1933

NationalsoziaLismus

Am 30. Januar übernehmen die Nationalsozialisten die Macht in Berlin und damit auch im Bergischen Land. Auf den Straßen herrscht, von der Polizei unterstützt, Terror.

Am 5. März und am 12. März fanden Neuwahlen für den Reichstag und den preußischen Landtag statt. In den Städten des Bergischen Landes waren die Kommunisten die stärksten Gegner der NSDAP, im Kreis Düsseldorf-Mettmann, Rheinisch-Bergischen Kreis und im Siegkreis gewann das Zentrum. Nur der Oberbergische Kreis votierte mehrheitlich für die Faschisten. 1 Dabei fanden die Wahlen schon unter dem Eindruck der Reichstagsbrandverordnung statt, die die Grundrechte außer Kraft setzten. Terror gegen Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter war an der Tagesordnung. In Schutzhaft genommen, wurden sie in Lagern und Gefängnissen brutal gefoltert und teilweise ermordet. 2

Anschließend übernahmen die Nationalsozialisten die Macht in den Kommunen, verboten Kommunisten, trieben die Sozialdemokraten durch Druck aus den Stadträten und drängten die Landräte und Oberbürgermeister durch fingierte Korruptionsvorwürfe aus den Ämtern. Unterstützt von der Polizei marschiert die SA am 31. Januar triumphal durch die Arbeiterviertel der Stadt. 3

Im April werden die Theater in Preußen dem Innenministerium unterstellt. 4

Am 23. Juni wird den Sozialdemokraten die Ausübung ihrer Mandate verboten. Die beiden im Wuppertaler Beschlussausschuss verbliebenen SPDler, Robert Daum und Fritz Landowski, werden so entfernt.5

An 22. September werden alle Kulturbereiche der Reichskulturkammer unterstellt. Präsident wird Propagandaminister Goebbels. 6

Am 15. Dezember tritt das „Preußische Gemeindeverfassungsgesetz“ in Kraft. Statt den gewählten Stadtverordneten bestimmten nun 24 von Gauleiter und NSDAP-Kreisleitung vorgeschlagene und vom Regierungspräsidenten nach Zustimmung des Preußischen Innenministeriums berufene Ratsherren.7 Nach 323 Jahren (nimmt man die Stadtwerdung Elberfelds als Maßstab) endete damit die städtische Selbstverwaltung in Wuppertal.

1933 gibt es in Wuppertal 15 öffentliche höhere Schulen, 9 für Jungen, 6 für Mädchen. 5530 Schülerinnen und Schüler (2193 zu 3337) besuchten eine höhere Schule, das waren 12% aller Schüler*innen. Eine dieser 15 Schulen war in staatlicher Trägerschaft (das naturwissenschaftliche Gymnasium Bayreuther Str. ), die anderen in städtischer. Außerdem gab es noch 6 private Schulen, die eine höhere Schulbildung anboten.8

Am 12. August müssen alle Lehrer, die der SPD angehört hatten, erklären, dass sie alle Beziehungen zur Partei aufgegeben hatten, um weiter unterrichten zu dürfen.9

Wuppertal

Unterstützt von der Polizei marschiert die SA am 31. Januar triumphal durch die Arbeiterviertel der Stadt. 10Am Tag zuvor hatte es eine Protestkundgebung gegen die Wahl Hitlers vor dem Barmer Rathaus gegeben. 11

Am 6. Februar wird der Wuppertaler Stadtrat – wie alle preußischen Kommunalparlamente – aufgelöst. 12

Am 20. Februar erscheint die letzte Ausgabe der kommunistischen Freiheit. Sie wird verboten.13

Am 27. Februar muss die sozialdemokratische „Freie Presse“ ihr Erscheinen einstellen. 14

Als Reaktion auf den Reichstagsbrand in Berlin werden in Wuppertal um die 400 Kommunisten verhaftet. 15

Bei den Reichtagswahlen am 5. März erreicht die NSDAP 45,6 % der Stimmen in Wuppertal. 16

Am 7. März bekommen alle Schüler*innen wegen des „Wahlsieges der nationalen Front“ schulfrei, die Gleichschaltung der Schulen und die Umgestaltung zu Propaganda-Instituten beginnt. Am 21. März sind am „Tag von Potsdam“ neben Hindenburgs Portraits auch Bilder vom „Führer“ im Klassenraum aufzuhängen.17

