Schlagwort: 1863

Ortsbeschreibung von Barmen 1863

Entnommen aus: Wilhelm Langewiesche, Ortsbeschreibung von Barmen, in: Elberfeld und Barmen. Beschreibung und Geschichte dieser Doppelstadt des Wupperthals, nebst besonderer Darstellung ihrer Industrie, einem Ueberblick der Bergischen Landesgeschichte ec. herausgegeben von Wilhelm Langewiesche, Barmen 1863.
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Zur besseren Orientierung sind die Kopfzeilen des Textes als Zwischenüberschriften beibehalten worden.

1863


III. Ortsbeschreibung von Barmen

Die Oberbürgermeisterei Barmen enthält einen Flächenraum von 8517 Morgen 95 Ruthen und 23 Fuß, also ungefähr eine halbe Quadratmeile. Sie gränzt gegen Norden und Osten an mehrere Landgemeinden des Westphälischen Regierungsbezirks Arnsberg oder die ehemalige Grafschaft Mark, gegen Süden an die rheinprovinzlichen, bergischen Gemeinden Lüttringhausen und Ronsdorf, gegen Westen – wie wir schon gesehen haben – an die Stadt Elberfeld.

In unserm geschichtlichen Theile werden wir näher erfahren, daß Barmen als Gemeinde, resp. als Theil des Amtes Beyenburg etc., zwar immerhin schon eine mehr als 600jährige und noch dazu nicht uninteressante, als eigentlicher Ort aber erst eine circa anderthalbhundertjährige, als Stadt nur ungefähr hundertjährige Geschichte hat. Es ist also als Ort kaum von demselben Alter wie z. B. Petersburg. Und es steht dieser, durch Raschheit des Wachsthums in der europäischen Städtegeschichte so außerordentlich glänzenden russischen Hauptstadt an Größe und Pracht allerdings noch sehr bedeutend nach. Aber während Petersburg durch den Willen der Czaaren [sic!], durch die Macht und den Glanz eines Thrones, der fast über den sechsten Theil der gesammten bewohnten Erde gebeut, gewaltsam gehoben wurde, hob Barmen unter Gottes Segen sich selbst, durch die Thatkraft und den Gewerbfleiß seiner eingebornen und eingewanderten Bürger, durch ihren Unternehmungs- und Speculationsgeist und ihre geschickte Benutzung der jedesmal vorliegenden, gegebenen Verhältnisse. Nicht nur kein Fürst, auch keine über seine eignen Gränzen hinausreichende Behörde wohnte in seiner Mitte, außer daß einmal eine flüchtende Regierung bei ihm gewissermaßen Schutz suchte; auch von Alters her reiche und mächtige Patriziergeschlechter fehlten ihm, und welcher auswärtige Fürst hätte an und für sich irgend ein Interesse, irgend eine Veranlassung gehabt, gerade unsern Ort vorzugsweise zu begünstigen? Und doch hat es einen achtungswerthen Standpunkt erreicht, in allen Welttheilen sich einen Namen gemacht.

Jetzige Bedeutung im Vergleich mit früherer Zeit.

Um den Unterschied zwischen einem ehemaligen und dem jetzigen Barmen hervortreten zu lassen, bedarf es nur ein paar correspondirender Zahlenangaben der Statistik. Die Geschichte Barmens lehrt uns, daß unsere ganze Gemeinde z. B. im Jahre 1709 erst circa 2380 Seelen zählte; bei der neuesten Zahlung vom 3. Dezember 1861 ergab sich dagegen (nach schließlicher Berichtigung) eine Einwohnerzahl von 49,772! — Noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts betrug die Gesammtsumme aller Steuern von Barmen, also sowohl für den Staat als für die Gemeinde-Bedürfnisse, jährlich durchschnittlich etwa 5000 Rthlr. Bergisch = 4000 Thlr. Preußisch. Dagegen stellt sich für das laufende Jahr nach dem vertheilten Etat der Stadt schon allein die Summe der umzulegenden Gemeinde-Steuern, ohne die Staatssteuern und ungeachtet einer ebenso dankenswerthen als ungewohnten Ermäßigung, auf 129,438 Thlr. Preußisch! – Und dabei steht geschichtlich fest, daß unsere Vorfahren von damals nicht weniger, als jetzt wir, sich für überbürdet hielten; sind wir es auch wirklich etwas mehr: die große Summe kommt doch ein, muß also doch disponible sein, und die damalige kleinere beizubringen, hielt oft schwer genug. – Wie viel in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts an Waaren jährlich in Barmen produzirt und versandt wurden, wissen wir leider nicht einmal annähernd. Gegen das wenigstens annähernd nachzuweisende Jahresquantum unserer jetzigen Production würde aber jedenfalls das damalige fast gänzlich verschwinden; im Jahre 1860 z. B. wurden unsern beiden Bahnhöfen zur Absendung überliefert: 510,628 Centner, nebenbei gesagt 117,389 Centner mehr als durch den Elberfelder Bahnhof abgesandt wurden.

Stadtlänge. – Vertheilung der Einwohnerzahl.

Jene paar Tausend Menschen von 1709 wohnten in meist unansehnlichen Häusern, durch alle Theile der Gemeinde, also über den verhältnißmäßig großen Raum einer halben Quadratmeile zerstreut, so daß noch nirgend ein eigentlicher Ort vorhanden war, in dem man den Anfang einer künftigen Stadt irgendwie hätte ahnen können. Jetzt zieht sich mitten durch die zur Oberbürgermeisterei gewordenen Gemeinde in ihrer ganzen Längenrichtung von Osten nach Westen, meist der Wupper folgend, an manchen Stellen schon fast die ganze Breite der rechten Wupperseite des Thals und auch viel von der linken ausfüllend, ein schöner Stadtbezirk hindurch, fast 1 1/2 Stunde Gehens, 1450 Ruthen lang!

Die obengenannte Einwohnerzahl neuester Ermittelung vertheilt sich folgender Maßen:

1) nach den Geschlechtern: 25,771 männlich, 24,001 weiblich;
2) nach dem Lebensalter: 19,699 bis zu 16 Jahren, 27,834 von 16 bis 60 Jahren, 2239 über 60 Jahren;
3) nach den kirchlichen Gemeinden (dieß jedoch zum Theil nur nach bester Abschätzung, da eine amtliche genaue Ermittelung der betreffenden Zahlen nicht vorhanden war,): die evangelische Gemeinde Unterbarmen 15,616, die reformirte Gemeinde Gemarke 7306, die lutherische Gemeinde Wupperfeld 15,314, die lutherische Gemeinde Wichlinghausen 5000, die katholische Gemeinde 6261, die Gemeinden der Baptisten und Independenten, überhaupt die von der Landeskirche ausgesprochener Maßen sich getrennt haltenden evangelischen Dissidenten zusammen 225, Israeliten 50;
4) nach der Eintheilung der Oberbürgermeisterei: a) im Stadtbezirk 29,916, nämlich Stadttheil Unterbarmen 11,539, Stadttheil Mittelbarmen 11,091, Stadttheil Oberbarmen 7286, und b) im Randbezirk 19,856, und zwar nördlich des Stadtbezirks 10,938, südlich desselben 8918;

5) In Bezug auf Stand und Gewerbe finden sich unter andern: 240 Beamte, einschließlich der Geistlichen und Lehrer, 30 Kaufleute (und Fabrikanten) in Steuerklasse A. 1., 422 Kaufleute in Steuerklasse A. 2., 701 Krämer oder kleinere Kaufleute in Steuerklasse B., 18 Aerzte (wobei 1 Thier- und 1 Zahnarzt), 5 Apotheker, 194 Wirthe, 8 Müller, 25 Fuhrleute mit zusammen 88 Pferden, 1508 selbstständige Handwerker , worunter 147 Bäcker, 70 Metzger, 48 Bierbrauer, 135 Schlosser, 12 geprüfte Maurermeister, 256 Schreiner, 172 Schneider, 215 Schuster, 33 Drechsler, 76 Buchbinder u.s.w.

Häuserzahl. – Eintheilung des Stadtbezirks.

Seit der Zählung von 1858, also in blos 3 Jahren, hatte eine Vermehrung von 5091 Seelen stattgefunden. Der Zuwachs aber würde noch bedeutender sein, wenn diese Jahre für die Industrie vorzugsweise günstiger gewesen wären, was nicht der Fall ist. Daß in diesem Augenblicke die Gesammtzahl der Einwohner bereits über 50,000 sei, bezweifeln wir durchaus nicht.

Die Zahl der Häuser, jedoch ausschließlich der vielen bewohnten Hinterhäuser, war nach der neuesten Zählung 4638. An öffentlichen Gebäuden sind dabei 52, nämlich für Gottesdienste 7, für Gemeinde-Verwaltung und Ortspolizei 2, höhere Schulen 4, Elementarschulen 22, Missions-Anstalten 2, Armen-, Kranken- und Versorgungs-Anstalten 7, Postamt 1, Eisenbahnhöfe 2, Gesellschaftsgebäude 4, Turnanstalt 1. — Die Wohnhäuser, die bewohnten Hinterhäuser, als zu ihren Haupthäusern gehörig, auch hier nicht mitgezählt, betragen 2929, wovon 1771 zum Stadt- und 1158 zum Landbezirk gerechnet werden; die Fabrikgebäude, Mühlen, Privatmagazine etc. 492, Ställe, Scheunen und Schuppen 1165.

Der Stadtbezirk umfaßte ursprünglich nur die Gemarke (im mittleren Sinne), und hieß damals auch nicht Barmen, sondern Gemarke. Er dehnte sich aber immer weiter aus, nahm mittelst Bebauung der Zwischenräume auch früher separat gelegene und besonders benannte Oerter in sich auf und erwuchs so zur jetzigen Stadt Barmen (im engern Sinne). Wie schon oben erwähnt, wird er gegenwärtig in drei Haupttheile, in Unterbarmen, Mittelbarmen und Oberbarmen eingetheilt. Im weitern Sinne umfassen jedoch, diese Benennungen die entsprechenden Theile des Landbezirks mit, – welche großentheils ebenfalls schon ein recht belebtes Ansehen haben.

Mittel-, Ober- und Unterbarmen.

Nicht nur der älteste, sondern auch der breiteste und am dichtesten bevölkerte Stadttheil ist Mittelbarmen. In der Längenrichtung reicht derselbe von der Rathhauser Brücke und den Eingängen der Unter- und Oberdörner-Straßen bis nahe an die Pfalz, nämlich einschließlich der Schönenstraße und ausschließlich der Bredderstraße. Bis vor wenigen Jahren war jedoch der Ausbruck Mittelbarmen nicht üblich; was dazu gehört, nannte Gemarke, Werth, Scheuern u. s. w. und rechnete alles dies mit zu Oberbarmen. Dem entsprechend drückt man sich oft auch noch jetzt aus. Im Ganzen gehören zum Stadttheil Mittelbarmen nach der amtlichen Bestimmung:

1) der alte Markt, eigentlich nur aus einer breiten und mehreren damit verbundenen kleinen und engen Straßen (Finkscheidt, Mühlenstraße etc.) bestehend, 2) die Mittel-, 3) die reformirte Kirch-, 4) die Heubrucher-, 5) die Parlament-, 6) die Kuhler-, 7) die Steinkuhler, 8) die Schlipper, 9) die Wupper-, 10) die Schuchard-, 11) die Höhne-, 12) die Clefer-, 13) die Fischerthaler – Straße, 14) der Rathhausplatz oder Neumarkt, 15) die Werther, 16) die Linden, 17) die Concordien, 18) die Wertherhof-, 19) die Neustadt-, 20) die Carls-, 21) die Kleine Werth-, 22) die Kohlgarten-, 23) die Rauhen-Werth-, 24) die Schönen-, 25) die Bach-, 26) die Westkotter-, 27) die Beckmannshof-, 28) die Mühlenweg-Straße.

Der Stadttheil Oberbarmen umschließt die früheren Orte Wupperfeld und Rittershausen, sammt den im gewöhnlichen Leben auch besonders benannten Partieen „in der Bredde“, an der Pfalz“, „auf Wülfing“, „auf der Stennert“, „am Schützenhof“, „am Krühbusch“, „an der Kemna“, „auf der Klippe“ u. s. w.

Nach der gegenwärtigen Straßenbezeichnung besteht er aus der Bredder-, Berliner-, Stern-, Färber-, lutherischen Kirch-, Wilhelms-, Wupperfelder Markt-, Schiller-, Garn-, Wichlinghauser-, Höfer-, Rittershauser-, Rauenthaler-, Rauenthalerberg- und Klipper-Straße. Mehrere dieser Straßen gehören jedoch nur theilweise hierher, andern Theils noch zum Landbezirk, von dem sich auch noch andere, schon ziemlich städtisch aussehende Theile diesem Stadttheil unmittelbar anschließen.

Der Stadttheil Unterbarmen endlich enthält die Straßen: 1) Neuenweg-,. 2) Bahnhof-, 3) Winkler-, 4) Post-, 5) Blumen-, 6) Spinn-, 7) Brucherschul-, 8) Brucher-, 9) Engels-, 10) Springer-, 11) Island-, 12) Unterdörner-, 13) Oberdörner-, 14) Dörnerbrücken-, 15) Schafbrücken-, 16) Hoch-, 17) Rödiger-, 18) Allee-, 19) Wasser-, 20) Gerbera, 21) Denkmals-, 22) Loher-, 23) Evangelische Kirch-, 24) Friedrich-Wilhelms-, 25) Brögeler-, 26) Gas-, 27) Farbmühlen-, 28) Kothener-, 29) Graben-, 30) Drucker-, 31) Lange-, 32) Auerschul- 33) Ronsdorfer-, 34) Garten-, 35) Wiesen-, 36) Auer-, 37) Haspeler-, 38) Haspelerschul- und 39) Bendahler – Straße, nebst noch einigen Häusern in der Korzert und am Loh. – 2-5 der genannten Straßen nennt man auch Keuchensfeld, 6-11 Bruch, 12—16 die Dörnen, das Uebrige im engern Sinne Unterbarmen, wiewohl man auch darin noch kleinere Theile wie „am Haspel“, „in der Aue“, „am Brögel“ u. s w. unterscheidet. – Der Stadttheil Unterbarmen ist zwar unter den drei Stadttheilen noch der am meisten unfertige, aber auch bei weitem der größte, nicht nur dem Raume nach, sondern auch schon jetzt hinsichtlich der Einwohnerzahl. Bei weiterem Ausbau wird sein Uebergewicht gar zu stark erscheinen, wenn man nicht seine östlicheren Theile zu Mittelbarmen schlagen wird. Ein großer Theil von Unterbarmen liegt dem Mittelpunkte Elberfelds und dem Elberfelder Bahnhof etc. näher als dem Mittelpunkte Barmens und dem Barmer Bahnhof etc., obgleich letzterer sogar noch auf Unterbarmer Boden steht.

Landbezirk. – Westkotten. – Wichlinghausen-Dickerstraße. .

Manche Barmer Stadtstraßen gehören nur zum Theil, nicht in ihrer ganzen Länge zum Stadtbezirk, so namentlich die nach Süden gehenden Querstraßen in der Regel nur bis an die Eisenbahn.

Der Landbezirk zerfällt in die Bezirke Aue, Bendahl, Springen, Lichtenplatz, Heydt, Heckinghausen, Wichlinghausen, Schwarzbach, Dickerstraße, Westkotten, Hatzfeld, Leimbach, Karnap, Loh und Westen.

Eine vorzugsweise Wichtigkeit im Landbezirk hat die, eine besondere kirchliche, lutherische Gemeinde bildende und auch räumlich unter sich schon ziemlich verbundene Partie „Westkotten-Wichlinghausen-Dickerstraße“, welche in einer Entfernung von 10— 15 Minuten ungefähr parallel mit der Hauptstraße der östlichen Hälfte des Stadtbezirks, auf dem nördlichen Gebirge und besonders in einer Schlucht desselben sich lang ausstreckt. Sie könnte allenfalls eine ziemliche Landstadt für sich vorstellen, zumal ihr mittlerer und stärkster Theil, Wichlinghausen, nicht nur Kirche, Schule, Apotheke und Marktplatz, sondern auch Neben- und Querstraßen hat und durch einen Bergrücken vom Barmer Stadtbezirk getrennt ist. Die Längenrichtung dieses gesammten Nebenorts, für den wir die Benennung Nord-Vorstadt in Vorschlag zu bringen uns erlauben, wird gegenwärtig als „West“-, „Ost“ und „Dickerstraße“ bezeichnet. Der östliche Endpunkt dieser Linie gränzt fast unmittelbar an eine kleine märkische-westphälische Häusergruppe, „am Beckacker“ genannt; und eigenthümlider Weise stößt der Anfangspunkt , Westkotten“, mittelst seiner ,,Märkischen Straße“, ebenfalls an’s Märkische. Mit dem Barmer Stadtbezirk aber ist diese Vorstadt ungeachtet vieler Terrain-Schwierigkeiten mannichfaltig verbunden, — auf Westkotten durch die halb schon zum Stadtbezirk gehörige Westkotter-Straße mit dem Mühlenweg und Werth, seitwärts durch die Leimbacher- mit der Kuhlerstraße, dem alten Markt etc., auf Wichlinghausen durch die gerade und noch ganz neue Bartholomäusstraße mit Bredde, Werth u., durch die Thal- und Wichlinghauser-Straße mit Schützenhof, Wülfing u., am Ende der Dickerstraße durch die Schwarzbacher-Straße mit Rittershausen, außerdem noch durch verschiedene Berg- und Feldwege mit andern Stellen. An allen diesen Verbindungswegen, die kleineren letzteren nicht ausgenommen, mehren sich vor und nach die Häuser, an den 5 Chausseen dergestalt, daß sie, wie schon jetzt jene Hauptstraßen der Vorstadt, muthmaßlich in einigen Jahrzehnten schon ziemlich städtisch aussehen werden. Große Bergräume zwischen diesen Wegen dürften dagegen ihren ländlichen Character nicht so bald, vielleicht nie verlieren, zumal es ihnen an Wasser fehlt.

