1805
Das Haus Bonaparte
Im Vertrag von Schönbrunn überlässt Bayern das Herzogtum Berg dem französischen Kaiserreich. Die staatliche Gemäldesammlung ist schon längst aus Düsseldorf abtransportiert worden. 1
1806
Napoleon, von Gottes Gnaden und durch die Constitution Kaiser der Franzosen, und König von Italien Gruß allen denjenigen, welche Gegenwärtiges zu sehen bekommen.
Da ihre Majestäten, die Könige von Preußen und Bayern uns die respektiven Herzogthümer Cleve und Berg in ihrer ganzen Souveränität mit allen Gerechtsamen, Titeln und Prärogativen, welchen nur immer dem Besitze jedes dieser beyden Herzogthümer ankleben, so wie dieselben von ihnen besessen worden, abgetreten haben, um darüber zu Gunsten eines Prinzen nach Unserer Wahle zu disponieren: so haben Wir gedachte Herzogthümer, Gerechtsame, Titel und Prärogativen mit der vollen Souveränität. sowie Uns dieselben abgetreten worden, übertragen, und übertragen sie hiermit dem Prinzen Joachim, Unserem vielgeliebten Schwager, damit er sie in der Eigenschaft als Herzog von Cleve und Berg in ihrem ganzen Umfange vollkommen besitze und auf seine natürlichen und legitimen männlichen Nachkommen nach der Ordnung der Primogenitur, mit beständiger Ausschließung des weiblichen Geschlechtes und dessen Nachkommen, erblich übertrage. […]Da wir zu der Wahle, welche Wir in der Person des Prinzen Joachim, Unseres Schwagers, getroffen haben, vorzüglich dadurch bestimmt worden, daß Wir seine ausgezeichneten Eigenschaften kannten, und von den Vortheilen vergewissert waren, welche daher für die Einwohner der Herzogthümer Berg und Cleve enstehen müssen; so hegen Wir die feste Zuversicht, daß sie sich der Gnade ihres neuen Fürsten völlig würdig zeigen werden, indem sie fortfahren, durch ihr treue und Ergebenheit den unter ihren alten Fürsten erworbenen guten Ruf, und dadurch Unsere Kaiserliche Gnade und Protection zu verdienen.
Übernahmepatent Napoleons vom 15.3.1806, zitiert nach: Tania Ünlüdag, Historische Texte aus dem Wupperthale. Quellen zur Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts, Wuppertal 1989.
Gegeben in unserem Pallaste der Tuilerien, den funfzehnten des Monates März 1806
Das Haus Bonaparte
Am 15. März 1806 überträgt der französische Kaiser Napoléon Bonaparte seinem Schwiegersohn die Herzogtümer Kleve und Berg. Joachim Murat, verheiratet mit Napoléons Schwester Caroline, war ein General Napoléons. Das Gebiet wurde aber, im Gegensatz zu Jülich 1794, nicht zu französischem Territorium. Hauptstadt war Düsseldorf. 2
Am 24. März zieht Murat in Düsseldorf ein und nun erfährt auch die Bevölkerung, was mit dem Land in den letzten Monaten passiert ist. 3
Am 24. April wird das Herzogtum Berg in die Bezirke Elberfeld, Mülheim am Rhein und Siegburg und Düsseldorf gegliedert. 4
Am 30. April verfügt Napoléon, dass keine Baumwollstoffe und Kleinmetallwaren nach Frankreich eingeführt werden dürfen. Da die französische Grenze am Rhein liegt, wir die Wirtschaft des Bergischen schwer getroffen, vor allem, nachdem ab 1807 auch Italien für Bergische Waren geschlossen ist. 5
Am 12. Juli scheidet das Bergische Land zusammen mit 15 weiteren Staaten aus dem Heiligen Römischen Reich aus und gründen den Rheinbund. Dadurch erhält das Herzogtum durch die Rheinbundakte die Unterherrschaften Hardenberg und Broich, die Enklave Limburg-Styrum, die Herrschaft Gimborn -Neustadt, die Grafschaft Homburg, die Stadt Deutz, Amt und Stadt Königswinter und das Amt Vilich hinzu. Im Süden wuchs das Herzogtum außerdem um die Fürstentümer Siegen, Dillenburg, und Hadamar, die Herrschaften Wildenburg, Westerbrug und Schadeck. Im Norden kamen die Grafschaften Horstmar, Bentheim, und Steinfurt und weitere Besitzungen hinzu, die nicht direkt an das Staatsgebiet anschlossen. 6
Elberfeld