Am 9. März wird der jüdische Dirigent des Elberfelder Stadttheaters, Franz Allers, abgelöst. Profiteur ist Heinz Anraths. 18

Ebenfalls von seinem Amt entfernt wird der Leiter des Wuppertaler Arbeitsamtes, Wilhelm Bökenkrüger. Das Arbeitsamt gilt der NSDAP zusammen mit den Ortskrankenkassen und den Konsumgenossenschaften als „marxistische Hochburgen“. Weiter zwölf Angestellte und Beamte, zum Teil aus dem Betriebsrat, werden entlassen. Bökenkrüger wird mit einer Hetzkampagne überzogen. 19

Am 10. März findet in Wuppertal ein „wilder“ Boykott jüdischer Geschäfte statt. Jüdische Geschäfte werden attackiert. Mehr als die Hälfte der Wuppertaler Jüdinnen und Juden werden bis 1938 auswandern. Ihr Anteil an der Stadtbevölkerung ist 1933 0,6 %. (2471 Personen) 20

Am 11. März zerstören NS-Schlägertrupps Druckmaschinen und Einrichtungen der „Bergischen Tageszeitung“, der Zeitung der Zentrumspartei. 21

Bei den Kommunalwahlen am 12. März erreicht die NSDAP 37 Sitze (1929: 2), die KPD 12 Sitze (13), die aber nicht eingenommen werden dürfen, die SPD 11 Sitze (18), das Zentrum 8 (10) , die „Kampffront Schwarz-Weiß-Rot“ 7 und der christliche-soziale Volksdienst 1 (5). Nicht mehr ins Stadtparlament kamen die Wirtschaftspartei und die DVP und die DDP.22

Mit den Kommunalwahlen am 12. März begannen auch „Säuberungen“ im Rathaus. Die Beigeordneten Eberle und Dröner, beide SPD-Mitglieder, wurden von Oberbürgermeister Friedrich beurlaubt. Bereits am 11. März hatte die SA die Betriebsratswahlen im Rathaus unterbunden und zu ihren Zwecken Neuwahlen durchgesetzt. 23

Am 12. März zeigt das Theater das Schauspiel „Die Marneschlacht“, ein Stück, das die Dolchstoßlegende der rechten Propaganda unterstützt.24

Am 28. März werden 23 Beamte und Angestellte der Stadtverwaltung beurlaubt. Insgesamt betraf die Welle der Entlassungen 200 Personen. Gleichzeitig verkündet der Oberbürgermeister ein Einkaufsverbot für städtische Stellen bei jüdischen Geschäften und Warenhäusern.25

Am 1. April findet gab es neben einem von der Partei reichsweit geplanten Boykott jüdischer Geschäfte in Elberfeld und Barmen Bücherverbrennungen, initiiert von Schülerinnen, Schülern und Lehrer der 16 Wuppertaler Gymnasien. 26

Am 2. April werden die neugewählten Stadtverordneten im Barmer Theater in ihr Amt eingeführt. Die Stadtverordneten der KPD können nicht erscheinen, weil sie verhaftet sind, die SPD zieht es vor nicht zu kommen. Ihre Stadtverordneten werden nachträglich am 4. April eingeführt. Am selben Tag überträgt die Stadtverordneten-Versammlung mit den Stimmen der NSDAP seine Arbeit auf einen Beschluss-Ausschuß mit 12 Mitgliedern. Ein Wuppertaler Ermächtigungsbeschluss. 27

Am 2. Mai werden die Gebäude und Geschäftsstellen der Freien Gewerkschaften besetzt. Alle Gewerkschaften werden zur Deutschen Arbeitsfront zwangsvereinigt und gleichgeschaltet. Mitte Mai wird das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Wuppertaler SPD und des Reichsbanners beschlagnahmt. 28

Anfang Juli wird die gesamte Spitze des Polizeipräsidiums Wuppertal ausgewechselt. Der Düsseldorfer SA-Brigadeführer Willi Veller übernimmt und richtet das KZ Kemna ein. 4600 sog. „Schutzhäftlinge“ werden dort bis Januar 1934 gequält, anschließend werden viele in sog. Moorlager ins Emsland verschleppt. 29 30