Heckinghausen. – Clef. – Heckinghauser-Straße.

Auf der andern, südlichen Seite des Stadtbezirks, aber in geringerer Entfernung und durch keine Höhe von ihm getrennt, liegt Rittershausen gegenüber — im Landbezirk das Dorf Heckinghausen. Durch die parallel mit der städtischen Hauptstraße, am Abhange des südlichen Gebirges, dem Clef (lateinisch clivus, Hügel, allmählige Ansteigung), sich hinziehenden langen Heckinghauser-Straße verbindet sich Heckinghausen direct mit der Gemarke; ebenso durch die in dieselbe mündende Werlestraße und Schillerstraße mit dem Rittershauser Bahnhof und mit Wupperfeld. Für Heckinghausen und diese Verbindungsstraßen, überhaupt für alle südlich von der Eisenbahn gelegenen Häusergruppen, sofern sie mit Heckinghausen und unter einander ausreichenden baulichen Zusammenhang haben oder noch erlangen, möchten wir den Gesammtnamen „Süd-Vorstadt“ empfehlen. Späterhin, wenn Ausdehnung und Anbau das nöthig machen, mag sie in Südost- und Südwest-Vorstadt, wie auch die Nordseite von Barmen in Nordost- und Nordwest-Vorstadt getheilt werden.

Rauenthal. – Gränzverhältnisse.

An seiner nordöstlichen Seite hängt das Dorf Heckinghausen mittelst der Heckinghauser Brücke und der Beckmann’schen Chaussee, resp. den Rauenthaler Straßen, mit Rittershausen nahe zusammen. Merkwürdiger Weise gehört indeß diese Verbindung nur zum Theil zu Barmen, andern Theils zur Westphälischen Gemeinde Langerfeld, von welcher hier ein spitzer Vorsprung längs der Wupper in’s rheinpreußische, bergische, Barmer Gebiet wie eingeteilt ist. Und dieser Vorsprung der rothen Erde ist nicht etwa unbewohnt, vielmehr stehen namentlich zwei große, Barmer Häusern gehörende Fabrikgebäude darauf, von denen das eine ‚ganz schloß- und burgartig aussieht und in der That auch das (neuere) „Haus Rauenthal“ genannt wird, wiewohl es von seinem Anfange an nie eine industrielle Bestimmung gehabt und auch vorher hier nie ein adeliges Haus gestanden hat, sondern nur eine dem wirklichen adeligen Hause Rauenthal (ursprünglich Ruwendelle, dann Ruendahl) zugehörige Mühle. Letzteres aber stand da, wo jetzt das obere Caron’sche Haus steht, also etwas weiter südöstlich, ebenfalls auf westphälischem Boden, auf einem ziemlich bewohnten Raume, welcher zum Theil noch jetzt „im Rauenthal“, größtentheils aber „in der Oede“ genannt wird. Selbst auch diese Partie könnte ihrer Lage nach besser zu Barmen als zu Langerfeld gehören, vielmehr aber noch jener Einschnitt. An dieser Seite von Barmen find also die Gränzverhältnisse mindestens ebenso verwickelt, wie am Haspel. Und hier ist diese Verwickelung um so bedeutsamer, als in den märkisch-westphälischen Partieen das preußische Landrecht, in den rheinprovinzlichen der Code Napoleon herrscht, allerdings modifizirt und beschränkt durch eine gemeinsame neuere Gesetzgebung.

Ebenso unkenntlich sind innerhalb Barmens an vielen Stellen die Gränzen zwischen dem Stadt- und dem Landbezirk. Denn wie auch bisher der erstere immer mehr Theile des letzteren in sich aufnahm, so bilden auch noch jetzt fernere Theile des Landbezirks sich zur Fähigkeit heran, Aufnahme in den Stadtbezirk beanspruchen zu können. Besonders auffallend ist, daß von der nicht unbedeutenden Sternstraße, unmittelbar hinter der Wupperfelder Kirche, die nördliche Häuserreihe noch zum Landbezirk und zwar zum Bezirk Wichlinghausen gerechnet wird, obgleich diese Straße in ihrer ganzen Länge aufs engste mit dem Stadtbezirk verbunden und dagegen von Wichlinghausen durch einen fast unbewohnten breiten Bergrücken getrennt ist. So auch zählen die Sand-, Feld-, Bartholomäus- und Karnaper- Straße vollständig noch zum Landbezirk, obgleich sie großentheils schon städtisches Ansehen haben und mit dem Stadtbezirk zusammengebaut sind. Andererseits haben auch nicht ganz wenige, schon zum Stadtbezirk gehörende Straßen, besonders in Unterbarmen, noch kaum oder gar nicht angefangen, eine wirklich städtische Physiognomie anzunehmen.

Wachsthum von verschiedenen Mittelpunkten.

Der Umstand, daß Barmen nicht blos von einem Hauptmittelpunkt, sondern gleichzeitig auch von vielen andern Punkten aus sich vergrößerte, brachte es mit sich, daß lange Zeit hindurch die Vergrößerung weniger in die Augen fiel, mindestens einstweilen nicht dem Ansehen der eigentlichen Stadt zu Gute kam. Denn die Häuserpartieen, welche um jene anderen Punkte sich bildeten und zum Theil reichlich die Größe von Dörfern oder Flecken erlangten, erschienen natürlich als besondere Oerter, wiewohl sie von Anfang an mit dem Hauptorte zu einer und derselben Verwaltungseinheit gehörten. Im Grunde aber wurde und wird noch immer der Gesammtwachsthum dadurch wesentlich gefördert. Die abgesondert und doch sich so nahe gelegenen Oerter fühlten und fühlen das Bedürfniß, bei der Vergrößerung theils unter einander, theils und besonders dem Hauptort, sich möglichst zu nähern. Die Aussicht auf Vereinigung und die durch die Zwischenräume erwachsende reiche Auswahl von Baustellen, die von vorn herein nicht abgelegen sind und nothwendig immer gelegener werden müssen, spornte und spornt die Baulust. Und sobald der Raum zwischen einem Nebenorte und dem Hauptorte nun mit Häuserreihen besetzt war, erschien die Vergrößerung des letztern fast plötzlich um so bedeutender. – Wenn erst jene Verbindungsstraßen mit der erwähnten großen Nord – Vorstadt, ebenso die Heckinghauser-Straße und ihre Umgebungen, wie auch die Lücken und lockern Stellen in den Straßen Unterbarmens, ein städtisches Aussehen gewonnen haben, wird man erst recht über Vergrößerung und Größe Barmens, oder vielmehr der ganzen dann enggeschlossenen Wupper-Doppelstadt, staunen müssen.

Schwankende Nomenclatur.

Die geschilderte rasche und mannichfaltige Entwicklung, – wo immer Neues – entstand und immer Eines mit Anderm verschmolz, hatte auch die sehr natürliche Folge, daß eine große Unsicherheit in der Nomenclatur der Ortstheile Platz griff. Nur noch größer wurde dieselbe durch den Umstand, daß die Behörden, in der wohlgemeinten Absicht, mehr Ordnung in die Verhältnisse zu bringen, zu verschiedenen Zeiten neue amtliche Eintheilungen vornahmen und Benennungen wählten, bald nach den alten Höfen, bald nach Rotten oder Sectionen, bald nachden concentrirteren Hauptpartieen, bald nach der Lage in der Hauptrichtung, bald nach den Straßen. So erreichte die Barmer Sprachverwirrung im Volksverkehr zum Theil wirklich eine fast babylonische Höhe. Ein und dasselbe wurde von dem Einen so, von dem Andern anders benannt, das Benannte von dem Einen in dieser, von dem Andern in jener Begränzung verstanden. Es ließen sich eine Menge Beispiele hierzu anführen; wir beschränken uns aber auf wenige.

Unter „Gemarke“ begreift man im engsten und ursprünglichsten Sinne blos den jetzigen Alten Markt, im mittleren und gebräuchlichsten Nr. 1 — 11 (oder auch wohl bis 13) der […] aufgeführten Mittelbarmer Straßen und im weitesten das ganze oder fast ganze Mittelbarmen. Den Werth unterscheidet man also gewöhnlich, aber nicht immer von der Gemarke, und vom Werth oft auch wieder die Neustadt, den Kohlgarten etc.. Aehnlich ist es mit Scheuren und Mühlenweg. Wupperfeld versteht man bald ohne, bald mit den Partieen Wülfing, Bredde, Pfalz etc. Ja sogar in manchen Fällen, besonders in amtlichen Bezeichnungen, betrachtet man Wupperfeld als einen Theil von Wülfing, während gewöhnlich umgekehrt Wülfing nur als Theil von Wupperfeld gilt. Die Gränze zwischen Wupperfeld (im weitern Sinne) und Rittershausen denkt man sich bald am Schützenhof, bald an der Kemna; oft trennt man selbst auch diese noch von Rittershausen. Die Alleestraße nennt man sehr oft noch „Neuenweg“, die Heckinghauser Straße „Clefer Straße“, die Clefer Straße ,,Bollwerk“, die Sternstraße „Verlobungsstraße“ u. s. w.

Indeß würde diese ganze Verwirrung schwinden, sobald man sich lediglich an die jetzige amtliche Eintheilung und angeschlagene Straßen-Bezeichnung hielte.

Aber das müssen wir doch noch erwähnen, daß auch der Name Barmen selbst, wenigstens in seinem engern Begriffe, im gewöhnlichen Leben durchaus nicht feststeht. Es gibt z. B. in Unterbarmen noch Leute, welche meinen, nur Unterbarmen, auch wohl gar nur derjenige Theil von Unterbarmen, den sie gerade bewohnen, sei das eigentliche Barmen, Mittelbarmen dagegen dürfe von Rechtswegen nur Gemarke heißen u. Gemarke aber (im weitern Sinne) ist eben der Hauptkernpunkt der Stadt Barmen, und wird daher von sehr Vielen als das eigentlichste Barmen, als Barmen im engern Sinne, angesehen. 

Begriff und Entstehung des Namens Barmen.

So kommt es denn vor, daß zwei Leute, von denen der Eine aus Gemarke nach Unterbarmen, der Andere aus Unterbarmen nach Gemarke gehen will, beide sagen, sie wollten nach Barmen gehen, während sie beide schon in Barmen und zwar auch im eigentlichsten Barmen sind. Wieder andere denken sich die Gränze des eigentlichsten Barmen verschiedentlich weiter und doch auch noch nicht weit genug. Das allein Richtige ist, den ganzen Stadtbezirk, – wie er für jeßt amtlich bestimmt ist, und künftig in seiner etwaigen fernen Erweiterung, als Barmen oder Stadt Barmen im engern Sinne zu betrachten, während im weitern Sinne der Name Barmen unbestritten der gesammten Oberbürgermeisterei als ein historisches, durch sechs Jahrhunderte in Geltung gewesenes Recht gebührt. In letzterer Beziehung ist allerdings auch wahr, daß bis in die neueste Zeit hinein dieser Gesammtname, obgleich er bestand, wegen des lockern Zusammenhangs der Theile der Gemeinde, im gewöhnlichen Leben lange nicht so häufig, wie gewöhnlich ein Ortsname, zur Anwendung gekommen ist. Woher der Name Barmen ursprünglich entstanden, läßt sich mit Gewißheit nicht sagen. Ziemlich wahrscheinlich wurde er von den sogenannten „Barmen“, d. i. den im Freien überwinternden großen Heu- und Getreidehaufen, entlehnt, deren hier im Thale, als es nur eine ackerbautreibende, dünne Bevölkerung hatte, besonders viele zu sehen sein mochten. Daher mag es auch kommen, daß namentlich von Elberfelder Alten noch jetzt mitunter das Wort Barmen als eine Mehrzahl gebraucht wird, indem sie z. B. statt „nach Barmen“ sagen: „in die Barmen“.

Eine Hauptursache, weßhalb die gegenwärtige amtliche Eintheilung und Nomenclatur noch nicht vollständig und allseitig in’s Leben dringen konnte, ist die Post mit ihren Einrichtungen und ihrer Sprache. Bis vor Kurzem stempelten ihre Neben-Expeditionen die Briefe noch blos mit „Wupperfeld“, „Rittershausen“, „Unterbarmen“. Setzen sie jetzt auch das Wort „Barmen“ davor, so stimmt das doch immer noch nicht mit der städtischen Eintheilung in Unter-, Mittel- und Oberbarmen. Auch spricht die Post noch immer von Fahrten von Barmen nach Rittershausen, nach Wupperfeld, nach Unterbarmen, — was doch Fahrten innerhalb der eigentlichsten Stadt Barmen sind. Hätte jeder der drei Stadttheile eine und nur eine Expedition, und möglichst in seiner Mitte, so machte sich alles mehr von selbst. Aus gleichem Grunde müßte eigentlich auch die Eisenbahnstation Barmen – Rittershausen nicht so, sondern Station „Oberbarmen“ heißen, zumal sie ebenso gut für Wupperfeld, Heckinghausen, Clef etc. als für Rittershausen bestimmt ist.

Barmer Wupper. – Mühlengraben. – Brücken.

Alle drei Stadttheile Barmens werden von der Wupper bespült und belebt. Der obere sowohl als der mittlere liegt beinahe ganz auf ihrem rechten, der untere dagegen mit Ausnahme der Dörnen, der Korzert und der städtischen Häuser am Loh, auf ihrem linken Ufer. Beim Eintritt in Barmen ist der Fluß noch klar und rein. Die auf Barmer Grunde an ihr thätigen Fabriken, besonders die Färbereien, führen ihr eine solche Menge von Stoffen zu, daß beim Eintritt in Elberfeld ihr Wasser meist schon als eine schmutzig, dunkle, dicke Masse erscheint. In diesem Zustande wird denn die Wupper gewiß auch von dem eifersüchtigsten Barmer von ganzem Herzen der lieben Nachbarstadt gegönnt. Aber auch der Vorwurf der Elberfelder, daß Barmen ihnen fortwährend „das Wasser trübe“, wird beim Anblick der erwähnten Thatsache im eigentlichen Sinne nicht widerlegt werden können. Bei Heckinghausen theilt sich die Wupper in zwei Arme, die jedoch bald darauf wieder zusammenfließen. Die größte und wichtigste künstliche Ableitung aus der Wupper heißt der Mühlengraben; er beginnt an der Pfalz und mündet an der Korzert, nachdem auch er zu vielen gewerblichen Zwecken benutzt wurde.

Ungerechnet die Brücken über diesen Kanal, führen auf Barmer Gebiet bereits 12 Brücken über den Fluß selbst. Sie sind theils aus Steinen, theils aus Eisen, theils aus Holz erbaut, und zwar im Ganzen gut und schön. 8 von ihnen sind öffentliche Fahrbrücken: am Haspel, am Loh, an den Dörnen, am alten Markt, an der Wupperstraße[heute Rolingswerth, Anm. JNK], in der Schillerstraße [heute Brändströmstr, Anm. JNK], am Rittershauser Bahnhof [Oberbarmern Bf, Anm. JNK] und bei Heckinghausen. Dazu kommt auf Rittershausen die Brücke zum Eisenbahn-Uebergang. Unter den drei Fußbrücken ist eine beim Begehen schwankende von Draht, nämlich die an der Pfalz. Bereits macht sich an mehreren Stellen das Bedürfniß nach weiteren Brücken fühlbar, namentlich 1) an der sogenannten (ehemaligen) Knallhütte“, dem Zusammentreffen der Werther-, der Neustadt- [heute Höhne, Anm. JNK] und der Kohlgartenstraße [heute Kohlgarten, Anm. JNK]; 2) am Neuenweg [heute Teil der Engels-Allee, Anm. JNK], zwischen der Schafbrücken- und Poststraße [heute Ibachstr., Anm. JNK]; 3) am Vereinigungspunkte der Gas- und Wasserstraße, zur Verbindung mit den in der Korzert projectirten Straßen; 4) in Unterbarmen, an der Graben-, oder an der Farbmühlenstraße.

Barmer Gebirge. – Bergisch-Märkische Eisenbahn.

Wenn auch allerdings an manchen Stellen, besonders auf der südlichen Seite, das Barmer Gebirge als ein zu einförmiger oder zu regelmäßiger Rücken erscheint, so wird doch dieser Character, mehr oder minder, neben jedem Stadttheile durch Einschnitte, Schluchten, Seitenthäler gemildert, theilweise aufgehoben. Und an dem südöstlichen Endtheile der Gemeinde, um Rauenthal und Heckinghausen herum, zeigt es geradezu eine wirklich schöne, romantische Formation. Die höchste Spitze ist auf dem Lichtenplatz; sie erhebt sich 1086 Fuß über der Meeresfläche, während z. B. der alte Markt nur 470 Fuß über dem Spiegel der Nordsee liegt.

Die Bergisch-Märkische Eisenbahn überschreitet, von Schwelm kommend, in der Mitte Rittershausens, also bald nach ihrem Eintritt in’s Barmer Gebiet, fast gleichzeitig die durchgehende Hauptstraße und die Wupper; bald darauf hält der Zug an dem bescheiden gebauten, aber stark benutzten Bahnhof Barmen-Rittershausen. Von dem Uebergange bis hierher und noch eine gute Strecke weiter gewährt er freie und schöne Aussicht nach beiden Seiten. Dann geht er quer unter der Schiller-, später unter der Clefer- und der Fischerthaler-Straße her; dazwischen wird die Aussicht bald durch die Erdwände des Bahneinschnitts verdeckt, bald wieder geöffnet. Nun ist das ziemlich bedeutende Gebäude der Hauptstation Barmen erreicht. Von da weiter gehts, wieder abwechselnd durch, allmählig jedoch wohl größtentheils beseitigt werdende Erdwände und über freie Stellen, nach Elberfeld. Auf der ganzen Strecke von Rittershausen bis hier hat man den Stadtbezirk und die Wupper an der Nordseite, und werden daher die Reisenden wohlthun, ihren Blick hauptsächlich nach dieser zu richten. Aber auch die Südseite zwischendurch zu beachten, wo sie sich geöffnet zeigt, ist keineswegs unlohnend.

