Dienst=Reglement für die Nachtwächter der Stadt Elberfeld

Entnommen aus: Tania Ünlüdag, Historische Texte aus dem Wupperthale. Quellen zur Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts, Wuppertal 1989.

30.11.1852


1. Dienst=Reglement für die Nachtwächter der Stadt Elberfeld

Zur Handhabung der örtlichen Sicherheit, so wie zur Erhaltung nächtlicher Ruhe und Ordnung, ist die Anstellung von 30 Nachtwächtern zweckmäßig erachtet worden und wird für dieselbe folgendes Dienst=Reglement erlassen:

§. 1. Die Nachtwächter werden auf nachstehend bezeichnete Dienstobliegenheiten durch Handschlag an Eidesstatt verpflichtet und ihnen hierdurch für ihre Dienstverrichtungen die Rechte und Pflichten der Polizei=Sergeanten beigelegt. Besonders wird von ihnen erwartet, daß sie einen durchaus unbescholtenen Lebenswandel führen, stets nüchtern, wachsam, zuverlässig sind, und, wo es nötig ist, persönlichen Muth zeigen.

§. 2. Die Nachtwächter melden sich an jedem Abend um 9 1/2 Uhr auf dem Rathhause bei den sich daselbst ebenfalls einfindenden Nachtwachtmeistern. Fünf von ihnen bleiben zur Aushülfe für vorkommende Fälle auf der Wachstube, von wo sie ohne Auftrag ihres Vorgesetzten nicht entfernen dürfen. Die andern 25 begeben sich, nachdem sie auf der Wachstube das Alarmhorn, die Signalpfeife und das Seitengewehr in Empfang genommen haben, von da in dem Jedem von ihnen zugewiesenen Bezirk, in welchem sie während der 6 Wintermonate von 10 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens und während der 6 Sommermonate von 10 Uhr Abends bis 5 Uhr Morgens sich stets aufhalten müssen.

§. 3. [Verhalten im Krankheitsfall]

§. 4. Das Alarmhorn dient zum Feuer=Signal, die Pfeife theils zum Herbeiruf des nächststationierten Nachtwächter bei erforderlicher Hilfe, theils zur Antwort auf die Pfeife des Aufsichts=Beamten. Das Seitengewehr endlich nur zur Abwehr von Gewaltthätigkeiten gegen die Person des Nachtwächters, niemals zum Angriff, und bleibt er für den Mißbrauch der Waffe verantwortlich.

§. 5. [Bezirke]

§. 6. Die Nachtwächter sind verpflichtet, ihren ganzen Bezirk fortwährend abzupatrouillieren, und zwar dergestalt, daß sie in jeder Stunde jedes Haus in demselben mindestens einmal berühren. Sie sollen ferner nicht immer denselben Gang in ihren Revieren nehmen, sondern bald in der einen, bald in der andern Straße den Anfang machen, auch öfters nach kurzer Zeit denselben Weg zurückgehen.

§. 7. Die Nachtwächter haben ihr besonderes Augenmerk zu richten:
a. auf die zur Nachtzeit in den Straßen oder an abgelegenen Orten sich umhertreibenden verdächtig scheinenden Personen, besonders, wenn dieselben Gepäck, Waaren, Werkzeuge und dergleichen Gegenstände mit sich führen;
b. auf Individuen, welche auf den Straßen, es sei auf welche Art es wolle, die nächtliche Ruhe stören;
c. auf Leute, welche auf den Straßen in Streit und Schlägerei befangen sind;
d. auf die in den Straßen sich herumtreibenden liederlichen Dirnen und sonstiges Gesindel oder trunkenen Personen;
e. auf Feuer und Licht und etwaige Brandausbrüche
f. auf die Straßen-Beleuchtung zur Zeit der Herbst= und Wintermonate, indem sie darauf zu achten haben, daß die Laternen in den festgesetzten Stunden gehörig hell brennen, worüber ihnen noch die erforderliche nähere Anweisung ertheilt werden wird;
g. auf den gehörigen Verschluß der Hausthüren, Thore und Fenster der Häuser, Läden, Magazine und dergleichen Behälter; findet sich hierbei irgend Etwas Auffallendes oder gefährlich Scheinendes, so haben sie den betreffenden Besitzer, nöthigenfalls auch den machthabenden Polizei=Sergeant, sofort davon zu unterrichten
h. auf einen freien, sichern und ungehemmten Durchgang durch die Straßen;
i. auf die öffentlichen Pumpen, welche sie bei starkem Froste jede halbe Stunde anzuziehen haben, um sie vor dem Erfrieren zu bewahren;
k. auf das Halten der Polizeistunde in den Wirthshäusern, und haben diejenigen Wirthe, welche nach der Polizeistunde noch das Verweilen der Gäste in ihrem Hause gestatten, zur Bestrafen anzuzeigen.

