Erich Philipp Ploennies, Topographia Ducatus Montani, 1715.

entnommen aus: Erich Philipp Ploennies, Topographia Ducatus Montani, herausgegeben und bearbeitet von Burkhard Dietz, Neustadt/Aisch, 1988.

Am 1. Mai 1715 übergab der Naturwissenschaftler Erich Philipp Ploennies die erste geographische Aufnahme und Beschreibung des Bergischen Landes an den Landesherrn, Kurfürst Johann Wilhelm. Begonnen hatte er die Arbeiten 1708/1709. Neben den entstandenen Karten verfasste Ploennies eine schriftliche Beschreibung des Landes, das er vorgefunden hatte. Folgend wird diese in Auszügen zitiert.

1. Mai 1715

Inhalt:


Beschreibung des Landes.

Woher dieses herzogthumb Berg seinen nahmen bekomen habe, ist leicht zu erachten, sintemahl dasselbe bey nah aus lauter Bergen bestehet, obgleich einige flächen nechst dem Rhein auch darin anzutreffen sindt, so ist doch der gröste theil des landes, wie gemeldet, mehrentheils berge, und zwar solche, die in wahrheit nicht klein zu nennen sindt; die grösten und nahmhaftesten berge liegen ganz oben am Rhein, oberhalb Bonn indem Ambt Leuenburg, das Sieben gebürg genandt, weilen derselben allezeit (wo sie am Rhein gesehen werden, als zwischen Bonn und Cöln) sieben gezehlt werden.

Mann findet überdaß in gemeltem herzogthumb Viele andere höhen, Von welchen einer der ein gut gesicht hat, sehr weit sehen kann, wie dann gleichfals das berühmte schloß Bensberg in dem Ambt Portz auf einer dergleichen höhe lieget, Von welcher das aug über Cöln biß fast in das Jüligsche landt ungehindert reichen kann.

Des landes Situation betreffendt, so liegt dasselbe der länge nach den Rhein herunter, nemlich Von ohngefehr Nonneweert bis an Angerorth, und gränzt also gegen abendt an den Rhein, oder an das Bischthumb Cöln, gegen Morgen an das Märckische landt, gegen Mittag, theils an das Cölnische, theils an die Grafschafft Wildenburg, gegen Mitternacht aber stoßt dasselbe nur ein wenig an das Clevische, und meistentheils an das Märckische.

Woraus dann leichtlich desselben gröste läng und breite wird können ge urtheilt werden, nemlich Von Nonneweert biß Angerorth 12 teütsche Meilen und Von [Köln-]Mülheim am Rhein biß über die stadt Rath vorm Waldt, 6 teütsche Meilen, darauß abzunehmen, wie dieses herzogthumb nicht klein, sondern gewißlich ein ansehnliches theil unseres teütschen landes ausmache.

Die Einwohner darinnen sind mehrentheils fleißige leüte, und gar Viel darunter zur handlung geneigt, daher nahrhafft ihr stück brodt zu gewinnen, sie suchen auswerts Vielfaltig mit frembden landen zu Correspondiren, umb, wann sich eine gelegenheit zeigen mögte, etwas zu gewinnen, derselben sich bedienen zu können, weßhalben sie auch fleißig die zeitungen lesen, und neües zu hören Curieus sindt; Sonsten sindt sie spizz, scharf und nachdenckendt Von Verstandt, und können öffters dinge, die sie nicht gelernet, andern nachmachen. Ob sie aber auch friedliebendt, kann mann am besten auf der Canzley erfahren.

Ihre Religion bestehet aus allen 3 welche in dem Römischen reich zugelassen, und wird daVon bey jedem Ambt ins besonder etwas gedacht werden.