Barmens schönere Straßen.

Die Straßen Barmens haben wir zwar oben bereits namhaft gemacht, ohne jedoch etwas über sie zu sagen. Sie sind durchschnittlich breiter, gerader und regelmäßiger als die von Elberfeld. Besonders zeichnet sich unter ihnen Unterbarmens Alleestraße aus, welche selbst mancher Residenzstadt zur Zierde gereichen würde. Sie ist beinahe eine halbe Stunde (26 Minuten, ca. 1836 Schritte) lang, schnurgerade und ganz regelmäßig. Ihre ansehnliche, 60 Fuß betragende Breite besteht durchweg aus 5 Theilen: dem gepflasterten mittleren schließt sich nach jeder Seite ein ungepflasterter Fahrweg und diesem ein vortrefflicher, 942 Fuß breiter Fußweg an. Zwischen dem Fahr- und dem Fußwege auf jeder Seite zieht sich aber eine schöne Reihe von Linden hin, und in denselben Linien sind in etwas größeren Zwischenräumen die Gaslaternen aufgestellt. Daß die Häuserreihen dieser Straße bald an der einen, bald an der andern Seite, neben fast durchweg gefälligen und manchen schönen Gebäuden, zur Zeit noch kleine Lücken haben, welche Aussicht in Gärten und Wiesen, auf den Wupperfluß und in das zum großen Theile hier noch bewaldete Gebirge gewähren, bewirkt eine angenehme Mischung des ländlichen mit dem städtischen Charakter, was sich jedoch auch noch von manchen andern Stellen unseres Stadt- und Landbezirks rühmen läßt. Als in verschiedenen Beziehungen ebenfalls vortheilhaft sich auszeichnend, heben wir, außer den übrigen Theilen der durchgehenden Haupt-Verkehrsstraße, ferner hervor: die noch ganz neue Schillerstraße [Brändströmstr., Anm. JNK], mit dem von Eynern’schen Palais und Park und mit überhaupt nur schönen Gebäuden und namentlich an der Schillerbrücke mit freundlichster Sicht nach dem Clefer- und Rauenthal zu;; die Kleine Werth-, die Mühlenweg, die Unterdörner- und die Loher-Straße.

Am oberen Ende der genannten Brücke auf der Schillerstraße findet sich in westlicher Richtung der Anfang einer noch wohl namenlosen neuen Straße, die wenn sie bis in die, von der Heydterschul- und Heckinghauser-Straße nach der, an der sogenannten Knallhütte anzulegenden Wupperbrücke führenden Sehlhofer -Straße fortgeführt wird, auch recht schön zu werden verspricht; in diesem Falle möchten wir für sie den Namen Göthe-Straße vorschlagen, damit die Namen des großen Dichter-Freundepaares auch in Barmen eng verbunden erscheinen mögen. Die Schiller-Straße empfing diese Benennung offiziell am Tage der deutschen Schillerfeier.

Der durchgehende, die Stadt in ihrer ganzen Länge durchlaufende Hauptverkehrsweg ist zusammengesetzt aus 1) der Haspeler-, 2) der Allee-, 3) der Neuenweg-, 4) der Alten-Markt-, 5) der Mittel-, 6) der Werther-, 7) der Berliner- und 8) der Rittershauser-Straße. Hiervon bezeichnen die Straßen 1-3. die Länge von Unterbarmen, 4 – 6. die von Mittelbarmen, 7. und 8. die von Oberbarmen. Neben diesem Hauptwege führt noch ein anderer, ebenso kurzer, aber nicht durchweg gleich schöner und etwas weniger ebener Weg aus Oberbarmen nach Elberfeld; dieser wird gebildet aus der Bredder-, der Mühlenweg, der Parlament-, der Steinweg-, der Oberdörner-Straße und der Chaussee, welche von hier am Loh und Missionshause vorbei nach der Osterbaum- und Neuenteich-Straße in Elberfeld geht. Zwischen der letzterwähnten, größtentheils noch unbebauten Chaussee und der Alleestraße liegt ein Hauptrücken des theils zu Barmen, theils zu Elberfeld gehörigen Haardter Gebirges, über welches vom loh aus ebenfalls ein Weg, ein zwar schmaler und erst wenig cultivirter, aber bei gutem Wetter für Fußgänger sehr angenehmer, nach Elberfeld führt. Auf romantischen Umwegen kann man auch an und auf dem anderseitigen, dem südlichen Gebirge von Heckinghausen aus, wie aus jedem Stadttheil nach Elberfeld gelangen. Doch wir sind gegen unsere eigentliche Absicht, wieder in den Landbezirk gerathen, wie es denn auch weiterhin nicht immer möglich sein wird, Stadt und Land getrennt zu behandeln.

Straßenanschläge. – Hausnummern.

Die meisten Straßen des Barmer Stadtbezirks, wenigstens der größere Theil der Gesammtstraßenlänge desselben ist gepflastert, und zwar gut. Jede Straße hat ihre besondere Hausnummernfolge, in welcher die in den Häuserreihen noch möglichen künftigen Häuser schon im Voraus mit berücksichtigt sind; in der Hauptrichtung beginnen die Nummern jeder Straße an deren westlichem Anfangspunkt, in den Querstraßen aber an dem Hauptwege. In diesen ihren Richtungen hat man immer die geraden Zahlen rechts, die ungeraden links.

Der Name jeder Straße steht an ihrem Anfangs- und Endpunkte, so wie bei den Einmündungen oder Durchführungen anderer Straßen deutlich und zierlich angeschlagen. Darunter zeigt ein gemalter Pfeil oder Doppelpfeil die Richtung der Straße an, ob sie nach links, nach rechts oder nach beiden Seiten geht.

Die Zweckmäßigkeit dieser noch sehr neuen Einrichtungen liegt am Tage.

Mit den angeschlagenen, von uns oben bereits mitgetheilten Straßennamen selbst wollen wir nicht rechten. Die meisten derselben stimmen, was immer das Zweckmäßigste ist, mit den schon vorher üblich oder vorherrschend gewesenen theils ganz, theils annähernd überein, und auch die abweichenden und neuen sollen uns recht sein, vorausgesetzt, daß sie nun, besonders auch amtlich, stets festgehalten werden.

Trottoire. – Oeffentliche Plätze.

Wenn man indeß beweisen wollte, daß Barmen die Stadt der Widersprüche sei, so könnte man aus der Straßenbenennung ein gewiß schlagendes Beispiel entnehmen: die einzige Barmer Straße, welcher das Prädikat ,,klein“ beigelegt wurde, nämlich die „Kleine Werthstraße“, gehört fast zu den längsten der Stadt, und die ,,Lange-Straße“ (in Unterbarmen)[heute Besenbruchstr., Anm. JNK] dagegen entschieden zu den allerkleinsten!

Seit einigen Jahren besteht der für Verschönerung und Verkehr sehr bedeutsame Plan, vor und nach, unter Beseitigung der bisherigen Haustreppen – Vorsprünge, in allen oder wenigstens den frequentesten, wie auch den neu entstehenden Straßen, zu beiden Seiten möglichst regelmäßige Trottoire von Steinplatten anzulegen, nebst ausgehauenen Rinnsteinen und eisernen Quer-Wasserdurchlässen. In dem Hauptsitze des Barmer Detailhandels, dem Bazar unserer Stadt, welcher aus der Mittelstraße und den ihr benachbarten Theilen der Werther-, Heubrucher-, Wupper- und Schuchard-Straße und des alten Markts besteht, ist damit bereits ein recht dankenswerther Anfang gemacht, hier und da auch in andern Theilen der Stadt, und gegenwärtig wird in der Wertherstraße rüstig damit fortgefahren. Barmen erlangt durch diese Neuerung einen wirklich angenehmen, den Gesammt-Verkehr erleichternden Vorzug, welchen die Nachbarstadt Elberfeld gerade in denjenigen ihrer Straßen, denen er am nöthigsten wäre, wegen Mangel an Raum nicht oder nur sehr unvollkommen sich aneignen kann, und den gewiß auch das besuchende auswärtige Publikum bald erkennen und würdigen wird. Bei Neu- und Umbauten muß in Barmen überall für das Trottoir, falls es nicht gleich mit hergestellt wird, wenigstens Raum gelassen werden.

Neumarkt. – Alte Markt. – Denkmalsplatz.

Unter den öffentlichen Plätzen Barmens nimmt der Rathhausplatz oder Neumarkt („Neue Markt“) die erste Stelle ein. Er liegt ziemlich genau in der Mitte der Stadt und ganzen Gemeinde und ist aus zwei großen Gärten, von denen der eine zum Rathhaus und der andere zum jetzigen Amtshause gehörte, erst in neuester Zeit · hergestellt worden. Daraus erklärt sich, daß nur wenige der ihn um: gebenden Häuser ihn unmittelbar berühren und ihm ihre Frontseite zuwenden; die meisten sind sogar durch eine Mauer von ihm geschieden. Nichts destoweniger macht dieser rechtwinkliche und geräumige Platz dem Auge einen freundlichen Eindruck. Er ist nicht nur von mehrfachen Baumreihen durchzogen, sondern in seiner Mitte auch von einer häuserlosen, immer frei bleibenden Chaussee, wodurch namentlich bei Jahrmärkten der Zugang zu den dann an beiden Seiten aufgestellten mannichfachen Schaubuden, wie auch zu den nach rechts und links sich hinziehenden Reihen von Verkaufsbuden, möglichst bequem zu erreichen und alles recht übersichtlich wird. Auch an der Nordseite dieses Platzes zieht sich eine Straße hin, die an ihrer Marktseite unbebaut bleibt und ihrer Verlängerung nach Osten entgegenharrt. Obgleich 1 Morgen und 102 Ruthen groß, erscheint dieser Platz an Jahrmärkten schon jetzt zu klein. Eine dankenswerthe Vergrößerung dürfte indeß durch Abbruch eines der Stadt gehörenden, von einem Brauer und Wirthe bewohnten Hauses und durch gleichzeitige Verkleinerung des Amtshaus – Hofes leicht zu erzielen sein. Es könnte dadurch zugleich, was auch nicht unwesentlich ist, noch ein weiterer Zugang zu dem Platze gewonnen werden.

Der Alte Markt ist, wie schon gesagt, kaum als ein Platz zu betrachten, fast nur eine breite, unregelmäßige Straße, dem einige engere kleine Straßen als Anhängsel und Zubehör dienen. Den mit einem zierlichen Brunnen versehenen Wichlinghauser Markt erwähnten wir schon. Dazu kommt nun, außer dem kleinen, aber gefälligen, mit einigen Bäumen bepflanzten Wupperfelder Markt, besonders noch der Unterbarmer Kirchplatz und der ihm gegenüber liegende, durch die Evang. Kirch-, die Allee- und die Friedrich Wilhelms-Straße auf’s schönste mit ihm verbundene Denkmalsplatz. Jener trägt auf seinem nördlichen Rande die evangelische Kirche, auf die wir weiter unten zurück kommen werden, ist rechtwinklich, hübsch durch Baumreihen begränzt und hinter Wegesbreite von Pastorat- und andern Häusern umgeben. In der Mitte des etwas kleineren und etwas höher an der Eisenbahn liegenden Denkmalsplatzes, dem Eingange der Kirche gerade gegenüber, erhebt sich in mäßigen Dimensionen ein aus Steinen gehauenes Denkmal, welches patriotische Barmer Bürger ihrem ersten preußischen Landesherrn, dem hochseligen Könige Friedrich Wilhelm III. errichten ließen. Es wurde im Jahre 1841, in persönlicher Anwesenheit Friedrich Wilhelms IV., feierlich eingeweiht, und gereicht immerhin dieser schönen Stelle des Thales zu einer weiteren Zierde. –

Begräbnißplätze. – Rathhaus.

Ferner verdienen noch die beiden Bahnhofsplätze hier genannt zu werden, und endlich auch die verschiedenen Kirchhöfe. Die gegenwärtig in Gebrauch stehenden sind sämmtlich in einiger Entfernung von der eigentlichen Stadt gelegen: der Wupperfelder lutherische unweit der Mitte der Heckinghauser-Straße, der Wichlinghauser bei Westkotten, der reformirte an der Bartholomäusstraße, der unirt-evangelische in ziemlicher Höhe westlich von der Ronsdorfer-Straße, der katholische in der Nähe der Carnaper-Straße und hinter dem katholischen Waisenhause. Der frühere lutherische hinter der Wupperfelder Kirche erhielt vor einigen Jahren neue Baumanpflanzungen und sich schlängelnde Wege zum Spazierengehen. Für das Auge vertritt auch z. B. die im Privatbesitz befindliche, grün bewachsene, meist als Bleiche und Weide benutzte Fläche zwischen dem Werther Bollwerk und den Häusergruppen des Sehlhofs gewissermaßen die Stelle eines bedeutenden Stadtplatzes, – nur daß wir ihn nicht betreten dürfen.

Von den öffentlichen Gebäuden der Stadt nennen wir schuldiger Maßen zuerst das Rathhaus. Es kann sich zwar an Großartigkeit und Kostbarkeit mit dem Elberfelder Rathhaus durchaus nicht messen, hat aber vor diesem eine ungleich vortheilhaftere, freiere Lage voraus und ist im italienischen Renaissancestyl, jedoch neuerdings modernisirt, auch an sich recht ansehnlich und schmuck, 100 Fuß lang, 46 Fuß tief, 24/2 Etagen hoch. Die Vorderseite ist der gehörig breiten und geraden Wertherstraße zugekehrt, die es mittelst zweier niedrigen Flügelanbauten berührt. Ein Hofraum zwischen letzteren führt zum Eingang. Die Hinterseite aber sieht nach dem oben beschriebenen Neumarktsplatz, von dem sie nur durch einen kleinen Gewächs- und Blumengarten getrennt ist. Das Rathaus enthält die Wohnung des Herrn Oberbürgermeisters, den in seiner Grundform kreisrunden Versammlungssaal der Stadtverordneten und die Schreibzimmer der Verwaltungsbeamten. Das Gebäude war übrigens nicht von vorn herein für seinen jetzigen Zweck bestimmt; es wurde vielmehr als Privathaus erbaut und vom Freiherrn von Carnap bei seinem Fortzuge im Jahr 1825 der Gemeinde für den sehr billigen Preis von 27,230 Thlr., einschließlich des Gartens, überlassen. Mit den Um-, An- und Aufbauten etc. wird es der Stadt etwa 50,000 Thlr. gekostet haben.

Amtshaus. Gottesdienstliche Gebände.

Gleich neben dem Rathhaus, nur durch den Haupt-Eingang zum Neumarkte von ihm getrennt, steht das viel höhere, aber weniger geschmackvolle Amtshaus, in welchem die Bureaux der Polizei, der Telegraphenstation und des Personenstandsbeamten, die Sitzungen des Friedens-, des Gewerbe- und des Polizeigerichts, die Gemeindesteuereinnahme u. a. m. sich befinden. Es wurde sammt seinem zum Neumarkt gezogenen Garten ebenfalls, als früheres Privat-Eigenthum, von der Stadtgemeinde käuflich erworben.

An Kirchen, gottesdienstlichen Gebäuden besitzt Barmen 2 evangelisch-lutherische (1 zu Wupperfeld und 1 in Wichlinghausen), 1 evangelisch-reformirte (auf Gemarke), 1 unirt evangelische in der Mitte von Unterbarmen), 1 katholische (im Unterdörnen), 1 der (gläubig-) freien evangelischen oder Independenten-Gemeinde von Elberfeld und Barmen (ebenfalls im Unterdörnen), und 1 der Elberfeld – Barmer Baptistengemeinde (an der Gasstraße.) Außerdem halten verschiedene Sekten noch in Privathäusern ihre gottesdienstlichen Versammlungen.

Unterbarmer Kirche. Katholische Kirche.

Unter den genannten Gotteshäusern zeichnet sich hauptsächlich die Unterbarmer unirt-evangelische Kirche durch architectonische Schönheit aus. Sie steht auf dem oben beschriebenen freundlichen Kirchplatze und fällt sowohl auf der Alleestraße als auch auf der Eisenbahn dem irgend aufmerksamen und empfänglichen Reisenden angenehm in die Augen. Sie wurde nach einem Plane des Oberbauraths Hübsch – ein Name, dem dieses Bauwerk in jeder Beziehung entspricht, – im neugriechisch-arabischen Rundbogenstyl von Bruchsteinen, die äußerlich mit Quaderhausteinen geblendet wurden, auf 13 Fuß tiefen Fundamenten erbaut. Neun Stufen führen zu dem Haupteingang, welchen drei Thüren unter einer 20 Fuß langen Vorhalle bilden. Ueber letzterer erheben sich zwei, in der Mittelwand angelegte, mit einer Gallerie verbundene schlanke Thürme, das ganze Gebäude und besonders feine Vorderseite würdig schmückend. Das Schiff der Kirche, 113 Fuß lang, 70 Fuß tief und einen Raum von 6000 Quadratfuß umschließend, macht auch in seinem Innern, mittelst doppelter Reihen massiver, 14/2 Fuß starken und mit Würfelknäufen gezierter Rundsäulen, von denen die untern die 2500 Quadratfuß enthaltenden Emporbühnen und die obern die mit bemaltem Holze bekleidete Decke tragen, ferner durch entsprechende doppelte Fensterreihen und überhaupt durch zierliche Einfachheit gewiß einen guten Eindruck. Nur dürfte es doch Manchem nicht zusagen, daß die Decke nicht kirchenmäßig gewölbt, sondern horizontal erscheint, und eben so wenig, daß der Altar nicht von einem Chor umschlossen ist. An der Hinterseite des Gebäudes führen zwei Eingänge nach der Sakristei, der Orgelbühne, dem Versammlungszimmer des Presbyteriums etc.. Neben dem Eingange rechts steht das marmorne Denkmal, welches die dankbare Gemeinde ihrem Haupt-Stifter, Caspar Engels, errichtete. Diese schöne Kirche, welche, wie zum Theil auch die andern der Stadt, nicht nur mit Glocken von kräftigem Geläute, mit gehöriger Thurmuhr und vorzüglicher Orgel, sondern auch mit Heizapparat versehen ist, wurde im Jahre 1832 vollendet, die Gemeinde selbst aber, welche, wie wir bereits erwähnten, jetzt schon als die größte der Stadt mehr als 15,600 Seelen zählt, im Jahre 1821 gegründet, nachdem in 3 vorhergegangenen Jahren die Sache vorbereitet und die großen Schwierigkeiten, welche namentlich der zu lösende kirchliche Verband mit Elberfeld, (und zwar sowohl mit der lutherischen als mit der reformirten Gemeinde daselbst,) begreiflicher Weise verursachte, überwunden worden waren. Bis zur Einweihung der Kirche waren die Gottesdienste der neuen Gemeinde in einem von Caspar Engels erbauten geräumigen Kirchhause, dem jetzt Ostermann’schen Wohnhause an der Alleestraße.