400 Kommunisten und andere politische Gegner werden verhaftet. 31

Am 15. August wird das Arbeitsbeschaffungsamt eingerichtet, es soll Projekte der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durchführen, die das Reich mit viel Geld unterstützt. Eines der Projekte ist der Bau eines Stollens von Frielinghausen zur Oberen Herbringhauser Talsperre.32

Der Krieg als Volksfest: Am 20. August 1933 wird im Stadion am Zoo ein Luftschutzübung durchgeführt. „Bombenflieger über #Wuppertal“, eine präzise Prognose. 33

Am 1. September wird das Verkehrs- und Presseamt der Stadt zum städtischen Propagandamt. 34

1934

Seit 1934 offiziell das Wuppertaler Wappen. Quelle: Festschrift Wuppertal, Wuppertal 1969
Wuppertal

Am 29. Juni genehmigte das preußische Innenministerium das neue Stadtwappen. Es zeigt einen silbernen Schild mit rotem, doppeltgeschwänzten, blaugekrönten und blaubewehrten Bergischen Löwe, der auf dem Barmer Garnbündel steht und in den Vorderpranken das Rost des heiligen Laurentius trägt, dem Elberfelder Stadtheiligen. Gestaltet wurde es vom in Elberfeld geborenen Kunstmaler Wolfgang Pagenstecher. 35

Am 25. August werden 24 Wuppertaler nach dem neuen preußischen Gemeindeverfassungsgesetz zu Ratsherren berufen, nach amtlicher Prüfung auf arische Abstammung. Am 8. Oktober werden sie in ihr neues (Ehren-)Amt ohne wirklich Funktion eingeführt, mit den Ehrengästen Viktor Lutze, Chef des Stabes der SA und SA-Gruppenführer Prinz August Wilhelm von Preußen.36

Wuppertal-Barmen

Vom 29. bis zum 31. Mai findet in der Gemeinde Barmen-Gemarke eine Synode aus lutherischen, unierten und reformierten Kirchen statt, die einstimmig die „Barmer Theologische Erklärung“ verabschiedeten und die „Bekennende Kirche“ als Gegensatz zu den nationalsozialistischen „Deutschen Christen“ gründete.

Am 2. Januar gibt Oberbürgermeister Friedrich die Gründung einer „Erbgesundheitsabteilung“ beim Gesundheitsamt bekannt. 37

1935

Nationalsozialismus

Am 30. Januar wird erneut die Kommunalverfassung geändert. Das „Führerprinzip“ wird weiter ausgedehnt. Nun ernennt die NSDAP selbst die nun 36 Ratsherren. Am 1. November werden sie feierlich in ihr sechs Jahre währendes Amt eingeführt. Der Oberbürgermeister spielt nur noch eine Nebenrolle neben NSDAP-Kreisleiter Feick.38

Wuppertal

Im Januar fliegen Gewerkschaftsgruppen im Widerstand auf. 1.200 Gewerkschafter werden ab dem 15. Januar 39 verhaftet, 700 in den „Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen“ angeklagt und verurteilt. Nach der Haft im Gefängnis oder Zuchthaus folgte meistens das KZ. 40

1936

NationalsoziaLismus

Mit dem Einmarsch ins entmilitarisierte Rheinland betrieb die NSDAP die Aufrüstung offensiv. Hiervon profitierten auch die Rüstungsbetriebe im Bergischen Land in Düsseldorf (47 Betriebe), Wuppertal (44), Solingen (25), Remscheid (22) und in den Kreisen. Hauptsächlich wurden Halbfertigprodukte, Motoren und Motorteile für Panzer und andere Fahrzeuge, Artilleriegranaten und Munition. Die Rüstungspolitiksorgte im Bergischen Land für eine anhaltende wirtschaftliche Expansion im Bergischen Land. 41

Wuppertal

In den Jahren 1936 und 1937 wurden im städtischen Museum 56 zeitgenössische Gemälde und 355 graphische Werke und in der Sammlung des Barmer Kunstvereins 85 Werke als „entartete Kunst“ beschlagnahmt . Sie wurden verkauft oder gelten als verschollen. 42

In den Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen werden hunderte Gewerkschafter zu langjährigen Haftstrafen und KZ-Haft verurteilt. Damit ist der kommunistische Widerstand zerschlagen.