Am 15. April besucht Joachim Murat Elberfeld. In der Varresbeck wird er von einer berittenen grünen Ehrengarde empfangen. Auf einem Triumphbogen in der Stadt steht „La ville d’Elberfeld à son Souverain“ und „Il rendra heureux son peuple“. Vor der katholischen Kirche spendet der Pfarrer Weihrauch und 28 junge Mädchen aus der Erziehungsanstalt Teichmüller treten in weißen Gewändern vor und überreichen ein „atlaßnes“ Kissen mit Lorbeer- und Eichenkranz. Die Handwerker defilieren an ihm vorbei und am Neumarkt sind 24 Buden aufgestellt, die eine Ausstellung aller Fabrikate der Stadt enthalten. Murat stellt fest: „L’industrie dans mon petit pays es semblable à celle d’Angleterre!“ 7
barmen
Barmen hat 14.500 Einwohner*innen. 8 Am 6. und 7. April besucht Murat Barmen, einen Ball und verschiedene Fabriken. 9
Nach 500 Jahren Zugehörigkeit zum Amt Barmen gehört der Ort seit dem 3. August 1806 zum Arrondissement Elberfeld. 10
Elberfeld
Das Bergische Deutsche Theater aus Düsseldorf eröffnet am 30. Mai 11 in Elberfeld an der Hofaue eine zweite Spielstätte. In Elberfeld hatte das Theater einen schweren Stand im 18. Jahrhundert, denn es galt als „Götzentempel“ mit einem schädlichen Einfluss auf den Gewerbefleiß, das physische und sittliche Wohl der Volksklasse. 12 Am 23. März hatten Elberfelder Kaufleute und Fabrikanten versucht, durch eine Eingabe an die Regierung in Düsseldorf die Errichtung des Hauses zu verhindern. 1811 wurde es in ein Gefängnis umgewandelt. 13
Elberfeld hat 18.000 Einwohner*innen. 14
Cronenberg
Cronenberg hat 2000 Einwohner*innen und wird zur Mairie erhoben. 15 Erster Bürgermeister: Johann Abraham von den Steinen. 16
Ronsdorf
Ronsdorf hat ca. 2.000 Einwohner*innen und wird zur Mairie erhoben. 17
Vohwinkel
Vohwinkel wird der Marie Sonnborn zugeordnet. 18
Beyenburg
Die wertvolle Bibliothek des Klosters Beyenberg wird aufgelöst – 280 Handschriften werden der Landesbibliothek in Düsseldorf überwiesen, der Rest verbrannt. 19 Das Amt Beyenburg, das seit dem Mittelalter bestanden hatte, wird am 3. August 1806 aufgelöst. 20
1807
Das Haus Bonaparte
Ab Juni müssen sich alle Männer, die 1782 oder später geboren sind in Konskriptionslisten eintragen. Per Losentscheid wurden 5.000 Mann zur Armee eingezogen. 1808 sind es durch die Gebietserweiterung 9.000 Mann. Reiche konnten sich durch die Stellung eines Ersatzmannes freikaufen. 21
Am 13. Oktober wird die französische Munizipalverfassung im Großherzogtum Berg eingeführt. Die Kommunalverwaltung war nun staatlich und bestand aus einem Direktor, Beigeordneten und einem Munizipalrat als beratendes Gremium. 22
1808
Das Haus Bonaparte
21. Januar: Im Rahmen des Pariser Vertrags erhält das Herzogtum das Fürstentum Münster, die Grafschaften Mark, Dortmund, Tecklenburg und Lingen, die Reichsgrafschaft Limburg und die Herrschaft Rheda. Das Staatsgebiet umfasst nun 17.300 km². Es ist mehr als doppelt so groß wie 1806. 26
15. Juli: Nachdem Joachim Murat zum König von Neapel ernannt wurde und abgereist war, übernimmt Napoléon Bonaparte höchstselbst die Herrschaft über das Großherzogtum Berg. Nebenbei ist der noch Kaiser von Frankreich und König von Italien. 27
Am 12. Dezember wird die Leibeigenschaft aufgelöst. 28
18. Dezember: Das Großherzogtum Berg wird ohne Rücksicht auf historische Verwaltungsgrenzen neugestaltet. Es entstehen vier Departements, zwölf Arrondissements, 78 Kantonen und 288 Mairien. 29
Vohwinkel
14. November: Ein Dekret verortet Vohwinkel in der Marie Sonnborn, im Kanton Elberfeld im Arrondissement Elberfeld des Rhein-Departements. 30
Barmen
Am 3. Februar 1808 werden die Verwaltungsfunktionäre und die Munizipalräte von Provinzialrat Theremin vereidigt und die erste Sitzung der Stadtrates findet statt. 31 Erster Stadtdirektor ist Carl Bredt. 32
Cronenberg
Cronenberg wird zur selbstständigen Commune erhoben. „Directeur“ wird Abraham von den Steinen. 33
1809
Das Haus Bonaparte
Am 11. Januar wird die Lehnsherrschaft aufgehoben. 34
Am 3. März überträgt Napoléon seinem vier Jahre alten Neffen Napoleon Ludwig das Großherzogtum, bleibt aber selbst Regent. 35
Bergische Soldaten kämpfen als Teil der napoléonischen Armeen in Spanien. 36
Im Bergischen Land herrscht nun Gewerbefreiheit. 37
Elberfeld
Die Kirchhof (Friedhof) der reformierten Gemeinde wird der Stadt für einen Kaufpreis von 4.400 Reichstalern abgetreten. Der 1 Morgen, 130 Ruthen und 70 Fuß große Kirchhof wird zum „neuen Markt.“ 38
1810
1811
Das Haus Bonaparte