Auch die katholische Kirche ist nicht ohne architectonische Vorzüge. Ihrem Grundplane nach kreuzförmig, besitz sie vier Portale, von denen das südliche eine von vier jonischen Säulen getragene Vorhalle zeigt, und 3 Kirchenschiffe, von denen das mittlere, durch Pfeiler und Schwiebbogen von den halb so breiten Seitenschiffen getrennt ist.

Auf die Kirchen zu Gemarke, Wichlinghausen und Wupperfeld kommen wir in unserm geschichtlichen Theile zurück.

Schon ist sowohl in der reformirten als in der Wichlinghauser lutherischen Gemeinde von der Erbauung einer neuen Kirche lebhaft die Rede, und auch die Gemeinde Wupperfeld wird in nicht allzulanger Zeit genöthigt sein, zum Bau eines zweiten Gotteshauses überzugehen.

Missionshaus. – Missionsfinderhaus. – Missionmuseum.

Nördlich von der Unterbarmer Kirche, jedoch von dieser durch die Wupper und einen Auslauf des Haardtgebirges getrennt, befinden sich im Landbezirk, an der Osterbaum-Loher Chaussee, die Gebäulichkeiten der Rheinisch-Westphälischen Missionsgesellschaft. Es sind ihrer 3, nämlich :

1) Das eigentliche Missionshaus, dessen Umfang jetzt eben (1861/62) durch einen bedeutenden Anbau mehr als verdoppelt wurde. Es ist nunmehr nicht nur von allen Gebäuden Barmens das längste, sondern auch von allen deutschen Missionshäusern das größte und bedeutendste, 170 Fuß lang, zu beiden Seiten 42 und in der vorspringenden Mitte 54 Fuß tief und 3 Etagen hoch. Es werden in ihm, als dem Missionsseminar der genannten Gesellschaft, junge Leute, meist aus dem Handwerkerstande, zu Missionaren ausgebildet und, wenn sie die erforderliche Reife erlangt und die kirchliche Ordination empfangen haben, nach den Heidenländern abgesandt, um dort das Christenthum und die Civilisation auszubreiten. Nebenan zur Linken befindet sich:

2) Das Missions – Kinderhaus, ein auch nicht unansehnliches, ebenfalls dreistöckiges Gebäude, in welchem die in der Heidenwelt geborenen Kinder der von hier ausgesandten Missionare sorgsame Erziehung und Schulbildung erhalten, eine Wohlthat, welche ihnen bei ihren Eltern, so lange diese ihrem Berufe nachgehen, selbstverständlich nicht wohl hätte zu Theil werden können. Rechts, an der östlichen Seite steht:

3) ein kleines Haus, früher eine Elementarschule, jetzt die Wohnung des zweiten Missionsinspectors Herrn von Rohden, während der erste, Herr Dr. Fabri, die seinige in dem Haupthause hat. Mit dem Missionsseminar ist auch eine Art Museum verbunden, nämlich eine reichhaltige, noch stets anwachsende und gegen ein beliebiges kleines Geschenk für die Mission jedermann zugängliche Sammlung von Merkwürdigkeiten, welche von den Sendboten in Südafrika, Ostindien, China u. s. w. hierher geschickt wurden, nämlich: wohlausgestopfte Thiere, verschiedene Naturproducte des Pflanzen- und Mineralreichs, fremdartige Erzeugnisse heidnischen Gewerbfleißes, als: Waffen, Kleidungsstücke, Schmuckgegenstände, Götzenbilder u. a. m. – Viele Bewohner und Besucher des Wupperthals ahnen gar nicht, wie viel des Sehenswerthen hier bereits sich zusammengefunden hat.

Realschule. – Wupperfelder Filiale.

Das Realschulgebäude, im modernen Rundbogenstyl 1859/60 erbaut, ist vielleicht bis jetzt von allen in Rheinpreußen vorhandenen Gebäuden gleicher Bestimmung das größte und schönste. Es steht an der Bahnhof- und Winklerstraße, ganz in der Nähe des Haupt-Bahnhofs, und ist schon aus letzterm und aus jedem Eisenbahnzuge heraus zu sehen. Die schönere Seite ist jedoch nicht der Eisenbahn, sondern der Bahnhofstraße zugekehrt, und der Haupteingang ist von der Winklerstraße aus an der Ostseite. Das Gebäude ist 111 Fuß lang, 96 Fuß tief, bis 56 Fuß hoch, und enthält in 3 Etagen: 18 Lehrsäle, 3 Säle für das naturhistorische Museum, 1 für ein chemisches. Laboratorium, 1 physikalisches Cabinet, 1 Bibliothekzimmer, 1 Aula, 1 Conferenzzimmer, sodann die Wohnung für den Herrn Direktor und die für den Castellan. In der Mitte befindet sich ein großer Lichthof. Die Heizung der Schulräume geschieht mittelst warmer Luft. Das Ganze, einschließlich des Platzes, des zu ihm gehörenden äußern Hofes und Gartens, so wie der innern Einrichtung, kostete 70,000 Thlr. Die Anstalt, der es gewidmet ist, erwuchs aus der im Jahr 1823 zu Stande gekommenen Vereinigung des Rectorates der reformirten Gemeinde und eines Privatinstitutes des Herrn J. J. Ewich, hieß unter dem ersten Director Herrn W. Wetzel 23 Jahre hindurch Stadtschule, auch Höhere Stadtschule, empfing 1846 das Prädikat einer Realschule und unter dem jetzigen Director Herrn Dr. Thiele 1859 das einer Realschule erster Ordnung. Ihre Lehrkräfte bestehen gegenwärtig aus 1 Director, 3 Oberlehrern, 12 ordentlichen Lehrern, und 6 technischen Lehrern. Die Zahl ihrer Schüler beträgt jetzt circa 450 in 11 Klassen. Es sind auch 2 Gymnasialklassen mit ihr verbunden, welche vor und nach zu einem vollständigen Gymnasium ausgebildet werden sollen. Eine eigenthümlichere Einrichtung der Realschule ist, daß seit Herbst 1861, mit ihr organisch verbunden, stark 20 Minuten von dem beschriebenen Hauptgebäude, nämlich am Ende der Sternstraße, in einem ebenfalls neuen und ansehnlichen städtischen Schulhause, Parallelklassen ihrer Sexta und Quinta, so wie der Sexta der höheren Töchterschule, sich befinden.

Höhere Töchterschulen. – Elementarschulen. – Leihanstalt.

Das frühere Real- oder Stadtschulhaus in der Karlsstraße [heute Höhne, Anm. JNK] ist seit 1861 das Hauptlokal der mit der Realschule unter einem Curatorium stehenden städtischen Höheren Töchterschule. Dieselbe hat jetzt in der Person ihres bisherigen Conrectors Herrn Dr. Kleinpaul einen eignen Rector erhalten. Es wirken an ihr außer diesem 3 Lehrer und 3 Lehrerinnen. Die Mädchenklaffe der Filialschule in Oberbarmen bleibt unter Direction des Herrn Director Thiele.

Unterbarmen befißt seit längerer Zeit noch eine besondere Höhere Töchterschule, bisher Privatanstalt, jetzt ebenfalls öffentlich und städtisch, seit kurzem, in einem von der Stadt neuerbauten Hause an der Druckerstraße.

Eine niedere und höhere Gewerbeschule unter Direction des Herrn Dr. Behme, nebst einer gewerblichen Fortbildungsschule soll in nächster Zeit errichtet werden und in dem von der Stadt angekauften früher Abr. Rittershaus’schen Hause, (dem „Bollwerk“ an der Cleferstraße gegenüber), in welches auch die bis jetzt in der Rödigerstraße befindliche Städtische Leihanstalt verlegt werden wird, ihr Lokal finden.

Die 23. Elementarschulen Barmens verdienten, zum Theil auch in architectonischer Beziehung, ebenfalls hier einzeln aufgeführt und besprochen zu werden; doch wollen die Raumverhältnisse unseres Buchs uns dies nicht gestatten. Wohl aber erlauben wir uns hier noch eine allgemeinere Bemerkung.

Die vielen und meist schönen und zweckmäßigen Schulgebäude gereichen unserer Stadt und ihrer Verwaltung gewiß sehr zur Ehre, sind jedoch andrerseits auch die Hauptursache der Gemeindeschuld und der Höhe unserer Communalsteuer, – was schwerlich anders möglich war. Jetzt indeß, wo wohl nirgend in Barmen mehr der Schulweg zu weit ist, dürfte es an der Zeit sein, für den nicht ausbleibenden Fall abermaliger Ueberfüllung von Schulklassen wo möglich solche Anordnungen zu treffen, welche den so überaus wichtigen Schulzwecken vollkommen Rechnung tragen, ohne durch weitere Schul-Neubauten die Gemeinde mehr, als unbedingt nothwendig ist, zu belasten. Einer unserer Stadtverordneten hat bereits in dieser Beziehung Vorschläge gemacht, deren Grundidee richtig und ausführbar sein dürfte, nämlich: eine täglich möglichst lange Benutzung der Schulräume und Theilung der Schüler in sich abwechselnde Parallelklassen, bei entsprechender Vermehrung der Lehrkräfte.

Posthaus. – Kranken-, Armen-, Waisenhäuser. – Gasanstalt.

Nach der Gegend der Realschule zurückkehrend, haben wir in unmittelbarer Nähe nicht nur das bereits erwähnte Stationsgebäude des Barmer Haupt-Bahnhofs, sondern gleich daneben auch das vor wenigen Jahren erbaute geräumige und schöne Posthaus, den Sitz unseres Postamtes, dem, wie schon berührt, besondere Postexpeditionen in Unterbarmen, Wupperfeld, Rittershausen und Wichlinghausen untergeordnet find. Bis vor einem Paar Jahrzehnten hatte Barmen noch gar kein Postamt, sondern blos solche Postexpeditionen, die vom Elberfelder Postamte abhängig waren. Und nun schon dieser großartige Verkehr in unserm Posthause, – neben jenen besondern Postexpeditionen, neben Eisenbahn, Packetbeförderungsanstalt, Omnibus, Droschken, Briefkasten und Boten!

An öffentlichen Gebäuden nennen wir zunächst noch das städtische Krankenhaus im Keinen Werth, in Folge eines Osterroth’schen Geschenks mit 2 Flügelanbauten vergrößert; das reformirte Armenhaus, nahe dabei an der Bachstraße; das so eben auch durch einen schönen Anbau vergrößerte lutherische Gemeindehaus hinter der Wupperfelder Kirche; – das auf dem Kothen in freier Höhe gelegene Waisenhaus der unirt-evangelischen Gemeinde, das katholische Waisenhaus an der Karnaper – Straße, und die verschiedenen Pastorathäuser, von denen das noch neue reformirte an der Mittelstraße und dem Alten Markte – das größte und architectonisch bedeutendste ist.

Die Barmer Gasanstalt, welche auf Actien gebaut wurde und statutmäßig allmählich in den Allein-Besitz der Gemeinde Barmen übergehen soll, ist eine der großartigsten in weitem Umkreise, wo auch schwerlich eine andre gleich weite Strecken mit Gas zu versorgen haben dürfte. – Eben jetzt wird bei Heckinghausen eine Filial-Gasanstalt für Oberbarmen erbaut.

Geschlossene Gesellschaften. – Concertsaal. – Turnhalle.

Von den vorzugsweise der Erholung und mündlichen Unterhaltung gewidmeten geschlossenen Gesellschaften Barmens haben die Concordia (in der Werther-Straße), das Parlament (Parlamentstraße), die Genügsamkeit (Karlsstraße) und der „Verein für Kunst und Gewerbe“ (Färberstraße) eigne und mehr oder minder ansehnliche Gebäude. Mit dem Verein für Kunst und Gewerbe sind, aus den Beiträgen der sehr zahlreichen Gesellschaftsmitglieder fondirt, eine Vereins- und eine Volksbibliothek, eine Freihandzeichnenschule, eine Linear- Zeichnenschule und eine Sonntags-Webeschule, – alles sehr nützliche Anstalten zur Weiterbildung junger Leute aus dem Industriearbeiter- und Handwerkerstande, verbunden. Auch werden hier für die Mitglieder – und meist auch von Mitgliedern – häufig Vorlesungen belehrenden und unterhaltenden Inhalts gehalten. Andere Vorträge, meist von Bonner Professoren und Wupperthaler Theologen und Pädagogen, (zum Besten des Gustav-Adolfs-Vereins, der Reallehrer-Wittwenkasse etc.), auch wohl von reifenden Literaten und Virtuosen im Vorlesen, finden in der Concordia statt. Ebenso die vorzüglichsten Concerte und Bälle. Mittelst eines bedeutenden Anbaues und damit verbunden gewesenen innern Umbaues älterer Räume hat die Concordia kürzlich eine große artige, noble Einrichtung und unter anderm namentlich einen ungewöhnlich hohen, auch akustisch durchaus gelungenen und äußerst geschmackvollen neuen Concertsaal gewonnen. Derselbe hat nämlich 90 Fuß Länge, 46 Fuß Tiefe und 35 Fuß lichter Höhe, einen fein parquettirten Fußboden, eine Decke mit gestirnartiger, keinen Schatten zulassenden Gasbeleuchtung und mit großen Hohlkehlen nach den Seitenwänden hin, 7 große Fenster an der einen, 2 große Spiegel an der andern Langwand, ein amphitheatralisches Orchester und im Hintergrunde eine treffliche Orgel, von der, weil ihr Gehäuse außerhalb angebracht wurde, nur die Fronte sichtbar ist. Der ganze Saal ist in einem ruhigen, den antiken Formen sich anschließenden Charakter gehalten, die Orgelfronte rein griechisch. Das Gesammtgebäude hat einen Werth von 100,000 Thlrn. von allen Städten des Continents war Barmen die erste, die einen Concertsaal mit vollständiger Orgel erhielt.

Die Turnhalle des Barmer Turnvereins steht auf dem Clef, an der Heckinghauser – Straße, im Landbezirk. Sie wurde auf Actien 1861/62 erbaut, und zwar in Holzarchitectur. In der Grundform bildet sie ein Quadrat, dessen Seiten je 60 Fuß betragen. Der Turnraum hat die volle Breite von 60 Fuß und in dem 30 Fuß breiten Mittelschiff eine bis unmittelbar an das Dachwerk reichende Höhe von durchschnittlich 35 Fuß. Ueber den beiden nur 16 Fuß hohen Seitenschiffen befinden sich 1 Saal und 2 Garderobenzimmer für die Turner und die Wohnung des Castellans. Die Hinterwand bildet ein halbes Octogon; vorn ist ein Treppenhaus – Vorbau. Mit dem Grundstück, das auch noch einen hübschen Turnplatz im Freien enthält, kostet die Anlage an oder über 11,000 Thlr.

Gasthäuser. – Gartenwirthschaften.

Auch unter den neuen Fabrikgebäuden nnd Wohnhäusern zeichnen sich schon nicht ganz wenige auch in architectonischer Beziehung vortheilhaft aus. Doch wollen wir dem Leser überlassen, diese selbst herauszufinden.

Gasthäuser sind: der Clevische Hof von Plum, zum Schützenhaus von Rehse, (beide in Mittelbarmen), Gasthof zur Pfalz von Klier (in Oberbarmen), Hotel Hegelich (in Unterbarmen) u. a. m.

Die Herberge zur Heimath (Oberdörnen) ist aus christlicher Liebe gegründet, um besonders reisenden Handwerksgesellen ein sittlich ungefährliches und geistig förderndes Quartier zu bieten. Daneben halten in diesem Hause mehrere der christlichen Vereine ihre Zusammenkünfte.