„Große Stadt im engen Tal“, unter diesem Titel veröffentlichte die Ufa 1936  einen „Ufa Ton Kulturfilm“ über Wuppertal. Der 14 minütige Film zeigt Szenen aus dem Wuppertal und dem Bergischen Land der 1930er Jahre. Die Erstaufführung ist am 2. Februar.

https://youtu.be/_Oy3Al4PQik
Digitalisiert von Stefan Lohkamp von ML Historic Film – Danke!

1937

Wuppertal

Am 12. Oktober 1937 zieht der Stab der 1. Leichten Brigade unter dem späteren Kriegsverbrecher und Widerständler des 20. Juli, Generalmajor Erich Hoepner, in Wuppertal ein. Wuppertal wird im Vorfeld der Aufrüstung des Zweiten Weltkriegs Garnisionsstadt. 43

Wuppertal

Die neue Wupperstraße verbindet die Kohlfurth und Sonnborn. 44

Am 1. April wird der Neusser Wilhelm Gelberg neuer Oberbürgermeister, nachdem Julius Friedrich sich in den vorzeitigen Ruhestand versetzen ließ. Konflikte zwischen dem NSDAP-Oberbürgermeister und dem NSDAP-Kreisleiter nehmen zu, Zuständigkeiten werden unklar und das doppelt System aus Staat und Parteiorganisationen wird sichtbar. 45

Die Aktiengesellschaft des Zoologischen Garten löst sich am 17. Juni auf. Der Zoo kommt in städtischen Besitz. 46 Auch das 1932 privatisierte Theater wird wieder städtisch.47

Anfang Oktober wird im Gau Düsseldorf eine „Gaukulturwoche“ durchgeführt. in Wuppertal finden Ausstellungen in der Elberfelder und Barmer Stadthalle statt, die das nationalsozialistische Kulturverständnis zeigen.48

1938

NationalsoziaLismus

Die Wuppertaler Oberschulen erhalten neue Namen. Die Schulen haben ein Vorschlagsrecht.
Die Namen (alt, 1938, heute)

  • Realgymnasium Barmen:
    Horst-Wessel-Schule
    Gymnasium Sedanstr.
  • Oberrealschule für Knaben:
    Carl-Duisberg-Schule
    Carl-Duisberg-Gymnasium
  • Deutsche Oberschule:
    Ernst-Moritz-Arndt-Schule
    Ganztagsgymnasium Johannes Rau
  • Lyzeum Oberbarmen:
    Gudrun-Schule
    Gymnasium am Kothen
  • Lyzeum mit Studienanstalt:
    Goethe-Schule
    Gymnasium am Kothen
  • Barmer Gymnasium/ Realgymnasium Elberfeld:
    Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium
    Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium
  • Oberrealschule Elberfeld:
    Walter-Flex-Schule
    Carl-Fuhlrott-Gymnasium
  • Oberlyzeum Elberfeld:
    Richard-Wagner-Schule
    Carl-Fuhlrott-Gymnasium
  • Lyzeum mit Frauenschulen:
    Dürer-Schule
  • Staatliches Reformrealgymnasium
    Hindenburg-Schule
    Gymnasium Bayreuther Str.
  • Reformrealgymnasium Vohwinkel:
    Scharnhorst-Schule
    Gymnasium Vohwinkel
  • Lyzeum Vohwinkel:
    Schiller-Schule
    Gymnasium Vohwinkel
  • Realschule Cronenberg:
    Theodor-Körner-Schule
    Carl-Fuhlrott-Gymnasium
    49

Am 10. April wird über den „Anschluss Österreichs“ abgestimmt. Die propagandistisch mit großem Aufwand vorbereitete und unfreie Abstimmung ergab in Wuppertal einen Zustimmungswert von 99,77 Prozent, der gleiche Wert wie in Österreich. 50

Am 28. Oktober werden 17.000 Juden und Jüdinnen mit polnischer Staatsangehörigkeit oder polnischer Herkunft, aber ohne polnischen Pass, vertrieben, werden von den Polen aber nicht aufgenommen. Darunter sind 200 Wuppertaler*innen. 51

Am 9. November finden überall im Bergischen Land antijüdische Pogrome mit mehreren Todesopfern statt.