Die flüsse welche durch das landt laufen, sind klein und wenig, doch können derselben 2 den nahmen eines flusses sich noch etwas anmasen, als die Sieg und Wupper, deren erstere in dem Siegischen landt entspringet, und bey Blanckenberg, Siegberg p. hinlauft bey Mondorf aber unterhalb Bonn in den Rhein fält; Die Wupper entspringt in dem Märckischen landt, und lauft an Wupperfurth, Huckeswagen, Beyenburg, Elverfeldt, ter Burgh, Oblaten hin, und fält zwischen Rheindorf und Westdorf in den Rhein. Auf der Sieg werden zwar noch kleine schiffe gebraucht, womit das holz den Rhein hinunter nacher Cöln gebracht wird, auf der Wupper aber können solche nicht gehen, weilen das wasser zu untief, und auch zwischen Vielen felsen hinlaufen muß, die übrigen wasser sind nur bäche, welche am besten aus den Special Charten der Ämbter werden erkandt und gesehen werden können; Die meisten bäche Verändern ihre nahmen, nach den örtern woran sie hinfliesen, daher sie oben anderst als unten heisen, wo sie nemlich baldt aufhören, und in andere wasser komen, weßhalben die nahmen nicht allezeit, dabey zu notiren, Vor nöthig geachtet habe.

Übrigens ist das landt mit allem was zu des menschen notthurfft oder subsistenz nöthig, Versehen, und obgleich kein solcher überfluß Vorhanden, daß sie damit andere länder Völlig Versorgen können, so mögen sie doch etwas daVon denen auser lands wohnenden lassen zukomen; dann die am Rhein liegende Ämbter sind mit korn und andern früchten genug gesegnet, und die andern haben soViel als sie ins hauß jährlich bedürfe[n];

An Viehzucht fehlet es nicht, als RindVieh, schaaf, Schwein; Obst ist gleichfals in einigen Ämbtern soViel, daß auch solches nach dem Rhein in schiffe gebracht wird; fisch werden soViel als nöthig (welche sie aber meistens in teichen halten) darin gefunden; an brennholz fehlet es fast nirge[n]d im landt

daß bauholz haben die bauern meistens umb ihre höf her gepflanzet; daß also fast nichts zu nennen, was dem landte fehlen mögte, dann was dem einen Ambrt abgehet, hat doch das andere; An Wildpret hat es im geringsten keinen mangel, und ist eine grose menge darinnen anzutreffen, sintemahl es leicht zu achten, daß in den Vielen büschen und waldungen, die in dem landte sindt, nicht wenig seyn müsse.

Bergwercke, obgleich solche noch nicht überall im gang, sind auch darin, und hat mann Vor einigen jahren in dem Ambt Elverfeldt angefangen steinkohlen zu suchen; Im Ambt Steinbach sindt Eysenhütten, eisen Gruben, Kupfergruben; Im Ambt Windeck, hat mann Eisenberg, Kupferberg und Silberberg, wie dann solches sambt denen hütten, hämern, und allen werckstädten deütlich in jedem Ambt angezeigt worden.

Daß ganze landt wird in 13 Ämbter (in welchen 6 herrlichkeiten, 10 städt und 8 so genandrte freyheiten begriffen) getheilt, und obgleich die Richter und beambte gedachter Ämbrter über solche herrlichkeiten und Städte nichts zu sprechen (weilen dieselbe ihre besondere Richter oder befehlshaber haben) so sind sie doch alle der hohen landes Obrigkeit un- terworfen.

Die Nahmen der Ambter sind folgende.

  1. Daß Ambt Lewenburg sambt der Vogtey Lülsdorf
  2. Daß Ambt Portz sambt der herrlichkeit Otendahl, dem Kirchspiel Schiederhöh, und der freyheit Mülheim am Rhein
  3. Daß Ambt Miseloe.
  4. 4. Daß Ober und unterAmbt Monheim, sambt der herrlichkeit Reichradt[,] der freyheit Monheim, und worzu leztens die stadt und bürgerschafft Düsseldorf kann gezehlet werden.
  5. Daß Ober und unterAmbrt Ratingen, worin die herrlichkeit Lansberg, die herrlichkeit Brach[,] die stadt und bürgerschafft Ratingen und die freyheit Angermund lieget.
  6. Daß Ober und unterAmbt Metman, sambt der freyheit Metman, dabey kann die herrlichkeit Hartenberg gerechnet werden.
  7. Daß Ambt Solingen, worin die herrlichkeit Schüller, ingleich[en] die zwey Kirchspiel Hilden und Haan, Ite[m] die freyheit Grefrath.
  8. Daß Ambt Elverfeldt, sambt der Stadt und Bürgerschafft, wozu die Barmen können gezehlt werden.
  9. Daß Ambt Beyenburg sambt der Stadt und Bürgerschafft Rath vorm Waldt.
  10. Daß Ambt Blanckenberg, sambt der stadt Blanckenberg, und der Vogtey Siegberg
  11. Daß Ambt Bornefeldt, sambt der stadt und Bürgerschafft Lennep[,] den so genandten 14 höfen, den 2 freyheiten ter Burgh, und Huckeswagen.
  12. Daß Ambt Steinbach, sambt der stadt und Bürgerschafft Wupperfurth
  13. Daß Ambt Windeck