Noch müssen wir der Garten- oder Sommerwirthschaftslokale gedenken. Gerade auch in dieser Beziehung hat unsere Stadt in den letzten Jahren besonders in die Augen fallende Fortschritte gemacht. Rehse’s Schützenhalle und Garten, (früher Döppers Garten), worin die Schützengesellschaft ihre Schießübungen hält, auch Concerte, Sommertheatervorstellungen und gelegentliche Festessen etc.. stattfinden, der in 6 Terrassen schön am Fatelhofberg hinansteigende P. W. Halbach’sche „Garten Sanssouci“, die fKraut’sche Wirthschaft „Auf dem Felsenkeller“ und die Kreuzer’sche „Zur schönen Aussicht“ sind sämmtlich dicht an der Stadt, nicht weit von deren Mitte, nördlich, und gewähren von ihren obern Räumen herrliche Ueberblicke über Ort und Gegend, bis weit über Schwelm hinaus. Auf der Südseite, etwas weiter vom Mittelpunkte des Verkehrs, auf der Höhe einer Schlucht, ist das Sommerlokal von G. Halbach „Im Fischerthal“, mit etwas engerer, aber reizender Aussicht, mehreren Springbrunnen und Anfängen eines zoologischen Gartens. — Besonders fein, sowohl was Lage und Natur, als was die Garteneinrichtungen und die meist wie gewählt erscheinende Gesellschaft anbelangt, ist die noch etwas entferntere Wildförster’sche „Villa Foresta“, hinter dem Oberheydt und unmittelbar oberhalb des Hofes „Am Sonnenschein“. Die Stadt präsentirt sich man möge nun vom Rittershauser Bahnhof oder vom Bahnhof Barmen oder von einem andern Punkte des Thales aus die Wanderung beginnen, vielfach -und schön auf dem Wege dahin; in der Lokalität selbst aber ist die Stadt größtentheils verdeckt, dagegen der Blick in’s Gebirge, in’s Rauenthal, nach Heckinghausen, dem obern Rittershausen etc. um so romantischer und lieblicher. Wir rathen jedem Naturfreund, diese Gelegenheit nicht zu versäumen. Zwei große Hallen, 26 im abschüssig liegenden Garten mit Geschmack vertheilte zeltartige Lauben und eine Anzahl Zimmer im Hause, — das niedlichste ganz oben am Giebel desselben, stehen bereit, die Besuchenden zu empfangen.

Parkmangel. Spaziergänge.

Oeffentliche, städtische Parkanlagen hat Barmen bis jetzt nicht. Fände sich aber ein anderer Dr. Diemel, der es sich zur Aufgabe machte, unserer Stadt diese Annehmlichkeit zu verschaffen, so würde er ohne Zweifel bei den Wohlhabenden vielfache Unterstützung finden. Die beste Stelle dazu wäre wohl die Gegend am Hohen Stein“, oder, falls diese nicht zu erlangen wäre, der Fattelhof- oder Fatlofberg.

An mannichfacher Gelegenheit zu interessanten und genußreichen Spaziergängen fehlt es übrigens auch jeßt nicht. Außer den in dieser Beziehung bereits angedeuteten Wegen empfehlen wir z. B. noch folgende: 1) von Rittershausen durch das Rauenthal am obern Caron’schen Hause – der ehemaligen Burg Ruendahl – vorbei nach und über der sogenannten Buschenburg, einem Märkischen Gränzberge, der freilich weder eine Burg noch eine Wirthschaft, noch sonst anlockende Anlagen hat, wohl aber treffliche Aussichtsstellen. Hier hat man ganz Barmen frei vor sich daliegen „wie ein geträumtes Arkadien“ sagt etwas überschwenglich das Berghaus’sche „Reisehandbuch von Deutschland“. An einem südöstlichen höchsten Punkte im Walde sieht man außerdem auch Langerfeld, Schwelm, Gevelsberg und auch nach Beyenburg zu weithin das romantische Thal und Gebirge der Wupper. 2) Von der Rödiger- oder Carnaper -Straße durch den Schönebecker Busch nach der Schönebeck und dem Missionshaus, dann umkehrend am Roh vorbei und oberhalb der Korzert von der Chaussee aus den Bergpfad hinter dem Hohenstein her bis wieder nach dem obern Ende der Rödiger-Straße. Besonders über dem Hohenstein erscheint Barmen großartiger, als es wirklich ist, indem manche Zwischenräume von hier aus verdeckt sind. An der einen Seite des kleinen Bergwäldchens hat man Dörnen, Bruch, Mittel- und Oberbarmen, nebst Langerfeld, Schwelm etc.., nach der andern das noch etwas idyllischer erscheinende Unterbarmen nebst einem Theile von Elberfeld. Der Hohestein selbst ist ein schroffer und nackter, ziemlich großer, vermuthlich durch vulkanische Gewalt in der Vorzeit emporgetriebener Felsen, dem mehrere etwas kleinere Gesellschaft leisten. 3) Vom Anfangspunkt der Bredde über den Fattelhofberg nach Westkotten (und von da etwa noch bis nach Markland oder der Müggenburg etc. und zurück über einen Theil der Westkotter- und Leimbacher-Straße, dann durch das Maibüschchen und über den Wichelhausberg bis zum obern Thore des Rehse’schen, früher Döpper’schen Gartens und beliebig in die Stadt. — 4) Die Werlestraße hinauf und weiter in’s Gebirge nach rechts oder links, und zurück über Heckinghausen oder den Heydt. – 5) Vom Heydt hinter der Bredt’schen Villa her nach dem Tempelchen in dem der Stadt gehörenden Theile des Barmer Waldes, wo die Aussicht nach Rade vorm Wald, Remlingrade etc. und auf Cöln zu sich öffnet, und zurück durch’s Fischerthal oder über die Höhe westlich desselben und durch die Tannenallee den Berg hinab. 6) Vom Fischerthal auf der neuen Ronsdorfer Chaussee nach dem Lichtenplatze und zurück auf einem der Pfade, die von dieser Chaussee nach verschiedenen Stellen des Stadttheils Unterbarmen führen, etwa an den Springen, an dem evangelischen Waisenhause und dem Kothen vorbei. – Die materielle Beschaffenheit mehrerer der hier empfohlenen Wege bedarf allerdings hier und da noch sehr einer Nachhülfe. – Ueberhaupt würde eine tüchtige Verschönerungs-Commission, welcher durch Vermächtnisse oder durch Collecten ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt wären, in Barmen noch ein ebenso weites als lohnendes Arbeitsfeld haben.

An manchen Höhepunkten Barmens wird nach der einen Seite der Hintergrund der Ansicht durch die stolzen zwei Thürme der hochliegenden großen Kirche von Schwelm, nach der andern durch den bei Elberfeld erwähnten schmucken Thurm der Elisenhöhe angenehm und vortheilhaft gehoben.

Sagenanklänge. – Etymologisches.

Ruinen aus grauem Alterthum, Denkmale römischer, byzantinischer, gothischer, alt- und mitteldeutscher Kunst und welthistorisch besonders wichtige Stellen kann Barmen eben so wenig wie Elberfeld aufweisen. Auch wirkliche, erwiesener Maßen von uralter Zeit her im Volke selbst vollständig ausgeprägte Lokalsagen fehlen ihm, wie der Schwesterstadt. Wohl aber finden sich, theils in Büchern, theils auch wirklich einiger: maßen im Volksmunde, einzelne sagenhafte Anklänge. Die überwiegend wichtigsten derselben, nämlich die an heidnische Vorzeit unseres Thales erinnernden, sparen wir für den geschichtlichen Theil unseres Buches auf. Hier aber sei zunächst noch bemerkt, daß der erwähnte Hohe Stein nicht nur eine heidnische Opferstätte etc.., sondern auch – wohl nach mittelalterlich christlichem Aberglauben ein Schreibepult des Teufels, gewesen sein soll, wie eine daneben stehende kleinere Felsenkuppe „des Teufels Dintetaß“ genannt wird. Gedenken wir am Hohen-Stein aber auch noch einer spätern schönern Zeit, etwa vor 70-80 Jahren, wo auf dieser Felsenhöhe von kirchlich gläubigen Gesangfreunden die Hauptfeste des Kirchenjahres mit christlichen Liedern angesungen zu werden pflegten. Die Stelle ist so romantisch, daß sie gewiß auch schon manchen Sänger, gleich dem Neander im Neanderthale zur Poesie begeistert haben mag, wie wir uns wenigstens einer Dichtung aus dem eingegangenen Barmer Wochenblatte erinnern. Sodann geht in Heckinghausen und Umgegend hie und da die Rede, es habe einmal auf dreien der dortigen Berge eine vereinigte ungeheure Gänseposen- Erzeugungsanstalt bestanden: auf der Gosenburg nämlich (- „Goos“ ist das plattdeutsche Wort für ,,Gans“ –) seien von einem ,,Gosenbauer“ die Gänse gezogen, auf der Plückersburg die Thiere geköpft und gepflückt (plattdeutsch „geplückt“) und deren Kiele („Pole“) dann auf der Polsburg für den Handel zubereitet und versendet worden; wogegen Andere die Entstehung dieser Bergnamen von einer einfachen angeblichen Diebstahlsgeschichte ableiten, nach welcher der Gosenbauer die Kiele einiger ihm gestohlener Gänse auf dem einen Nachbarberge und die Pflückfedern auf dem andern wiedergefunden habe. – Man sieht, dieses wie jenes Gerede scheint, wie auch vieles Derartige anderwärts, lediglich auf Etymologie, auf willkürlicher Deutung vorhandener, aus unbekannten Veranlassungen entstandener Namen zu beruhen.

Ortsbeschreibung Elberfelds 1863

Entnommen aus: Carl Coutelle, Ortsbeschreibung von Elberfeld, in: Elberfeld und Barmen. Beschreibung und Geschichte dieser Doppelstadt des Wupperthals, nebst besonderer Darstellung ihrer Industrie, einem Ueberblick der Bergischen Landesgeschichte ec. herausgegeben von Wilhelm Langewiesche, Barmen 1863.
Zum Volltext

Zur besseren Orientierung sind die Kopfzeilen des Textes als Zwischenüberschriften beibehalten worden.

1863


II. Ortsbeschreibung von Elberfeld. Von Carl Coutelle, weil. Stadt-Verwaltungssecretär in Elberfeld (Der Herr Verfasser ist fast unmittelbar nach Vollendung dieser Arbeit gestorben.) [aus dem Inhaltsverzeichnis]

II. Ortsbeschreibung von Elberfeld.

Die Stadt Elberfeld bildet mit dem sie umgebenden ländlichen Bezirke eine Gemeinde, die nach Norden an die Gemeinde Hardenberg, nach Süden an die Gemeinden Ronsdorf und Kronenberg, nach Westen an die Gemeinden Sonnborn und Oberdüssel und nach Osten an die Gemeinden Gennebreck (Regierungsbezirk Arnsberg) und Barmen gränzt.

Der Flächeninhalt der Gemeinde Elberfeld beträgt 11,140 Morgen 3 Ruthen 10 Fuß, wovon 964 Morgen 22 Ruthen 20 Fuß auf das eigentliche Stadtgebiet fallen, welches sich im Wupperthale auf die Länge von ungefähr einer halben Stunde, nämlich vom sogenannten Haspel bis zum Brill, in der Richtung von Osten nach Westen ausdehnt. Der Thurm der reformirten Kirche in Elberfeld hat 51° 15′ 24″ 2″ geographische Breite und 4° 49′ 38″ 5′“ länge östl. von Paris *), und der Sockel des Rathhauses liegt 462,47 Fuß über dem Spiegel der Nordsee.

*) Nach genauen Berechnungen des verstorbenen Dr. Pottgießer

Am Schlusse des Jahres 1861 betrug die Anzahl der Gebäude, und zwar:

1) Oeffentliche Gebäude aller Art:
59, wovon 12 im Landbezirk
2) Wohnhäuser
3472, wovon 857 im Landbezirk.
3) Fabrikgebäude, Ställe, Scheunen und Schoppen
715, wovon 405 im Landbezirk.
Summa 4246

Elberfelder Bevölkerung. Elberfelder Wupper.

Die Bevölkerung zählte Ende Dezember 1861 überhaupt 56,293 Köpfe, wovon 43,707 auf die eigentliche Stadt fallen. Von der Elberfelder Bevölkerung Gesammtzahl sind 28,113 männlichen, 28,180 weiblichen Geschlechts. Dem Lebensalter nach zählen 20,232 zwischen 1 Tag und 16 Jahren incl., 32,966 zwischen 16 und 60 Jahren, 3095 über 60 Jahre.

Nach den Confessionen betrug die Bevölkerung: Evangelische 43,719, Katholiken 11,940, Dissidenten (einschließlich der sich von der Landeskirche getrennt haltenden Lutheraner) 370, Menoniten 5, Juden 259. Auf jedes Haus kommen nach Obigen durchschnittlich 16 Einwohner.

Elberfeld trägt ganz das Gepräge einer nicht eben alten Stadt, die sich nach und nach vergrößert und modernisirt hat. Die vielen engen Straßen neben andern, die durch ihre Breite und ihr wohlgefälliges Aussehen einladen, sowie die Masse von Häusern von alter, ordinärer Bauart, mit Schiefern bekleidet, gegenüber einer eben so großen Anzahl geschmackvoller, meist in Bruchsteinen aufgeführten Häuser der neueren Zeit, bekunden dies. Für das Straßenpflaster und für Abzugskanäle an den Straßen ist durchweg gut gesorgt, wenngleich hinsichtlich des Wasserabflusses und der Trottoirs in den engern Straßen noch Manches zu wünschen ist und zu wünschen bleibt, bis es einmal möglich sein wird, diesen Straßen eine Erbreitung zu verschaffen.

* * *

Wenn es dem Leser gefällig ist, so wollen wir nun die Stadt und deren Umgebung etwas näher besehen.

Nehmen wir unsern Weg von der Haspeler Wupperbrücke aus, die, wie schon im vorigen Abschnitt erwähnt, auf der Gränze zwischen Elberfeld und Barmen liegt und noch der letztgedachten Gemeinde angehört; widmen wir aber, bevor wir die Brücke verlassen, zuvörderst der vor unsern Augen liegenden Wupper selbst noch einige Worte.

Ihr Wasser hat schon hier, beim Eintritt in Elberfeld, gewöhnlich seine frische Naturfarbe längst verloren. In unserer Stadt aber muß es noch gar viele unsaubere Angriffe der Industrie und des bürgerlichen Lebens sich gefallen lassen; namentlich werden ihm noch die Abgänge aus zahlreichen Färbereien zugeführt, und wird es auch zum Betriebe verschiedener Wäschereien etc. benutzt.

Die Wupper bat auf dem Gebiete von Elberfeld mit ihren vielen Krümmungen eine Länge von 1460 Ruthen und eine durchschnittliche Breite von 80 Fuß rhein. Ihr Wasserstand wechselt an dem Pegel auf dem rechten Ufer oberhalb der Isländer Brücke von 0 bis 8 Fuß, und ihr Gefälle beträgt von der Haspeler Brücke bis zum Mühlenschlacht (Mühlenschütt) 20 Fuß, und von da bis zur Gränze des Gemeindegebietes, an der Stockmannsmühle 50 Fuß.

Landgerichtsgebäude. – Arresthaus

Nun weiter vorwärts über die Haspeler Brücke in die Stadt Elberfeld. Da starrt uns zunächst eine hohe Felsenwand entgegen; es ist ein, der Stadt Elberfeld gehöriger Thonschieferbruch.*) Von der Straße aus, die wir nun betreten haben, der Berliner Straße (oder Vicarie) bemerken wir vor Allem gleich links auf einer, von der Wupper gebildeten Insel (dem Eiland), ein sehr stattliches Gebäude. Es ist das Landgerichtsgebäude. Nach mehrjährigen Verhandlungen über die Wahl des Bauplatzes wurde durch Königliche Cabinetsordres vom 7. Juli 1841 und 8. August 1848 bestimmt, daß das Landgerichtsgebäude auf dem Eiland, und getrennt von demselben, jedoch in dessen Nähe das Arresthaus erbaut werden solle. Zum Ankaufe der Bauplätze haben die Gemeinden Elberfeld und Barmen überhaupt 18,400 Thaler beigetragen. Das Landgerichtsgebäude wurde in den Jahren 1848 bis 1853 errichtet. Es ist massiv in Bruchsteinen mit Werkstückverblendung im Florentinischen Style ausgeführt, hat 150 Fuß Front und 125 Fuß Tiefe mit einem innern Hofe von 3743 Fuß Breite und 46 Fuß Länge. Die Baukosten haben ohne die Ankaufskosten der Baustelle 165,186 Thaler betragen.

*) Es giebt in der Gemeinde Elberfeld noch 9 andere Steinbrüche , theils Grauwace, theils Sandstein, und ein Kalksteinbruch.

Ganz in der Nähe dieses Gebäudes, jedoch jenseit des linken Wupperarms, in der Kluse, wird jetzt das neue Arresthaus, massiv aus Ziegelsteinen, errichtet. Es soll im Ganzen 150 Gefangene fassen, welche größtentheils einzeln in Zellen untergebracht werden; nur für die Schuldgefangenen und die Kranken werden größere, auf eine Anzahl Personen berechnete Wohnzimmer eingerichtet. Die Einzelhaft der Uebrigen wird dadurch gemildert, daß 2 der 4 Höfe innerhalb der Umwährungsmauern ihnen an bestimmten Zeitpunkten zum Spazierengehen offenstehen sollen, einer den Männern und einer den Weibern unter ihnen. Durchgängige, sorgfältige Trennung der Geschlechter, auch für die Augen, ist ein Theil der gewiß nur zu billigenden Hauptidee des Baues, welche auf möglichste Fernhaltung aller, die Gemüthsbesserung der Gefangenen muthmaßlich nachtheiligen Einflüsse, besonders der gegenseitigen, abzielt. Im westlichen Vorsprunge des Gebäudes wird ein geräumiger, ebenfalls streng die Geschlechter scheidender Betsaal enthalten sein. – Die vollständige Anlage, mit Einschluß eines separaten Beamtenhauses wird mindestens etwa 140,000 Thaler kosten.

Theatergebäude. – Städtische höhere Töchterschule.

Verfolgen wir unsern Weg auf der Berliner Straße, so ist die nächste Straße links die Wupperstraße, die bis in die Nähe der Wupper führt und in welche die Hofauer Straße mündet, die westwärts in gerader Richtung bis zur kleinen Hofauer Straße führt und sich durch diese mit dem Kipdorf in Verbindung setzt.

Auf der Hofaue, rechts von der Wupperstraßen – Ecke, liegt das Gebäude des Theaters, ein großes, massives Gebäude, -im neueren Theaterstyl errichtet, dessen innere Einrichtung man jetzt, nachdem sich eine neue Actiengesellschaft gebildet hat, namentlich in Bezug auf die zu engen Sperrsitze, zu verbessern beabsichtigt.