Wuppertal

Am 1. April spricht Goebbels in der Düsseldorfer Festhalle. An 24 öffentlichen Plätze wird die Rede über den Anschluss Österreichs in Wuppertal übertragen, vom Kaiserplatz in Vohwinkel bis zum Marktplatz in Ronsdorf.52

Beide Synagogen in Barmen und Elberfeld, jüdische Friedhöfe und Kapellen werden am 9./10. November zerstört. 70 jüdische Männer werden verhaftet und ins KZ Dachau verschleppt. 53

Die Synagoge in Barmen. Quelle: Wikimedia
Die Synagoge in Elberfeld an der Genügsamkeitsstr. Quelle: Kurt Schnöring Wuppertal 1929-1989, Horb am Neckar 1989

1939

NationalsoziaLismus

Am 1. September 1939 überfällt Deutschland Polen. 25 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs löst Deutschland den zweiten aus. Das Bergische Land stellt Soldaten und produziert 8% der motorisierten Ausstattung der Wehrmacht. 54

Wuppertal

Das Polizeipräsidium wird am 19. September fertiggestellt. In der Nachkriegszeit dient es als „Neues Rathaus“, in seinem großen Saal findet noch später der Bialystock-Prozess statt. 55

Wuppertal

Am 30. April wird Juden und Jüdinnen das Wohnen in sog. „arischen Häusern“ verboten stattdessen werden sie in sog. „Judenhäusern“ ghettoisiert. In Elberfeld gibt es 11 und in Barmen 5 Judenhäuser.56

Am 15. Mai erhält Gerhard Domagk, Forscher bei Bayer, den Medizinnobelpreis für seine Arbeit gegen bakterielle Infektionen. Die Nationalsozialisten verbieten die Annahme, weil die Schweden 1935 Carl von Ossietzki den Friedensnobelpreis zu erkannt hatten. Den Preis kann Domagk erst 1947 entgegennehmen. 57

Laut einer Volkszählung vom 17. Mai leben in Wuppertal 1.093 Juden und Jüdinnen . 0,3 Prozent der Bevölkerung und 50% weniger als 1933. In Elberfeld leben 873, in Barmen 207, in Ronsdorf 7, in Vohwinkel 4, in Cronenberg und Beyenburg je 1.58

1941

NationalsoziaLismus

Die im Bergischen Land werden die nicht ausgewanderten oder getöteten Jüdinnen und Juden gezwungen ihre Wohnungen aufzugeben und in sogenannte „Judenhäuser“ zu ziehen. Ende 1941 werden sie nach Theresienstadt oder in die Ghettos und Vernichtungslager im von Deutschland besetzten Osteuropa deportiert und dort mehrheitlich ermordet. 59

Wuppertal

26. Oktober: 202 Jüdinnen werden von Wuppertal via Düsseldorf in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz) deportiert. 60

11. November: 233 Wuppertaler Juden und Jüdinnen werden nach Minsk deportiert. 61

11. Dezember: Unter den 1007 Juden und Jüdinnen , die an diesem Tag aus Düsseldorf nach Riga deportiert werden, sind auch 22 Wuppertaler*innen. 62

1942

Wuppertal

22. April: 61 Wuppertaler Juden und Jüdinnen werden nach Izbica deportiert. 63

21. Juli: 248 Wuppertaler Juden und Jüdinnen werden nach Theresienstadt deportiert. 64

1943

Wuppertal

In der Nacht auf den 30. Mai 1943 fliegen etwa 700 britische Bomber über die Scheldemündung in das von Deutschland besetzte Europa ein. Sie fliegen Richtung Köln , biegen vor der Stadt aber ab. Noch 600 Flieger auf 30 Kilometer Breite nähern sich Barmen von Südwesten. Es beginnt ein einstündiges Bombardement der Südhöhen und des Barmer Zentrums, zu früh abgeworfenen Bomben treffen Ronsdorf. Die Kombination aus Brand-und Sprengbomben erzeugt einen Feuersturm, der kaum ein Gebäude verschont. Beim Angriff sterben 300 britische Flieger, 33 Flugzeuge werden abgeschossen, obwohl vorher fast alle Flugabwehrkanonen abgezogen worden waren. Am 18. Juni findet einer bombastische Trauerfeier in der Elberfelder Stadthalle statt, Propagandaminister Joseph Goebbels droht mit Vergeltung. 65

