der den Kaiserhof stehen läßt, muß der Fußgänger die Talstraße auf einer Brücke überschreiten, die vom Bahnhofsvorplatz zur ersten Etage des Köbohauses hinüber führt. Kostenmäßig stehen der von der Radikallösung vorgesehenen Verlegung des Kaiserhofs  – durch Pfeil gekennzeichnet – teure Fundamentierungsarbeiten gegenüber, die beim Bau der steileren Schleife in der anderen Lösung notwendig wären. 
Beiden Lösungen gemeinsam ist der Tunnel, der von der Isländer Brücke unter der Talstraße hinweg die Verbindung zur Kölner Straße [heute Am Johannisberg/Südstr., Anm. JNK] herstellt. Er läßt sich verhältnismäßig billig bauen, da er zunächst zu ebener Erde errichtet und dann erst durch den Bau der höher liegenden Talstraße zugedeckt werden soll. Außerdem schließen beide Lösungen die Errichtung eines zentrale Autobus-Bahnhofes ein, der zwischen dem Kolonnadengebäude der Bundesbahn und dem ehemaligen, jetzt von der Bundesbahn übernommenen Gebäudes des Lyzeum liegt. Wie die Modellfotos schon andeuten, plant an dieser Stelle die Bundesbahn in absehbarer Zeit Erweiterungsbauten. 
Beide Lösungen, deren Finanzierungen vor allem, wie in dem Hauptausschußbericht betont wurde, noch völlig offen steht, weisen auch sonst die Möglichkeit einer Modifizierung auf.  Professor Hetzelt, der zusammen mit Baudirektor Schillinger als dem Leiter des Planungsamtes die Einzelheiten der Projekte in einer Pressebesprechung vortrug, sah es als notwendig an, nach amerikanischem Vorbild auch die Bürgerschaft weitgehend in die Diskussion mit einzubeziehen. Voraussichtlich werden Modelle öffentlich ausgestellt. 
Besonders interessiert ist selbstverständlich die Bundesbahn, die nach der Aeußerung ihres Hochbaudezernenten Dr. Landwehr durch die neuen Lösungen „in ihrem Lebensnerv stark angeschnitten“ wird. 

Die Westdeutsche Rundschau berichte am selben Tag unter der Überschrift „So will das Planungsamt den Verkehr bändigen“ unter folgender Seitenansicht der „krassen“ Lösung:

Wir unterrichteten unsere Leser bereits darüber, daß der Hauptausschuss des Rates der Stadt Wuppertal einstimmig den neuesten Planungen des Planungsamtes der Stadt genehmigte, die ein Konzentrierung  der zuerst geplanten drei Kreuzungspunkte am Döppersberg und Brausenwerth in Elberfeld auf einen Punkt vorsehen. Heute stellen wir das Modell des Plans vor, und zwar in seiner „krassesten“ Form: die Nord-Süd-Verbindung geht über das Gelände des Hotels Kaiserhof hinweg. Ob diese Variante allerdings Wirklichkeit wird – darüber ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen worden. 
Soll aber dennoch der Kaiserhof erhalten bleiben, dann würde die Rampe, die auf dem abgebildeten Modell gradlinig in der Bahnhofstraße mündet, in einer gewaltigen, leider recht steilen Serpentine gleich neben der Handelsschule in die Straße Döppersberg führen. 

Was ist wo?

Zur Orientierung dies vorweg: Der Beschauer unseres Modellfotos sieht nach Süden (im Bild oben), wo sich breit in der Mitte Empfangshalle, Bahnhofsgebäude und Bundesbahndirektion erstrecken. Quer durch die Bildmitte, von Ost nach West, (also von links nach rechts) zieht sich der Talstraßenzug. Links ist gerade noch der S-Bahn-Ueberbau an der Bembergbrücke zu erkennen, ganz rechts das Thalia-Theater, hinter dem die Talstraße noch in diesem Jahr ausgebaut werden soll. Unterhalb des Talstraßenzuges erkennt man – parallel dazu verlaufend – das Gerüst der S-Bahn mit dem S-Bahnhof Döppersberg in der Bildmitte. Wenn man sich soweit zurechtfindet, wird das Erkennen der alten reformierten Kirche (rechte Bildhälfte unten) und des neuen Höheren Handelsschulgebäudes [heute Kaufmännische Schulen, Anm. JNK] (links oben) nicht mehr schwierig sein. 