Der Straßen-Complex der Hofaue besteht großentheils aus neuen, schönen Häusern und zeichnet sich durch Salubrität und eine fast feierliche Stille aus, während zur Rechten, auf der Berliner Straße, ein stets sehr bewegtes Leben fluthet und zur Linken die Industrie an der Wupper ihre Dampfmaschinen, Garnwäschereien etc. in Thätigkeit setzt.

Zwischen der Wupperstraße und der kleinen Hofauerstraße wird die Hofaue auch noch von der Bembergs-Straße durchschnitten, die zu der Brücke des Herrn J. W. Haarhaus über die Wupper führt. Weiterhin setzt auch die kurze aber hübsche Zollstraße die Hofaue mit dem Kipdorf in Verbindung. An der Ecke dieser Straße befindet sich in einem von der Stadt angemietheten Hause die unter der Direction des Herrn Richard Schornstein stehende städtische höhere Töchterschule und Bildungsanstalt für Lehrerinnen und Erzieherinnen. Diese Unterrichtsanstalt hatte im Schuljahre 1861 an Lehrkräften außer dem Direktor einen ordentlichen Lehrer und fünf ordentliche Lehrerinnen, und wurde außerdem von einem Gymnasiallehrer und einem Lehrer der Realschule in dem Unterrichte Unterstützung geleistet. Die Zahl der Schülerinnen betrug im 4. Quartal 1861: 190.

Hauptsteueramt. – Salzmagazin. – Haardt.

Auch die Gebäude des Königl. Hauptsteueramts und Salzmagazins liegen in der Zollstraße. Das Hauptsteueramtsgebäude wurde im Jahre 1830 aus Staatsmitteln gebaut und kostete 21,950 Thaler; das dabei befindliche Salzmagazin dagegen im Jahre 1833 und kostete 5580 Thaler. Es sind ansehnliche, umfassende Gebäude, denn der Bezirk des Hauptamtes hat eine große Ausdehnung, indem er nicht blos die Kreise Elberfeld, Barmen, Mettmann (mit Ausschluß der Bürgermeisterei Velbert) und Lennep, sondern auch ansehnliche Theile des angränzenden Regierungsbezirks Cöln in sich schließt. Das Verwaltungspersonal des Hauptsteueramts besteht aus dem Ober-Steuer-Inspector als Dirigenten, dem Hauptsteueramts-Rendanten, dem Haupt-steueramts -Controleur, zwei Ober-Steue -Controleuren und anderen Neben- und Unterbeamten.

Verlassen wir nun die Hofaue und kehren zur Berliner-Straße zurück. Sie gehört zu den älteren Stadttheilen, indem die Stadt früher mehr der Länge nach und weniger nach den Seiten hin ausgebaut wurde. Die Berliner-Straße endet am sogenannten „letzten Heller“, wo das Kipdorf beginnt. Hier scheidet sich aus dieser und der Berliner-Straße die Neuenteicher-Straße, die bis zum Ostersbaum, der Gränze nach Barmen, führt. Die Neuenteicher-Straße empfängt uns etwas schweigend und wir möchten sagen düster; aber post nubila phoebus! [Nach Wolken kommt die Sonne, JNK]– sie führt uns zu frischen, luftigen Höhen, die Zeugniß geben von Elberfeld’s Wohlthätigkeit, Pietät und Naturliebe.

Rechts ab aus der Neuenteicher-Straße führt uns ein steiler aber kurzer Weg zur Haardt, jetzt ein Vergnügungsort des Publikums.

Wir betreten hier einen historischen Boden; denn es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß die Haardt einst ein Versammlungsort der altdeutschen heidnischen Bevölkerung war, sowohl zu volksmäßigen Festen und Besprechungen, als auch zu religiösen Uebungen und Opfern. Solche Versammlungen fanden immer in den Hagen oder Hainen Statt, die man auch Haardte (Haruc oder Harath), nannte.

Die Haardt, nach dem Grund-Kataster aus 10 Morgen 107 Ruthen 70 Fuß Holzungen und 4 Morgen 122 Ruthen 40 Fuß Oede bestehend, war früher ein wüstes, unfruchtbares Grundstück und wurde im Jahre 1818 von dem Wundarzte J. A. Diemel zu Promenaden eingerichtet. Später wurde die so geschaffene Anlage auch von anderen Privaten und der Gemeinde – Verwaltung in Pflege genommen, und so erlangte sie die jetzige Gestalt eines schönen, von vielen anmuthigen Pfaden mäandrisch durchschlungenen, mit Bäumen und Strauchwerk geschmackvoll verzierten Bergwäldchens. Im Besteigen desselben nimmt zunächst ein Standbild des H. Suidbertus, „des ersten Boten des Evangeliums im Lande der Berge“ unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Schon Diemel hatte ein solches Standbild errichten lassen, welches aber den Anforderungen der Kunst so wenig entsprach, daß man ein würdigeres Kunstwerk dieser Art an dessen Stelle wünschte. Ein solches wurde in dem gegenwärtig da stehenden Denkmale 1859 hergerichtet. Die Kosten desselben von 1326 Thlr. wurden durch freiwillige Beiträge hiesiger Bürger gedeckt, wozu hauptsächlich Herr J. F. Lüttringhausen Anregung gab.

Pavillon zum neutralen Boden. – Turnhalle.

Wir schreiten den Hügel etwas höher hinan und gelangen auf eine verhältnismäßig sehr geräumige Fläche, die mit ihren schattigen Bäumen und ihren schönen Fernsichten zum Verweilen einladet. Hier steht auch der „Pavillon zum neutralen Boden“, von dem Restaurateur Herrn Himmelmann-Pothmann also genannt, dessen wirthliche Bedienung alle Anerkennung verdient.

Noch höher hinauf, auf der Kuppe des Berges, steht ein Ehrendenkmal des oben erwähnten, im Jahre 1821 gestorbenen Wundarztes Diemel, welches ihm seine Mitbürger in dankbarer Anerkennung seiner Bemühungen für die Begründung der schönen Haardter Anlage im Jahre 1824 aus freiwilligen Beiträgen errichteten. Unten, am Fuße des Berges, befindet sich das geschmackvolle Lokal der schon am 20. April 1847 gegründeten Elberfelder Turngemeinde. Dieses Lokal wurde im Jahre 1861 mit einem durch freiwillige Beiträge resp. durch Actien-Zeichnungen gedeckten Kostenaufwande von 10,000 Thlr. aufgeführt und wird dasselbe auch von den Schülern des Gymnasiums und der Realschule, so wie auch von dem, im August 1860 gegründeten „allgemeinen Turnvereine“ miethweise benutzt.*)

*) Außer den beiden genannten Turnvereinen besteht hier noch der „Männer-Turnverein“, der im Jahre 1861 gegründet wurde und sein Lokal auf der Wilhelmshöhe hat.

Elisenhöhe. – Städtisches Kranken- und Armenhaus.

Aber was ist das für ein Thurm von seltsamer Form, der da drüben auf dem Felde die Höhe beherrscht? Gehen wir hin; es lohnt der Mühe! – Der Thurm gehörte, wie seine einfache massive Bauart noch jetzt verräth, früher einer Windmühle an. Der nun verstorbene Herr Engelbert Eller ließ vor einer Reihe Jahren die Grundstücke der nächsten Umgebung zu einem sehr geschmackvollen Garten aptiren und den Thurm in eine Art von Warte umschaffen, zu deren Plateform im Innern des Thurmes eine Wendeltreppe hinanführt, von wo hinab sich nach allen Seiten die schönsten Fernsichten bieten. Es ist dies auch leicht zu denken, da schon der Fuß des Thurmes 227 Fuß rhein. höher liegt, als der Wasserspiegel der Wupper im Brausenwerth, und ringsumher sich, ein Panorama der schönsten Landschaften und Häusermassen ausbreitet. Bot schon der Haardter Berg interessante Ansichten einzelner Parthieen, so sind dieselben hier noch viel reichhaltiger und imposanter. Aber auch der Garten an sich mit seinem herrlichen Blumenflor und seinen exotischen Gewächsen hat des Schönen und Sehenswerthen viel.

Herr Eller gab zu Ehren der erlauchten Gemahlin unseres nun verstorbenen Königs Friedrich Wilhelm IV., dem Besitzhum den Namen ,,Elisenhöhe“. Mit freundlicher Liberalität war seither und ist wohl noch jetzt anständigen Leuten der Zutritt zu den schönen Anlagen stets gestattet.

Von der Elisenhöhe führt uns zwischen Feldern und Gärten ein angenehmer Landweg nach dem Eingange zur Stadt, dem Ostersbaum, an der Gränze der Gemeinde Barmen.

Es empfangen uns hier zunächst meistens Wohnungen von Webern oder sonstigen geringen Gewerbetreibenden. Etwas weiter finden wir, nach der Stadt zurückgehend, zur Linken das (alte) städtische Krankenhaus, welches im Jahre 1847 durch Ankauf erworben und seiner Bestimmung gemäß eingerichtet wurde. Da es sich später, besonders beim Eintritte epidemischer Krankheiten, zu beschränkt zeigte, so wurde ein neues Krankenhaus errichtet, auf das wir später zurückkommen werden. Das alte Krankenhaus hatte zu Ende 1861 71 Pfleglinge.

Weiter in der Stadt liegt, ebenfalls zur Linken, das allgemeine städtische Armenhaus. Es ist ein schönes geräumiges Gebäude, 130 Fuß lang und 58 Fuß tief, mit zwei zurückweichenden Flügeln, dreistöckig in Bruchsteinen aufgeführt. Der Baustyl ist modern, vorherrschend in griechisch-dorischem Charakter, das Erdgeschoß aber im Rundbogenstyle angelegt. Der auf durchschnittlich 300 Pfleglinge berechnete Bau wurde 1827 vollendet und hat einschließlich des Bauplatzes 30,756 Thlr. gekostet. Im Jahre 1831 wurde eine Suppen-Anstalt im Armenhause errichtet, die noch fortwährend sehr wohlthätig wirkt.

Anstalt für verlassene Kinder. – Harmonie.

Wir erreichen nun wieder die Neuenteicher-Straße und finden hier in dem alten Waisenhause, welches schon im Jahre 1852 anderwärts durch ein neues ersetzt worden ist, eine Anstalt für verlassene Kinder, D. h. solcher Kinder, deren Eltern sich im Armen- oder Krankenhause oder in Gefängnissen befinden, oder die Kinder böswillig verlassen haben. Die Anstalt wird von einem Vorsteher, der zugleich Lehrer ist, mit dem nöthigen Aufsichtspersonale geleitet. Zu Ende des Jahres 1861 befanden sich 50 Kinder in dieser Anstalt.

Auf unserm Wege gelangen wir wieder an den „letzten Heller“, von wo wir uns zunächst zu der rechts abführenden Hofkamper-Straße wenden. Dies ist eine freundliche, auch nicht sehr unruhige Straße, die zu beiden Seiten von schmucken Häusern eingeschlossen wird und aus der einige Straßen ausweichen. Die erste ist die steile Deweerthstraße, welche auf dem Engelnberge ausläuft und in der sich die im Jahre 1849 erbaute Kirche der niederländisch-reformirten Gemeinde befindet. Dann kommt, nachdem der Hofkamp, dem im Jahre 1799 errichteten Gebäude der Gesellschaft „Harmonie“ gegenüber, (in welchem auch die Gesangvereine Liedertafel und Orpheus ihre Versammlungen halten), noch eine Verbindung mit der Kipdorfer-Straße erlangt hat, die lutherische Kirchhofsstraße [heute Harmoniestr.], welche zum ehemaligen lutherischen, und demnächst die reformirte Kirchhofsstraße [heute: Unterstr., JNK], welche zum ehemaligen reformirten Kirchhofe führt. Diese Beerdigungsplätze haben durch die im Jahre 1842 geschehene Einweihung neuer Kirchhöfe auf dem Dorrenberg, das Ende ihrer Bestimmung erreicht. Stil und schweigsam, dem Leben entfremdet, wie diese verlassenen Plätze, ruht dort ein großer Theil der früheren Bevölkerung Elberfelds!

Hofkamp. – Kipdorf – – Erste lutherische Kirche.

Weiterhin liegt die im Jahre 1806 von der reformirten Gemeinde erbaute reformirte Pfarrschule, die 1 Lehrer, 3 Hülfslehrer und 450 schulbesuchende Kinder zählt. Auch die sogenannte Lucasstraße, in welcher die schon im Jahre 1850 errichtete Privat-Elementarschule des Herrn P. Stöllermann liegt, eine kleine Straße, welche bisher keine weitere Verbindung hatte, – die ihr aber nun verschafft wird, indem man damit im Werke ist, sie mittelst Durchbruchs mit der lutherischen Pastoratstraße (Wilbergs – Gasse) zu verbinden führt rechts von der Hofkamper Straße ab. Diese letztere aber mündet zwischen der Moriansstraße und dem Rommelspütt. Wir müssen zurück zum „letzten Heller“, um das Kipdorf zu verfolgen. Beim Eintritt in die Kipdorfer Straße, welche nebst dem Hofkamp den Hauptverkehr mit Barmen vermittelt, werden wir sogleich darauf aufmerksam, daß hier das bürgerlich – gewerbliche und merkantilische Leben Elberfelds erst recht beginnt, denn es schließt sich Laden an Laden. Da ist bis zum Ende des Kipdorfs neben prächtigen, großen Verkaufsladen, kein Räumchen zu klein und kein Eckchen zu beschränkt, das nicht zu irgend einem Ladengeschäfte oder sonstigen bürgerlichen Gewerbe benußt wäre.

Vom Kipdorf aus geht, am sogenannten Beckhof, rechts die Schwanenstraße ab, eine schöne, ebenfalls mit vielen, zum Theil großartigen Läden versehene Straße, welche, indem sie an den Ecken der Kolker- und Moriansstraße vorbeiführt, die Poststraße durchschneidet und an der Wallstraße endet. Links ab von der Kipdorfer Straße liegt der Thomashof, in welchem sich die lutherische Pfarrschule, (1 Lehrer, 3 Hülfslehrer und 480 schulbesuchende Kinder), befindet. Die Straße des Kipdorfs geht indeß fort bis zum Kolk, wo das obere Kipdorf endet und das untere Kipdorf beginnt. Das Kipdorf ist der eigentliche Kern, wir möchten sagen, die Geburtsstätte der Stadt Elberfeld. In ihrer Nähe stand, von der Wupper bespült, die Burg, das Stammschloß der ersten Besitzer und die erste Kirche, und von hier aus verbreiteten sich die Ansiedlungen nach allen Richtungen.

Das untere Kipdorf wird begränzt von der Mühlenstraße, der Wallstraße, der Schwanenstraße und dem Kolk, während es an der südlichen Seite von der Wupper berührt wird. Es wird durchschnitten von der Schönegasse, dem Altmarkt, der Poststraße, der Kirchstraße, der Thurmhofstraße und Burgstraße. Immer noch Laden an Laden in größtentheils etwas engen Straßen, wie sie uns die Vorzeit überliefert hat.

Rathhaus. – Erste reformirte Kirche.

An der Kolkerstraße steht die in den Jahren 1746/52 erbaute erste lutherische Kirche. Ihre Thurmglocken sind vor Kurzem renovirt worden und geben ein ausgezeichnet schönes Geläute.

Das Rathhaus finden wir von der Wallstraße, dem Thurmhofe und der Burgstraße begränzt. Es ist ein imposantes, im Rundbogenstyle von behauenen Werksteinen aufgeführtes Gebäude, das im Jahre 1842 vollendet wurde und 147,000 Thlr. gekostet hat. Es besteht aus einem Hauptgebäude mit zwei zurückstehenden Flügeln, ist dreistöckig und mit einem platten Dache versehen, welches eine Gallerie verkleidet. Ein Fresco-Gemälde, Charakterbilder aus dem altgermanischen Leben und dessen Entwickelung darstellend, verzierte früher die Wände des im Rathhause befindlichen Bürgersaales, ist aber leider im Laufe der Zeit theilweise erloschen und hat auch durch die interimistische Einrichtung des Bürgersaales zu Bureau-lokalen einstweilen seinen Zusammenhang verloren. – Das Rathhaus dient nicht blos der Stadtverwaltung, sondern auch für die Geschäftsführung des Königl. Landrathsamtes, des Polizei-Präsidiums, des Königl. Friedens-, Handels- und des Gewerbegerichts und der Handelskammer.

In unmittelbarer Nähe des Rathhauses befindet sich das alte Rathhaus und das in den Jahren 1824/25 neu errichtete Gebäude der Stadtwage, welche beide jetzt noch als Arresthäuser benutzt werden, bis das noch im Bau begriffene neue Arresthaus bei dem Königl. Landgerichtsgebäude vollendet fein wird.

Dem Rathhause gegenüber, nur durch die kurze Burgstraße von ihm getrennt, befindet sich, die erste reformirte Kirche, umgeben von einem, mit Bäumen bepflanzten freien Platze. Sie wurde, nachdem die frühere, noch aus der Zeit der Reformation stammende und auf die reformirte Gemeinde übergegangene Antoni-Kirche im Jahre 1687 durch Brand eingeäschert war, im Jahre 1691 im Bau vollendet. Da sie für die später vermehrte Bevölkerung zu beschränkt wurde, so ist eine zweite reformirte Kirche erbaut worden, auf die wir später zurückkommen werden.

Am reformirten Kirchhofe befindet sich auch die seit dem Jahre 1851 bestehende Privat- Elementarschule des Herrn Lindner.

Postamt. – Engelnberg. – Wilhelmshöhe.