Die nahmen der herrlichkeiten sindt diese

  1. Die herrlichkeit Bruch am unterAmbt Ratingen.
  2. die herrlichkeit Lansberg im OberAmbt Ratingen
  3. die herrlichkeit Hartenberg am Ambt Metman.
  4. Die herrlichkeit Schüller im Ambt Solingen
  5. Die herrlichkeit Reichradt im Ambt Monheim.
  6. Die herrlichkeit Otendahl im Ambt Portz.

Die nahmen der Städte sindt

1. Düsseldorf, 2. Lennep, 3. Wupperfurth, 4. Ratingen, 5. Rath vorm Waldſ,] 6. Solingen, 7. Gerresheim, 8. Blanckenberg, 9. Siegberg, 10. Elverfeld

Die freyheiten heisen.

1. Mülheim am Rhein, 2. Wesling, 3. Grefrath, 4. Metman, 5. Monheim[,]
6. Angermünd, 7. Huckeswagen, 8. ter Burgh

[…]

Von der Stadt Elverfeldt.

Mann könte zwar dencken, es wäre Von einem solchen orth, welcher ohnlängst zu einer stadt erst geworden, nicht Viel, oder gar nichts zu melden, so Sage daß dennoch ein und anders zu berichten Vorkompt, welches bey andern Vorgedachten nicht hat können berühret werden, sintemahl in demselben (nechst Düsseldorf) die Vornehmste Kaufleüt im landt sich aufhalten, und keinen kleinen, sondern in der that einen ansehnlichen handel treiben.

Obgleich aber diese stadt ein offener plaz, und dabey nicht groß, so hindert doch solches an obgedachtem handel im geringsten nichts; ja es haben die inwohner Vor diesen zeiten selbst bey damahliger landes Obrigkeit umb niederwerfung der stadtmauern angesucht, weilen die feindliche partheyen stets den ort, eine umb die andere eingenomen, und dadurch nicht nur die einwohner der stadt, sondern auch des landes selbsten, sehr beschwehret haben, welches, nachdem es ihnen willfahret worden, nachgehends also geblieben ist:

Über der wupper, welche hart an der stadt hinlaufft, liegt sogleich das sogenandte Islandt, daVon die einwohner Isländer heißen, und daher den nahmen bekommen, weilen sie als leibeigene den graben am schloß, so Vormahls da gewesen, und da gestanden soll haben, wo izo das Jesuiter-Kloster, das Rathhauß, und die Waag, und Lutherische Kirch stehen, haben winterszeit aufeisen müssen; Im jahr 1678 ist diese stadt bey nah die helfft abgebrandt, aber im jahr 1687 den 22 May ist sie Völlig durch unglück in die Asche gelegt worden, daß nichts daVon übrig geblieben, als das sogenandte Islandt, und die Klozbahn.

Es hat diese stadt, noch ehe sie Von Gnädigster herrschafft die stadtsfreyheiten erhalten, allezeit und zwar Von undencklichen jahren her, zu handeln getrachttet, ist auch darinnen jederzeit glücklich gewesen; weßhalben ihr dann Anno 1610 Von dem damahligen herzog Wolfgang Willhelm die stadt-privilegia (daß sie dörfen aus sich selbsten mit zuziehung der beambteſn], Jährlich einen ganz neüen rath erwehlen, und daß die beambten ihnen in ihrer Jurisdiction keinen eingrif thun dörfen) Gnädigst mitgetheilt worden.

Nebst obgemelten mitgetheilten Stadts-privilegiis, sind ihr auch die handlung[s] privilegia, betreffendt Garn und leinenbandt, mit zuziehung der GarnMeister und handlungsgenossen, Von obgemeltem herzog eingewilligt und Confirmiert worden.