§. 8. In den im vorigen §. ad a. b. und c. gedachten Fällen sind die betreffenden Individuen, insofern sie unbekannt und nicht augenblicklich legitimiert sind: die ad d. bezeichneten jedoch jedesmal von den Nachtwächtern anzuhalten, zur Polizei=Wachtstube abzuführen und daselbst dem wachthabenden Polizei=Sergeanten zu überliefern, welcher dann einzig und allein für dieselben verantwortlich ist, und das Weitere veranlassen wird.
Jedenfalls haben die Nachtwächter in den hier berührten, wenn die Abführung der Individuen zur Wachtstube nicht erforderlich war, dem revidierenden Nachtwachtmeister oder den patrouillierenden Polizei=Beamten oder Gensd’armen deshalb Anzeige zu machen.

§. 9. Jeder, welcher von den Nachtwächtern zur Ruhe und Ordnung ermahnt, oder zur Polizeiwache zu folgen aufgefordert wird, hat denselben unweigerlich Folge zu leisten oder zu gewärtigen, daß er zwangsweise abgeführt oder wegen Widersetzlichkeit , resp. Beleidigung der Nachtwächter im Dienste zur Untersuchung gezogen wird. […]

§. 10. Bei Wahrnehmung eines Brandes in der Stadt hat der betreffende Nachtwächter zunächst die Bewohner des Hauses, worin das Feuer ausgebrochen ist, so wie dessen Nachbarn des Hauses und die in seinem Reviere wohnenden Polizeibeamten, Spritzenmeister, Aufseher, etc. davon zu benachrichtigen, gleichzeitig aber mit seinem Horn das Feuer=Signal nach der besonderen Instruktion zu geben, auch den Ort des Brandes laut durch die Straßen zu rufen. Die übrigen Nachtwächter wiederholen das Feuer=Signal sogleich und müssen sich ebenfalls von dem Orte des Brandes zu benachrichtigen suchen, um die zur Hülfe herbeieilenden Bürger davon in Kenntniß zu setzen. Dieselben sind ebenfalls verpflichtet, die in ihrem Reviere wohnenden Polizei-Beamten etc. vom Ausbruche des Feuers in Kenntniß zu setzen. Wie lange die Nachtwächter das Feuer=Signal zu wiederholen haben, hängt nach vernünftigen Ermessen und von den Umständen ab; dieselben dürfen jedoch ihren Bezirk nicht verlassen und haben mit besonderer Aufmerksamkeit ihren Wachtdienst fortzusetzen, Beim Ausbruche eines Brandes am Tage haben sich die Wächter, sobald Kenntniß davon wird, auf der Polizei=Wachtstube einzufinden, wo ihnen die weiteren Befehle ertheilt werden. Beim Ausbruche eines Brandes außerhalb der Stadt, ist hiervon sofort auf der Polizei=Wachtstube die Anzeige zu machen; jedoch erst auf besonderen Befehl Feuerlärm in der Stadt zu blasen. Den Nachtwächtern wird auch zur Pflicht gemacht, wenn bei Nacht Brand ausgebrochen, die Bewohner der zunächst der Brandstätte gelegenen Häuser noch besonders aufzufordern, die Fenster der untern Etage ihrer Wohnung zu erleuchtern.

§. 11-14. [Anweisungen zum Verhalten der Nachtwächtern][…]
Das Gehalt des Nachtwächters mit monatlich 10 Thaler wird postnumerando gezahlt.[…]
§. 15 -16. […]

Elberfeld, den 30. November 1852.
Königliche Polizei=Direktion.