Der, südlich von der Schwanenstraße, westlich vom Neumarkte und östlich von der Moriansstraße begränzte Häuser-Complex schließt einen Theil der aus dem Kipdorf kommenden Poststraße mit dem Kerstensplatz, der Grabenstraße, dem Heubruch und der Funkenstraße [beide entfallen 1950, JNK] sämmtlich kurze und enge Verbindungsstraßen – in sich und führt nördlich zum Rommelspütt, von wo aus rechts ein Weg nach dem Engelnberg führt und geradeaus die Gathe anhebt. In der Poststraße und an dem Kerstensplatze liegt das Königl. Postamt, dessen Gebäude im Jahre 1824 durch Ankauf für das Königl. Post-Aerar erworben wurden. Die Bedeutsamkeit des hiesigen Postverkehrs ist schon aus der Größe seines Beamtenpersonals zu ermessen, welches aus 1 Direktor, 1 Postkassen-Controleur, 5 Ober-Postsekretairen, 14 Postsekretairen, 9 Expedienten, 8 Condukteuren, 8 Briefträgern, 3 Landbriefbestellern und einer nicht unbedeutenden Anzahl anderer Offizianten, Boten und Dienern besteht. Im Jahre 1861 kamen hier wöchentlich 112 Personenposten an, und es fuhren ebenso viele von hier ab.

Verfolgen wir nun zunächst den oben angedeuteten Weg vom Rommelspütt nach dem Engelnberg. Der Eingang ist etwas steil und in seiner Anlage überhaupt nicht eben einladend. Rechts von diesem Wege führt eine Verbindungsstraße nach der Dewerthstraße. An diesem Verbindungswege liegt rechts die Königl. Steuerkasse I. für direkte Steuern, deren Bezirk aus den Sektionen A. B. C. und G. besteht. An demselben Wege, weiter hinauf, jedoch links, liegt die im Jahre 1857 neu erbaute Engelnberger (ev.). Schule, die 12,883 Thlr. gekostet hat. Es ist dies eine Freischule mit 1 Lehrer, 4 Hülfslehrern, einer Lehrerin und 652 schulbesuchenden Kindern. *)

*) Freischulen, d. h. Schulen, in denen Kinder unbemittelter Eltern unentgeltlich oder gegen ermäßigtes Schulgeld Unterricht genießen, bestehen hier drei evangelische und eine katholische; außerdem eine besondere Schule in der Anstalt für verlassene Kinder.

Wir kehren zu dem eben vorher betretenen Wege zurück, der uns jetzt in einem bessern Zustande zur Wilhelmshöhe, einem großen, von einer Mauer bekleideten Gebäude, zur rechten Seite dieser Straße führt. Man muß die Anlage auf einer steinernen Treppe ersteigen, da jene viel höher liegt, als der vorbeiführende Weg, hat dann aber auch von da hinab einen malerischen Anblick über das Häusermeer der Stadt Elberfeld.

Engelnberg-Platz – Gathe.

In der Nähe von Wohn- und Wirthschaftsgebäuden, in einem Garten, der, terrassenförmig, durch Laubgänge, Lauben etc. manche Abwechselung bietet, steht da ein prächtiges Gebäude, das einen schönen, geräumigen Saal enthält. Der frühere Besitzer der „Wilhelmshöhe“ hatte dasselbe zu einem Vergnügungs-Lokale (für Concerte, Bälle, Schaustellungen etc.) herrichten lassen, als welches es auch jetzt noch benutzt wird; indessen ist die ganze Besitzung von der neuen lutherischen St. Petri-Gemeinde angekauft worden, und diese wird nach Auflösung des gegenwärtigen Pachtverhältnisses (dem Vernehmen nach noch in diesem Sommer), davon zu Gemeindezwecken Besitz nehmen.

Die „Wilhelmshöhe“ verlassend, steigen wir ferner bergan zwischen Häusern und Gärten, und gelangen so auf den eigentlichen „Engelnberg.“ Dies ist ein freier, seit dem Jahre 1825 planirter und zunächst zu militairischen Versammlungen und Uebungen bestimmter Platz von 7 Morgen 146 Ruthen 90 Fuß. [heute Platz der Republik, JNK] Er gewährt eine schöne Aussicht über Stadt und Gegend und wird auch zu Volksbelustigungen, namentlich zur Feier von Schützenfesten, gern benutzt, so wie auch der seit dem Fahre 1830 bestehende Elberfelder Schützen-Verein (nicht zu verwechseln mit der Schützengilde, deren wir später gedenken werden), dort in einem angränzenden Garten sein Schießlokal hat.*)

*) Außer diesen beiden Schützengesellschaften giebt es noch eine solche am Brill, so wie den „Wupperthaler wirklichen Jäger- und Schützen-Verein“, welcher sein Lokal bisher auf der Wilhelmshöhe hatte

Haben wir uns auf dem Engelnberg genug umgesehen, dann wieder herab bis zu dem Punkte, wo wir zuerst zu ihm hinangestiegen sind! Es ist dies am Rommelspütt, von wo die geradeaus gehende Straße zur Gathe oder Bachstraße führt. Diese präsentirt sich uns als eine breite, ansehnliche Straße; aber dies ist sie erst geworden, seitdem der, sie in der Mitte durchschneidende Mirkerbach, (welcher aus dem Dönberge, Bürgermeisterei Haßlinghausen kommt und sich unterhalb der Isländer Brücke in die Wupper ergießt), überwölbt und durch Bepflasterung mit den beiden früheren Straßentheilen vereinigt worden ist. Diese Anlage ist im Frühling 1858 vollendet worden und hat überhaupt 24,202 Thlr. gekostet, wovon der Staat (Wegbau-Fiskus) die Kosten der Bepflasterung mit 2700 Thlrn. und einen Zuschuß von 4300 Thlrn., die Anwohner einen Beitrag von 978 Thlr. 15 Sgr. hergegeben haben und der Rest von ca. 16,224 Thlrn. der Stadt zur Last geblieben ist.

Zweite lutherische Kirche. – Friedrichs-, – Hochstraße.

Die Gathe, früher eine bedeutungslose Straße, die nicht sonderlich in Achtung stand, hat durch die vorgedachte Anlage ungemein gewonnen, nicht blos an Schönheit, sondern auch aus Gesundheitsrücksichten, und sie scheint berufen zu sein, einst noch eine besonders schöne Straße zu werden, so bald nur einmal Lust in die Leute kommen wird, sie mit schönen Gebäuden zu zieren.

Die Gather Straße führt uns in die Landgemeinde, zur Mirke, von wo aus sie als Staatsstraße die Verbindung mit Sprockhövel u. weiter vermittelt. Wir verlassen sie aber ungefähr an ihrem städtischen Ende, wenden uns links ab und gelangen so zu der benachbarten zweiten lutherischen Kirche am obern Ende der Friedrichsstraße. Diese Kirche wurde im Jahre 1850 im Bau vollendet. Sie ist im altdeutschen Style, mit verzierter Holzdecke im Innern, erbaut. Das Schiff der Kirche ist 72 Fuß lang und 51 Fuß breit. Die innere Höhe beträgt 40 bis 52 Fuß, und die Höhe des Thurmes, der eine Grundfläche von 20 Quadratfuß hat, 148 Fuß. – Die Baukosten von 35,000 Thlrn. wurden von den Gemeindegliedern theils durch freiwillige Beiträge, theils durch Umlage aufgebracht. Freundlich blickt die Kirche von ihrer Höhe in die vor ihr liegende, schnurgerade bis zum Neumarkt abschüssig führende Friedrichsstraße herab. Links von der Kirche in der Schulstraße, liegt die (ev.) Freischule II., die 1 Lehrer, 5 Hülfslehrer und 710 schulbesuchende Kinder zählt. Die Friedrichsstraße wird von 3 Straßen durchschnitten, welche, den Standpunkt von der Kirche genommen, links von der Gathe, und rechts von der kathol. Kirchhofsstraße [heute Nordstr., JNK] begränzt sind. Die erste dieser Straßen ist die Albrechtsstraße. In der hierauf folgenden Querstraße, der Karlsstraße, befindet sich im sogenannten Hohlenweg die IV. (kathol.) Freischule mit drei Filial-Classen und überhaupt 1013 schulbesuchenden Kindern, und dann folgt die Wilhelmsstraße, aus der aufwärts die kathol. Kirchhofsstraße führt, die ihren Namen von dem im Jahre 1845 verlassenen kathol. Kirchhofe hat, der zu der angegebenen Zeit nach dem Dorrenberg, bei den neuen evangelischen Kirchhöfen, verlegt wurde. Die Wilhelmsstraße mündet rechts ab in die zu dem Dorrenberge führende Hochstraße, aus der zur Linken sich die Bergstraße abzweigt, die wir später besuchen werden.

Klotzbahn. – Neumarkt. – Schloßbleiche.

Aus der Friedrichsstraße führt demnächst auch noch rechts ab die kleine Klotzbahn in die Häuserreihen der großen Klotzbahn, die sich demnächst an die Hochstraße anschließt. Der vorgedachte gesammte Häuser- Complex ist meistens von mittleren und geringeren Gewerbebetreibenden, namentlich Webern bewohnt.

Am Ende der Friedrichsstraße breitet sich vor uns der Neumarkt aus.

Es ist dies ein schiefwinklicher, sonst aber schöner und schmucker Platz von 1 Morgen 130 Ruthen 70 Fuß, der bis zum Jahre 1802 Kirchhof der reformirten Gemeinde war und im Jahre 1809 von der Stadt für 4400 Thlr. berg. käuflich erworben wurde. Der Platz liegt etwas erhöht, ist rings von ansehnlichen Häusern umgeben, und es führen von verschiedenen Seiten vier Treppen zu ihm. An der südöstlichen Seite ist er mit einer Verkaufshalle versehen und in seiner Mitte prangt, von einer stattlichen Einfassung umgeben, eine Eiche, die am 9. November 1814 zum Andenken an den, gerade ein Jahr vorher erfolgten ersten Einzug von Truppen der gegen Frankreich verbündeten Heere von mehreren patriotischen Bürgern gepflanzt wurde und jetzt noch unter der Pflege und dem Schutze der „,Eichengesellschaft“, eines besonderen Vereins von Vaterlandsfreunden, steht. Die erwähnte Einfassung ist durch 4 Säulen geziert, in denen verschiedene Inschriften stehen, und zwar:

Erste Säule: „Zum Andenken des 9. November 1813, des Einzuges der ersten verbündeten Truppen. Errichtet von der „Eichengesellschaft.“
Zweite Säule: „Franz dem I., Kaiser von Oesterreich.“
Dritte Säule: „Friedrich Wilhelm dem III., König von Preußen.“
Vierte Säule: „Alexander dem 1., Kaiser aller Reußen.“
Am Fuße dieser letzten Säule: „Gebaut im Jahre 1817.“

Vom Neumarkte gelangen wir in südlicher Richtung auf die breite, und, wenn auch nicht lange, doch sonst ansehnliche Wallstraße, die etwa in ihrer Mitte zur Rechten nach dem Wiedenhof und die nahebei an der Wupper liegende Schloßbleiche führt, deren Name an das Schloß Elberfeld erinnert. Die Schloßbleiche ist ein ungepflasterter, 152 Ruthen 30 Fuß großer Platz, der haupsächlich [sic!] zu Schaustellungen benutzt wird, und auf dem zur Meßzeit in einem Gewühle von Menschen ein sinnverwirrendes Durcheinander von Kirmesspectakel aller Art und allerlei sich gegenseitig überbietenden Anpreisungen der verschiedenen Budeninhaber sich breit und laut macht.

Genügsamkeit. – Gymnasium. – Privat-Töchterschule.

In westlicher Richtung führt von dem Neumarkte die Neumarktstraße ab, in welcher das Gebäude der schon seit ungefähr 50 Jahren bestehenden Gesellschaft „Genügsamkeit“ und das Lokal der Königl. Steuerkasse II. liegt, zu deren Bezirk die Sectionen D. E. F. H. und J., und außerdem die Bürgermeisterei Kronenberg gehören. Diese Straße mündet in die Grünstraße, welche links ab bis zur Schlössersgasse und zur Herzogsstraße führt. In der Grünstraße finden wir das Gymnasium, das unter dem dreifachen Patronate der reformirten Gemeinde, der Stadt und Sr. Majestät des Königs steht. Es umfaßt sechs Klassen und eine Vorschule, und es wirken an demselben 1 Director, 3 Oberlehrer, 5 Gymnasiallehrer und 3 Hülfslehrer, einschließlich eines Zeichenlehrers so wie eines evangelischen und eines katholischen Religionslehrers. Die Anzahl der Schüler betrug während des Winterhalbjahres 1860/61 in den Gymnasial – Klassen 252, in der Vorschule 21, zusammen 273. Während des Sommerhalbjahres 1861 betrug die Schülerzahl 251 resp. 25, überhaupt also 276. Die zunehmende Frequenz dieser Lehranstalt machte eine Vermehrung der Schulzimmer nothwendig, die im Jahre 1861 durch Errichtung eines zweiten Stockwerkes über dem östlichen Theile des Schulgebäudes mit dem Kostenbetrage von 4600 Thlrn. bewerkstelligt worden ist.

Etwas weiter an derselben Seite der Straße, liegt die katholische Mädchenschule, die 1 Lehrer, 1 Hülfslehrer und zwei Lehrerinnen bei 476 schulbesuchenden Kindern hat. Am entgegengesetzten Ende der Grünstraße befindet sich die unter der Direction des Herrn Dr. Hambruch stehende höhere Privat-Töchterschule und Lehrerinnen-Bildungsanstalt, die im Jahre 1861 an Lehrkräften außer dem Director einen ordentlichen Lehrer, fünf ordentliche Lehrerinnen und sechs andere Lehrer für einzelne Fächer hatte. Die Zahl der Schülerinnen betrug am 1. April 1862: 154.

Hier, am Ende der Grünstraße liegt vor uns die Louisenstraße, von deren Ecke man aber zur Bergstraße gelangt, der wir zunächst einen kurzen Besuch machen müssen.

St. Josephs-Hospital. – Ev. Vereinshaus.

Sie hat sich erst in neuerer Zeit durch Anbauten hervorgehoben und wird sich gewiß auch ferner noch mehr entwickeln und geltend machen. Wir finden hier zunächst die im Jahre 1847 mit dem Kostenbetrage von ca. 12,000 Thlr. erbaute (ev.) Louisenschule, die 1 Lehrer, 3 Hülfslehrer und 420 schulbesuchende Kinder hat. Nahebei, an derselben Seite, erhebt sich das, der katholischen Gemeinde gehörige St. Josephs-Hospital, ein hübsches und freundliches, massiv in Werksteinen errichtetes Gebäude, dessen westlicher Flügel für die Pflege armer Kranken, so wie auch solcher Kranken, die sich gegen Vergütung verpflegen lassen wollen, bestimmt ist, während der östliche Flügel als katholisches Waisenhaus dienen soll. Ein Anbau, der für die Aufnahme ansteckender Kranken bestimmt ist, befindet sich in der Ausführung, und wird das ganze, im Herbste 1862 zur Vollendung gelangende Gebäude eine Länge von 180 Fuß bei einer Tiefe von 40 Fuß haben. Das Hospital wurde mit dem Jahre 1856 eröffnet. Die Kosten des Gebäudes von 37,000 Thlr. wurden durch freiwillige Beiträge der katholischen Gemeindeglieder aufgebracht, die für das schöne, wohlthätige Werk unstreitig die dankbarste Anerkennung verdienen. Sodann finden wir an dieser Straße, in dem früheren Gebäude der höhern Webeschule, die katholische Knabenschule, welche mit dem Jahre 1861 in dieses Gebäude verlegt wurde. Sie hat 1 Lehrer, 3 Hülfslehrer und 449 schulbesuchende Kinder. – Die Bergstraße mündet weiter hinauf in die Hochstraße.

An der von der Bergstraße abzweigenden „Plateniusstraße“ wird jetzt eine Reitbahn auf Actien gebaut.

Wir kehren indessen dahin zurück, von wo wir uns zuerst zur Bergstraße gewendet haben, nämlich zum Eingange in die Louisenstraße. Es ist dies eine stille, etwas ernste, jedoch von hübschen Häusern eingeschlossene Straße. An dem Punkte, wo sich die Casinostraße ihr verbindet, liegt das sogenannte evangelische Vereinshaus, das Lokal des im Jahre 1860 gegründeten, „christlichen Bürgervereins“, der ein engeres Aneinanderschließen und Zusammenhalten christlich gesinnter Bürger zu gegenseitiger Unterhaltung und Belehrung bezweckt und auch Einrichtungen zur Aufnahme und Beherbergung gleichgesinnter durchreisender Fremden getroffen hat. Von hier aus geht die Louisenstraße in gerader Richtung durch den neueren Stadttheil, jedoch unter dem Namen der „verlängerten louisenstraße“ bis zur Obergrünewalderstraße fort. Dann erhebt sich rechts der Grünewalderberg, der, meistens von Webern und Fabrikarbeitern bewohnt, auf seinem Abhange zu Gemüsefeldern aptirt ist und von manchen Punkten herrliche Aussichten über Stadt und Gegend bietet. An ihn lehnt sich der schöne de Weerth’sche Garten, der andererseits von der Nevigeser Chaussee und der Königsstraße begränzt wird. Es ist dies eine allerliebste Anlage, die auf verhältnißmäßig beschränktem Raume die verschiedensten Gruppirungen repräsentirt und davon Zeugniß giebt, was die sinnige Kunst aus wüster Natur Schönes zu schaffen vermag.

Königsstraße. – Zweite reformirte Kirche.