Solche aber bestehen kürzlich darin, daß die 4 GarnMeister, deren einer in OberBarmen, der ander in unterBarmen, der tritte in der stadt, der 4te in dem Ambt wohnhafft, die freyheit haben, die wieder die handlungs ordnung peccirende [verstoßenden], nach willkühr zu strafen, ohne daß einer deshalben zu appelliren Vermag; es müssen auch die handelsgenossen deshalben einen eydt schwöhren, und ist ihnen eine gewisse zahl des gewichts gesezt, wieViel garn sie jährlich bleichen dörfen, auch wann sie zu bleichen den anfang machen, und wieder aufhore[n] müsse[n].

Ihr handel wie gesagt, bestehet in garn und leinenbandt, welches erstere sie Von außwerts aus dem Lüneburgischen und Hessischen hohlen, dasselbe bleichen, und wiederumb, entweder ohnVerarbeitet, oder leinenbandt daVon gemacht, also Vertreiben; Daher sindt in dieser stadt und Ambt so Viel bleichen, Weber, und streichmühlen, auf welchen lezten das leinenbandt gestrichen und glat gemacht wird.

Wegen gemelten unglücks, da nemlich diese stadt anno 1687 ganz abgebrandt, ist ihnen Von dem Durchl[auchtigsten] izo regierenden Churfürsten und Hſerrn,] H[errn] Johann Wilhelm eine 20 jährige freyheit de dato des schadens, in welcher zeit sie aller schazzung und steüer frey seyn solle, Gnädigst mitgetheilt worden, daher sich diese stadt baldt wieder erholet und Vorizo wieder in einem guten standt ist.

Also nun, wie gesagt, bestehet dieser stadt nahrung Vornemlich im handel, und zwar obgemeltem in Specie; Sie handeln auch mit wein, korn, und allerhandt stoffen, was mann insgemein an einem orth benöthiget ist, doch sind die leztens Von keiner solchen achtung als die erste: Daßjenige was das landt umb die stadt Von früchten und Viehzucht trägt oder hat, ist nicht mehr, als was sie selbsten benöthiget: Die einwohner sind zeit der reformation meistens der so genandten reformirten religion zugethann gewesen, aber nach dem brandt haben sich auch Viele Von der Augspurgischen Confession [Lutheraner nach der confessio augustana] daselbst niedergelassen, und Vor etlichen jahren ist denen Patrib[us] Jesuitarum [Jesuitenpater] Von Gnädigster Churfürstl|[icher] landes herschafft ein kloster und Kirche zu bauen Vergönnet worden, daß also alle 3 in dem Römischen Reich placidirte religionen nunmehro an obgemeltem orth anzutreffen.

Leztens ist nicht zu Vergessen, weilen diese stadt im jahr 1709 Von de[m] jezt regierenden Churfürsten und H[errn,] H[errn] Johann Wilhelm das privilegium erhalten, ihre eigene streitigkeiten unter sich zu schlichten, oder Vielmehr aus ihnen selbsten einen Richter zu erwehlen, so ist sie nunmehro dem Ambtsrichter daselbst nicht mehr unterworfen, und genieset also eine Völlige freyheit einer stadt, und zwar solche, deren andere städt im landt sich gleichfals bisher bedienet.

[…]

Von dem Ambt Elverfeldt mit denen Barmen.

Die Barmen bestehen nur aus einem Kirchspiel, und haben einen besondern Richter; das Ambt Elverfeldt aber hat nur zwey Kirchspiel als (1) Elverfeldt, 2. Cronenberg, welche beyde, ja alle 3 EVangelischer Religion zu seyn sich bekennen. In diesem Ambt sindt Viele bleichen, worauf das garn gebleichet wird, und womit die kaufleüt, deren Viel in der stadt Elverfeldt wohnen, nachgehends grosen handel treiben; Nebst gemeltem nehren sich Viele bey dem ackerbau mit leinenbandt zu weben, dann aus dem gebleichten garn solches in menge gemacht wird: der leßer lasse sich gefallen hier zu lesen, was in beschreibung der stadt Elverfeldt gemeldet worden.

Karte des Ambtes Elberfeld von Erich Philipp Ploennies, entnommen aus: Erich Philipp Ploennies, Topographia Ducatus Montani, herausgegeben und bearbeitet von Burkhard Dietz, Neustadt/Aisch, 1988.