Wuppertal

In der Nacht auf den 25. Juni (Johannisnacht) erleidet Elberfeld das gleiche Schicksal. Der von Deutschland ausgelöste Krieg kehrt zurück. Im August hält ein geheimer Polizeibericht die Folgen fest: 6.000 Menschen starben, 3.000 wurden Verletzt. 7.000 Wohnhäuser waren zerstört, 4.500 schwer beschädigt, die Innenstädte nicht mehr existent. Die Rüstungsindustrie wird allerdings nicht schwer getroffen und „der Widerstandsgeist der Wuppertaler sei auch nicht nennenswert geschwächt.“, heißt es darin.66

In dieser Nacht wird auch der Ortskern von Cronenberg schwer getroffen, das Rathaus vernichtet. 67

29/30 May 1943

Wuppertal

719 aircraft – 292 Lancasters, 185 Halifaxes, 118 Stirlings, 113 Wellingtons, 11 Mosquitos. 33 aircraft – 10 Halifaxes, 8 Stirlings, 8 Wellingtons, 7 Lancasters – lost, 4.6 per cent of the force.

This attack was aimed at the Barmen half of the long and narrow town of Wuppertal and was the outstanding success of the Battle of the Ruhr. Both Pathfinder marking and Main Force bombing was particularly accurate and a large fire area developed in the narrow streets of the old centre of the town. It is probable that this fire was so severe that the first, small form of what would later become known as a ‚firestorm‘ developed. Because it was a Saturday night, many of the town’s fire and air-raid officials were not present, having gone to their country homes for the weekend, and the fire services of the town – in their first raid – were not able to control the fires. Approximately 1,000 acres – possibly 80 per cent of Barmen’s built-up area – was destroyed by fire. 5 out of the town’s 6 largest factories, 211 other industrial premises and nearly 4,000 houses were completely destroyed.

Royal Air Force Bomber Command 60th Anniversary, Campaign Diary, May 1943

24/25 June 1943

630 aircraft – 251 Lancasters, 171 Halifaxes, 101 Wellingtons, 98 Stirlings, 9 Mosquitos – despatched to Wuppertal.

This attack was aimed at the Elberfeld half of Wuppertal, the Barmen half of the town having been devastated at the end of May. The Pathfinder marking was accurate and the Main Force bombing started well but the creepback became more pronounced than usual. 30 aircraft bombed targets in more western parts of the Ruhr; Wuppertal was at the eastern end of the area. These bombing failures were probably a result of the recent run of intensive operations incurring casualties at a high level. However, much serious damage was again caused to this medium-sized Ruhr town. The post-war British survey estimated that 94 per cent of the Elberfeld part of Wuppertal was destroyed on this night.

ROYAL AIR FORCE BOMBER COMMAND 60TH ANNIVERSARY, CAMPAIGN DIARY, June 1943

1944

Wuppertal

Am 1. September wird das Theater geschlossen. Die Mitarbeiter*innen und Künstler*innen werden zum Kriegsdienst eingesetzt. 68

Der Wuppertaler Widerstandskämpfer Bernhard Letterhaus wird am 14. November durch Erhängen im Gefängnis Berlin Plötzensee getötet. 69

1945

NationalsoziaLismus

Am 17. März überschreiten amerikanische Truppen den Rhein bei Remagen, am 23. März bei Wesel. Am 1. April vereinigen sich die Truppen bei Lippstadt und schließen das Bergische Land und das Ruhrgebiet ein. Es beginnt die Eroberung des Bergischen Landes bis zum 17. April 1945. In den letzten Wochen der nationalsozialistischen Herrschaft wütet der Terror ungehemmt gegen jeden, der den aussichtslosen Kampf nicht führen will. Dennoch stellen sich mutige Menschen gegen das entfesselte Regime und verhindern z. B. die Sprengung von Aggertalsperre und Müngstener Brücke. 70

Am 8. und 9. Mai kapituliert das faschistische Deutschland. Das Bergische Land wird befreit, auch wenn es die meisten Menschen nicht so empfinden.