Durch Grenzverschiebungen und Übertragungen verliert das Großherzogtum ein fünftel seines Gebietes. Durch neue Zollbestimmungen verschlechtert sich die Lage der Bergischen Kleineisenindustrie erheblich. Die Bevölkerung verarmt, viele wandern nach Sachsen, Böhmen und Mähren aus. Von 57.600 Beschäftigten im Jahr 1807 sind 1811 nur noch 38.681 übrig. Barmer und Elberfelder werben für die Angliederung des Bergischen an den französischen Staat. Die Franzosen sind aber gegen die wirtschaftliche Konkurrenz und können mit den Zöllen besser leben als die Bergischen. 46
Am 3. November zieht Napoléon in Düsseldorf ein und besucht das Großherzogtum. 47
Elberfeld
Der Organist Johannes Schornstein gründet einen Chor, die „Singschule. 48
Barmen
In den Jahren bis 1813 wird die Chaussee zwischen Rittershausen und Elberfeld angelegt. Da die Barmer eine breite, mit Bäumen bestandene Straße wünschen, eine Allee, müssen sie zusätzlich zu den staatlichen Mitteln noch eine Sammlung duchführen. 49
1812
Das Haus Bonaparte
Mit 25.000 bergischen Infanteristen zieht die Grande Armée nach Russland und geht in den Weiten der russischen Landschaft und im russischen Winter unter. 300 kehren zurück. 50
Ronsdorf
Ronsdorf wird am 12. Februar zum Kantonsort und Sitze des Friedensgerichts, auch für Remscheid (bis 1842) und Cronenberg (bis 1821). 1879 wird der Friedensgerichtsbezirk aufgehoben.51
1813
Ronsdorf
Am 22. Januar kommt es vor der lutherischen Kirche in Ronsdorf zu tumultartigen Ausschreitungen, als der Elberfelder Präfekt Schleicher aus den Konskriptionslisten für Remscheid und Cronenberg neue Soldaten für die französische Grande Armée bestimmen will. Scheiben und Bänke der Kirche werden zerstört, das Haus des Maire beschädigt. Die Ziehung wird trotzdem durchgeführt. Als sich diese Ereignisse am nächsten Tag in Solingen wiederholen, entstehen im Herzogtum Berg Aufstände der sog. „Knüppelrussen“ oder „Speckrussen“. Die Unruhen dauern zwei Wochen. 52
Am 11. November treffen die ersten Kosaken in Ronsdorf ein. 53
Das Haus Bonaparte
Am 5. November wird das Großherzogtum Berg von den anti-napoléonischen Truppen besetzt. Die französischen Amtsträger fliehen nach Westen, während die einheimischen im Großherzogtum bleiben, das ab Ende dem 25. November 1813 als Generalgouvernement Berg firmiert, verwaltet von Justus Gruner. 54
Barmen
Am 28. Januar greifen junge Barmer, die von den Franzosen zum Kriegsdienst eingezogen werden sollen, zu Knüppeln und ziehen durch die Straßen. Sie verwüsten Tabak- und Salzdepots und lagern auf dem Alten Markt. Am 30. Januar ziehen sie nach Elberfeld, wo das Militär den Tumult auflöst. 55
Elberfeld
Am 3. Februar wird in Folge des sog. Knüppelrussen-Aufstands einer der Anführer (Peter Mertens) 56 auf dem Neumarkt von französischen Truppen standrechtlich erschossen. 57
Am 1. November macht Jérome Bonaparte, der jüngste Bruder Napoleons und bis dahin König von Westfalen, Station im Wülfingschen Haus am Hofkamp. Er entlässt seine Begleitung und flieht über Köln nach Frankreich. 58
Am 9. November erreichen nach der Völkerschlacht bei Leipzig die ersten Russischen Kosaken Elberfeld und werden jubelnd empfangen. Die Franzosen sind aus dem Bergischen abgezogen. 59
Cronenberg
Am 13. November rücken 30 russische Dragoner in Cronenberg ein. 60
Im gleichen Jahr wird die erste Apotheke im Ort gegründet. 61
1813
Das Haus Hohenzollern
Am 5. November wird das Großherzogtum Berg von den anti-napoléonischen Truppen besetzt. Die französischen Amtsträger fliehen nach Westen, während die einheimischen im Großherzogtum bleiben, das ab Ende dem 25. November 1813 als Generalgouvernement Berg firmiert, verwaltet von Justus Gruner. 62
1814
Barmen
Am 9. Mai werden die französischen Titel Maire, Adjunkt und Munizipalrat abgeschafft und durch Bürgermeister, Beigeordneter und Stadtrat ersetzt. Neuer Bürgermeister wird Dr. Brüninighausen. Er amtiert bis 1831. 63
Langerfeld
Im Mai bestaunen die Langerfeld die Berliner Siegesgöttin mitsamt ihrer Quadriga auf ihrem Rückweg zum Brandenburger Tor. 64
Elberfeld
Der Elberfelder Frauenverein wird gegründet. 65