Eine statt drei Kreuzungen

Die in der ursprünglichen Planung vorgesehenen drei Kreuzungspunkte im Talstraßenzug lagen 1. an der Stelle des Döppersberg, wo heute der Verkehrsposten mühevoll den Straßenverkehr dirigiert, 2. an der Brausenwerther Brücke, 3. etwa zwischen S-Bahn-Ueberbau und Handelsschulgebäude (im Modell ganz links), alle drei also ziemlich dicht hintereinander.
Das würde nicht nur den Verkehrsfluss auf der Talstraße hemmen, sondern auch den Bau des Teilstücks sehr verteuern: durch die drei unbedingt erforderlichen Ampelanlagen, durch die kostspielige Untertunnelung des Döppersberg (unter dem sämtliche Straßenbahnenlinien durchkommt. Denn hier stoßen aufeinander die Talstraße (Oest [Sic!]-West-Verkehr) und die geplante Nord-Süd-Verbindung: Gathe-Morian-Kolk-Brausenwerther Brücke und jenseits der Talstraße weiter als über eine Rampe und das Gelände des Kaiserhofes hinweg  – Bahnhofstraße – Elberfelder Südstadt

Teurer Tunnel überflüssig

Die bisher geplante, ungemein teure Führung aller Straßenbahnen unter dem Brausenwerth hindurch, kann nun unterbleiben, weil ja der Brausenwerth keine Kreuzung mehr ist, die es zu untertunneln gilt.
Allein wer vom Thalia her über die Talstraße in Richung Barmen geht oder fährt, muß etwa am Island unter einer Brücke hindurch. Ueber die fahren die Straßenbahnen von und nach dem Viehhof, Ravensberg, Cronenberg, Remscheid, Solingen und künftig auch nach Ronsdorf.

Wall nicht abgeschnitten

Kurz bevor man aber – vom Thalia herkommend – unter dieser Brücke her muß, überquert die Talstraße ihrerseits mit beiden Fahrbahnen die Kölner Straße (auf unserem Foto eine Daumenbreite links vom Thalia): die Kölner Straße mündet – über dem Isländer Wupperbrücke hinweg – direkt in den Wall, ohne die Talstraße zu schneiden. 

Der Busbahnhof

Und schließlich ist noch die Zufahrt zum Bahnhofsvorplatz in diesem Modell zu erwähnen, die in Höhe Gesundheitsstraße beginnt (im Modell nicht mehr sichtbar), wie die Talstraße hinter dem Thalia-Theater herführt, dann die Nord-Süd-Straßenbahnlinien kreuzt und in die Bahnhofstraße einmündet.
Links neben dem Pavillongebäude am Bahnhofsvorplatz ist eine große freie Fläche erkennbar, die als Autobusbahnhof für Bundesbahnbusse und Stadtwerkebusse dienen soll. Diesen Platz sollen Bundesbahn-Großbauten rahmen.
Am Döppersberger S-Bahnhof können die Fußgänger zu ebender Erde in einen Tunnel gehen, der mit einer Treppe auf den Bahnhofsvorplatz einmündet.

Soweit die Zeitungen 1954 – aber auch schon 1925 hat man sich Gedanken um eine Neugestaltung des Platzes gemacht – bevor die Royal Air Force eine Neuplanung auf den Trümmern der Stadt ermöglichte. Folgende Studien stammen aus: Deutschlands Städtebau DARI-Verlag, Elberfeld, bearbeitet und herausgegeben im Auftrag des Oberbürgermeisters vom Beigeordneten Stadtbaurat Koch, DARI Deutscher Architektur- Und Industrie-Verlag Berlin-Halensee 1925.

(Die Bilder sind aus dem Buch abfotografiert, worunter die Qualität leidet.)

Ausgangslage: Brausenwerth 1923.

Ebenfalls B.D.A. E. Karstein und A. Schumacher

Fritz Becker, Düsseldorf

Fritz Becker, Düsseldorf