Bundesrepublik

Nach der Eroberung des Bergischen Landes durch die Alliierten vom 6. bis zum 17. April endete der Zweite Weltkrieg und die Herrschaft des Nationalsozialismus. In den Städten des Bergischen Landes ist der Wohnraum stark zerstört in den ländlichen Regionen hingegen, wie im Oberbergischen Kreis, sind 86 % vollkommen unversehrt. In den Städten leben weniger Menschen, dafür im ländlichen Raum mehr. Im Oberbergischen Kreis lebten etwa zwei Drittel mehr als 1939. 71

Wuppertal

Vom 28. Mai bis zum 24. Juni waren die Lebensmittelrationen in Wuppertal durchschnittlich für 28 Tage: 400 Gramm Fleisch, 310 Gramm Fett, 4,5 Kilogramm Roggenbrot, 300 Gramm Erbsen, 125 Gramm Zucker und 125 Gramm Quark. 517 Kalorien täglich. 72

Wuppertal-Barmen

Am 17. August treffen sich in der Villa Halstenbach verschiedene christliche Politiker, um über eine Neubelebung der katholischen Zentrumspartei und die Gründung einer evangelischen Partei zu diskutieren. Unter ihnen sind Dr. Klaus Brauda, die späteren Abgeordneten Emil Marx (MdL), Otto Schmidt (MdL/MdB), der enger Freund und Berater des späteren Bundeskanzlers Konrad Adenauer, Robert Pferdmenges und der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann. Im Laufe des Besprechung reifte der Beschluss, statt einer Wiederbelebung alter Parteien eine neue „christliche Sammlungspartei“ zu gründen, die am 2. September in Köln gegründet Christlich-Demokratische Partei, CDP. Zusammen mit anderen Parteigründungen in der Bundesrepublik wurde daraus rasch die Christlich-Demokratische Union (CDU). 73

Wuppertal

Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges entstanden in Wuppertal etwa 100 Zivilarbeiterlager, in denen über 20.000 Personen arbeiten mussten. 74

Im März werden 28 ausländische Zwangsarbeiter*innen im Burgholz von der Gestapo ermordet.

Am 13. April werden 71 politische Gefangene, auch aus Wuppertal, in der Wenzelnbergschlucht bei Langenfeld ermordet.

In den letzten Kriegsmonaten werden mindestens 10 junge, kriegsmüde Soldaten in Ronsdorf standrechtlich erschossen.

Am 15. April dringen amerikanische Truppen mit Panzern nach Ronsdorf vor und beschießen Wuppertal und die Nordhöhen. Männer beider Kirchen können die Wehrmacht zum Rückzug bewegen. Der NS-Oberbürgermeister Gebauer übergibt die Stadt nach einem Telefonat mit einem amerikanischen Nachrichtenoffizier dem 311. Infantry-Regiment der 78. Infantry-Division. Zuvor hatte er die Angestellten der Stadt aufgefordert, die Anweisungen der Amerikaner zu befolgen. Die Amerikaner verhängen zunächst eine Ausgangssperre. lediglich zwischen 8 und 9 Uhr und zwischen 16 und 17 Uhr darf die Wohnung verlassen werden. Weil die Karten veraltet sind, setzten die Amerikaner zunächst vier Bürgermeister ein: Für Elberfeld, Barmen, Cronenberg und Ronsdorf. Nach drei Wochen korrigieren sie die Ernennung. 75

In Wuppertal sind bei Kriegsende etwa ein Drittel der Häuser unbewohnbar. 76 6,5 Millionen Kubikmeter Schutt, Kriegsgerät, Wracks liegen herum. In den Ruinen leben 200.000 Menschen. Viele Einwohner*innen sind aufs Land geschickt und dürfen vorerst nicht zurückkehren. Trinkwasser, Gas, Elektrizität sind kaum vorhanden.

19.636 Wuppertaler Soldaten sind gefallen, 5952 wurden Opfer der Luftangriffe. 77

Am 14. Juni übergeben die US-Amerikaner die Stadt an die Briten.78

Nachdem die Verwaltung zunächst im Westflügel des Barmer Rathauses unterkommt, zieht die deutschen Beamten und die britischen Besatzer ins Polizeipräsidium, alias: Das neue Rathaus. 79

Am 16. Oktober eröffnet das Theater mit Beethovens „Fidello“ eine neue Spielzeit. Der Intendant ist derselbe. Erich-Alexander Winds, einst ein enger Freund das NS-Oberbürgermeisters Gebauer und 1944 von diesem entlassen, berief sich nun darauf, dass er während des Nationalsozialismus ja von seinem Amt entfernt worden war. 80

Der WDR hat eine Reportage zum Kriegsende zusammengestellt.