Vom Grünewalder Berg gelangen wir längs dem de Weerth’schen Garten zu dem Eingange der Stadt an deren westlichem Ende. Da eröffnet sich uns, breit und prachtvoll, die Königsstraße. Sie führt schnurgerade bis an die Herzogs- und Louisenstraße und durchschneidet so den in den dreißiger Jahren entstandenen neuen Stadttheil. Die Königsstraße [heute: Friedrich-Ebert-Str., JNK] wurde erst 1839 vollendet und mit dem 1. Januar 1840 dem Publikum eröffnet. Man sieht es ihr mit dem ersten Blicke an, daß sie der neueren Zeit angehört, da auch die schönen, zum Theil prachtvollen Anbauten zu beiden Seiten neu sind. Sie stellt dem einkehrenden Fremden sogleich das Bild einer großen Stadt vor Augen, ein Eindruck, der sich später zwischen den engeren Straßen großentheils wieder verliert. Die Straße wird von der Obergrünewalder- und der Untergrünewalderstraße durchschnitten; außerdem führen rechts die Sophienstraße, die Auer Schulstraße und die Laurentiusstraße, zur Verbindung mit der Auerstraße, so wie links die Osterfelderstraße zur Verbindung mit dem Grünewalder Berg resp. der verlängerten Louisenstraße, von ihr ab.

Der Sophienstraße gegenüber, etwas einwärts von der linken Seite der Königsstraße, liegt die in dem Jahre 1853 – 1858 nach einem Plane des Regierungs- und Bauraths, Dombaumeisters Zwirner zu Cöln, durch den Baumeister Friedr. Augustini hierselbst erbaute zweite reformirte Kirche. Sie ist im gothisch – byzantinischen Rundbogenstyle in festen Sandstein-Quadern mit Bruchsteinmauerwerk verbunden, ausgeführt, hat 112 Fuß Länge, 66 Fuß Breite und 55 Fuß Höhe in den Umfassungsmauern. Der schlanke, achtseitige Thurm hat 210 Fuß Höhe. Eine Hauptzierde im Innern der Kirche bildet die von Joh. Friedr. Schulze & Söhnen zu Paulinszelle gefertigte, sehr gelungene Orgel. Die Kosten des Kirchenbaues nebst Orgel, Glocken und übrigen Einrichtungen betragen ca. 98,600. Thlr. und wurden durch freiwillige Gaben der hiesigen reformirten Gemeindeglieder aufgebracht. Der Bauplatz nebst einem 46 Fuß breiten umliegenden Straßenterrain, zusammen im Werthe von 14,000 Thlr., wurde von dem nun verstorbenen Rentner de Landas unentgeltlich hergegeben.

Königsplatz. – Katholische Kirche.

Auch das Gebäude der im Jahre 1823 hier gegründeten „vaterländischen Feuer-Versicherungs-Gesellschaft“ befindet sich in der Königsstraße, und zwar an dem sogenannten Königsplatze [heute: Laurentiusplatz]. Von der gegenüber liegenden Straßenseite aus führt die Auer Schulstraße zur Aue. Die Auer Schule, welche in dieser Straße liegt, wurde im Jahre 1839 im Bau vollendet. Sie hat 1 Lehrer, 3 Hülfslehrer und 490 schulbesuchende Kinder.

Der vorgedachte Königsplatz, in seiner regelmäßigen Quadratform und äußern Ausstattung der schönste öffentliche Plan der Stadt Elberfeld, deren Eigenthum er ist, hat eine Größe von 1 Morgen 160 Ruthen und ist mit Bäumen bepflanzt, die ihm ein sehr freundliches Ansehen geben. Zur Zeit der Messen und bei andern Gelegenheiten, wo der Neumarkt zur Abhaltung der Wochenmärkte nicht benutzt werden kann, dient der Königsplatz hierzu. Auf demselben steht die in den Jahren 1829 bis 1836 im Bau ausgeführte schöne katholische Kirche. In dem Baustyl derselben ist die griechisch-dorische Form vorherrschend, hinsichtlich der runden Fenster- und Kuppelgewölbe dem byzantinischen Style sich annähernd. Die Haupt-Façade bilden 2 Thürme, zwischen welchen ein vorstehendes Portal, jedoch ohne Säulen angebracht ist. Das ganze Gebäude ist 94 Fuß breit und 191 Fuß lang, die Kirche 54, die Thürme 98 Fuß hoch, worauf Spißen von 55 Fuß Höhe. Der Bau dieser Kirche hat 100,676 Thlr. gekostet, welche außer dem Erlöse aus der verkauften alten Kirche nebst Zubehör durch verhältnismäßig geringe Kapital-Anleihen, ferner durch 31,500 Thlr. an Collectengeldern und freiwilligen Beiträgen der Gemeindeglieder und der evangelischen Einwohner und durch ein Geschenk Sr. Majestät des Königs von 5000 Thlrn, zusammengebracht wurden. In der Stadt Elberfeld allein brachten die zu diesem Zwecke abgehaltenen Collecten 25,920 Thlr. auf, worunter an Beiträgen von nicht – katholischen Bürgern die Summe von 13,620 Thlr. begriffen war.

Casino. – Loge. – Realschule.

Weiter hinauf an der Königsstraße liegt das schöne Gebäude der Gesellschaft Casino, welches, nachdem das frühere Gebäude in der Neujahrsnacht von 1857 auf 1858 durch Brand eingeäschert worden, im Jahre 1859 durch Actienzeichnungen neu errichtet, und am 4. Februar 1860 eingeweiht worden.

Es trägt in goldenen Buchstaben die Ueberschrift: „Ex flammis renascor.“ Es finden dort häufig vorzügliche Concerte statt, und das Gebäude dient auch zu den Versammlungen und Kunstübungen des hiesigen Gesang – Vereins, des Instrumental – Vereins und des Schach-Clubbs.

Die Loge „Hermann zum Lande der Berge“, welche früher in einem Flügel dieses Gebäudes ihr Lokal hatte, hat nach dem Brande den bisher miethweise benutzten Flügel käuflich erworben, solchen neu bauen lassen und kürzlich bezogen. Der Eingang zu diesem Lokale geschieht von der Casinogarten-Straße.

In dieser letzteren Straße befindet sich die im Jahre 1844 für den Bezirk des hiesigen Königl. Handelsgerichts auf Actien errichtete Seiden-Trocknungs – Anstalt.

Am Casino endigt die Königsstraße, und mit ihr der neuere Stadttheil, indem dieser rechts durch die Kleine Herzogsstraße, welche zur Auerstraße, und links durch die Casinostraße, welche zur Louisenstraße führt, von den älteren Stadttheilen abgeschnitten wird.

Wir betreten nun die Herzogsstraße, die sich ebenfalls durch ziemliche Breite und durch schöne Anbauten auszeichnet. In dieser Straße finden wir zur Rechten die Realschule, deren Gebäude im Jahre 1830 von der Stadt für den Betrag von 17,500 Thlrn. durch Ankauf erworben wurden. Sie bestehen in einem Haupt- und zwei Nebengebäuden nebst Hofraume. Diese Lokalitäten haben im Jahre 1858 noch durch einen Erweiterungsbau von vier Klassenzimmern und einem Saale für die Schulfeierlichkeiten vermehrt werden müssen. Das Hauptgebäude, 68 Fuß lang und 364/2 Fuß tief, ist massiv in Bruchsteinen, vierstöckig aufgeführt. Der Baustyl ist italienisch-modern und gefällig, indem alle Profilirungen leicht gehalten sind. Die Realschule hat jetzt 6 Klassen und eine Vorbereitungs-Klasse. Es wirken daran: 1 Director, 3 Oberlehrer, 5 ordentliche Lehrer und 2 Hülfslehrer. Die Schülerzahl betrug 1860/61: 291, von denen 27 auf die Vorbereitungs-Klasse kamen, und im Sommersemester 1861: 296 incl. 32 Schülern der Vorbereitungs-Klasse. — Der Realschule gegenüber befindet sich das Gebäude der mit October 1847 hier in Wirsamkeit [sic!] getretenen Königl. Bank-Commandite.

Erholung. – Ref. Armenhaus. – Bürgerkrankenhaus.

Weiter hinauf, zur Linken, führt uns die Erholungsstraße zu dem Gebäude der schon seit dem Jahre 1794 bestehenden Gesellschaft Erholung.

Von der Herzogsstraße, welche dem Rathhause gegenüber in die Wallstraße mündet, führt etwas vorher eine kurze und enge Straße rechts zum Wiedenhof, eine Bezeichnung, welche ursprünglich einer reformirten Pastorat-Wohnung daselbst angehörte, im gemeinen Leben jedoch gewöhnlich in Wirmhof umgewandelt wird. Es befindet sich hier auch das im Jahre 1676 errichtete reformirte Armenhaus, in welchem meistens alte, schwache Leute der reformirten Gemeinde Wohnung und Pflege finden.

Dem Wiedenhof folgt „das Mäuerchen,“ so genannt von der niedrigen Mauer, die von hier bis zur Auerstraße die Wupper einschließt, und der eine Reihe schöner Häuser rechts gegenüber liegt. Ungefähr in der Mitte des „Mäuerchens“ führt eine, der Stadt gehörige Jochbrücke über die Wupper, wodurch die Verbindung mit der Alexanderstraße, dem Islande etc. vermittelt wird, und etwas weiter unterhalb liegt die Ohligsmühle, die mit Unterstützung einer Dampfmaschine zum Getreidemahlen dient.

An der Stelle, wo von dem „Mäuerchen“ rechts die kI. Herzogsstraße nach der Königsstraße abführt, fängt die Auerstraße an. Sie gehört noch dem älteren Stadttheile an, hat eine ziemliche Breite, meistens schöne Häuser und eine gerade Richtung. Aus ihr führen die Laurentiusstraße, die Auer Schulstraße und die Ober- und Untergrünewalderstraße zur Königsstraße. Fast am Ende der Auerstraße, zur Linken, liegt das in den Jahren 1820 – 22 erbaute Bürgerkrankenhaus, das 17,350 Thlr. gekostet hat. Dieses Bau-Capital wurde zunächst durch den Ueberschuß aus der Rechnung des in den Nothjahren 1816/17 hier gebildeten sogenannten Korn-Vereins, von 13,000 Thlrn., ferner durch ein Königl. Gnadengeschenk von 1000 Thlrn. und durch Ueberweisung von Einquartirungsgeldern und baaren freiwilligen Beiträgen hiesiger Bürger aufgebracht. Auch diese Anstalt steht sonach da als ein Denkmal des Wohlthätigkeitssinnes der hiesigen Bürgerschaft, und sie wirkt unter einer sorgsamen Verwaltung sehr wohlthätig und segensreich.

Villa Steinbeck – Steinbecker Bahnhof.

Wir befinden uns nun wieder am westlichen Ende der Stadt, und hätten so das Stadtgebiet auf der rechten Seite der Wupper durch wandert. Es bleibt uns nun, bevor wir uns auch in dem ländlichen Bezirke umsehen, noch übrig, den auf der linken Seite der Wupper liegenden Stadtbezirk zu begehen. Schicken wir uns dazu an!

Wir betreten demnach den nach dem Steinbecker Bahnhof führenden Weg, überschreiten die in demselben liegende Wupperbrücke und wenden uns dann links ab, um zunächst zur Gesundheitsstraße zu gelangen.

Aber halt! was für eine freundliche Anlage ist das, die dort vor uns liegt? Es ist die „Villa Steinbeck“, ein Garten-Wirthschafts-Lokal, von dem Besitzer, Herrn S. F. Holkem, gar nicht übel also genannt. Dahin müssen wir zunächst, da uns die Anlage, obschon sie, gleich dem angränzenden Steinbecker Bahnhofe schon zum Landbezirke gehört, so einladend am Wege liegt. Die Villa Steinbeck hat einen zierlichen Salon und einen schönen von Bäumen beschatteten Garten mit Ruhesitzen mannichfaltiger Art. Von dem Garten aus hat man malerische Aussichten, besonders in die Thalschlucht zwischen dem Kießberg und dem Nützenberg, worin Manche viel Aehnkeit [sic!] mit der porta westphalica in der Wesergegend finden wollen.

Der nebenan liegende Steinbecker Bahnhof dient jetzt, nachdem im Jahre 1858 die Fusion der Düsseldorf – Elberfelder Eisenbahn mit der Bergisch-Märkischen zu Stande gekommen, nicht mehr dem Personen-Verkehre, sondern nur noch zur Güter-Expedition.

Johannisberg. – Gärten von Coeler und Einsel.

Von hier gelangen wir – wenn wir nicht der links abführenden, die Verbindung mit der Gesundheitsstraße etc. vermittelnden Südoststraße Besuch abstatten wollen, – der Bergisch – Märkischen Eisenbahn entlang, auf die Kölner Straße, die zunächst nach Kronenberg, Solingen etc. führt. An dieser Straße liegt der Johannisberg, ein weit und breit bekanntes Vergnügungs-lokal, das wir uns etwas näher besehen müssen. Wir durchschreiten die Flur des Wohnhauses, und es empfängt uns eine große, schöne Gartenanlage, mit Bäumen alleenartig bepflanzt, und mit einem freien großen Platze, der einer ansehnlichen Menschenmenge zum Lustwandeln in freier Luft hinlänglich kaum gewährt, sonst aber zu künstlerischen Produktionen aller Art benutzt wird. In der Mitte des Platzs ist eine Springbrunnen-Anlage, die an Sommertagen durch ihre Wasserspiele Unterhaltung gewährt, und zwischen den Bäumen erhebt sich ein zierliches Orchestergebäude, selbstredend ebenfalls nur für die Sommermonate bestimmt. Außer den vielen, unter den schattenden Bäumen angebrachten Sitzpläßen ist auch eine Halle zum Aufenthalte bei schlechter Witterung vorhanden. Vom Garten des Johannisberges aus bietet sich eine herrliche Aussicht, zuerst über die Häusermasse von Elberfeld, dann aber auch in die Ferne, namentlich über das Wupperthal nach Schwelm und nach den Fabrikanlagen am Eynern – Graben. Das am Eingange des Gartens stehende Gebäude enthält einen Saal, der zu Concerten, Bällen und Schaustellungen dient und auch eine förmliche Bühne zu theatralischen Vorstellungen hat. Dieser Saal erfreut sich besonders an Sonntagen eines zahlreichen Besuches aus Stadt und Umgegend, so wie es auch den Abonnements-Concerten, welche dort zweimal wöchentlich stattfinden, an großer Theilnahme nicht fehlt. Die anerkannt kunstvollen Leistungen der unter dem Direktor Langenbach stehenden, jetzt 40 Mitglieder zählenden Johannisberger Kapelle, und die Umsicht und Präcision, mit welcher der Inhaber des Etablissements, Herr Abr. Küpper, für mannichfaltig abwechselnde Unterhaltung und für die wirthliche Bedienung seines Publikums sorgt, machen die stete Frequenz dieses Vergnügungs-Lokals erklärlich. Dem Johannisberge gegenüber, beziehlich zur Rechten, befinden sich die gut besuchten Gartenwirthschaften des Herrn Otto Coeler und des Herrn Wilh. Einsel. Beide Anlagen gewähren dem Besucher angenehmen Aufenthalt, namentlich auch durch die geschmackvollen Ausstattungen der Gärten und durch die schönen Aussichten, welche man von diesen aus genießt.

– Obgleich auch diese Anlagen eigentlich schon dem Landbezirke angehören, so haben wir sie doch schon hier mit berühren zu müssen geglaubt, da sie dem zur Stadt gehörenden Johannisberge so nahe liegen.

Gesundheitsstraße. – Böckel. – Stationsgebäude.

Wir ziehen nun aber die etwas stark sich neigende Kölner Straße hinunter und machen im Islande, an der sogenannten „dicken Pumpe“, einstweilen Halt, um zuvörderst auf die von hier links abgehende Gesundheitsstraße, die wir auf unserer, so eben beendeten Excursion beinahe vergessen hätten, hinzuweisen. Sie geht etwas bergan und es führen mehrere Straßen und Pässe zur Verbindung mit der Ohligsmühle, der Alexanderstraße und dem Mäuerchen, so wie der Südoststraße, von ihr ab. Von der Höhe der Gesundheitsstraße hat man eine schöne Aussicht auf die unten ausgebreitete Stadt. Wir setzen indessen unsern Weg durch das Island fort. Es ist dies eine enge, dicht bewohnte Straße, in der sich wieder Laden an Laden drängt und ein reger Verkehr bewegt. Aus ihr zweigt sich der ,,Böckel“ ab, ein unregelmäßiges Straßenterrain, das rechts mit dem Hohlenweg (Kölner Straße) in Verbindung steht und links nach dem Döppersberg führt. An diesem linken Ausgange des Böckel und dem vorbeiführenden Wege nach dem Grifflenberge steht, etwas erhöht, die Friedrich-Wilhelms-Schule. Sie wurde in den Jahren 1840/41 nach einem Anschlage, der sich auf 10,995 Thlr. belief, erbaut. Es wirken an derselben 1 Lehrer und 2 Hülfslehrer bei der Anzahl von 327 schulbesuchenden Kindern. Vor uns liegt der geräumige Döppersberger Bahnhof mit seinen Magazinen und Lagerplätzen; wir kehren aber zum Island zurück, besehen uns die am Ende desselben in der Richtung nach der Wallstraße liegende massiv erbaute Isländer Brücke, durchschreiten dann rasch die Fuhr, eine enge, nicht im besten Renommée stehende Straße, und gelangen aus dieser zu der Wupperbrücke am Döppersberg. Bis jetzt bestand hier nur eine hölzerne Jochbrücke. Nach längern Verhandlungen zwischen der Stadtverwaltung, Direction der Bergisch – Märkischen Eisenbahn – Gesellschaft und dem Königl. Ministerium ist aber die Erbauung einer massiven Brücke zur Verbindung der Stadt mit dem bergisch – märkischen Haupt – Bahnhofe, nach einem, den Betrag von 70,500 Thlr. ergebenden Kostenanschlage, beschlossen und die Vereinbarung getroffen worden, daß zu diesen Kosten die Staatskasse einen Zuschuß von 10,000 Thlr. leisten und die Stadt Elberfeld so wie die Eisenbahn-Gesellschaft die übrigen 60,500 Thlr. je zur Hälfte übernehmen sollten. Mit dem Bau dieser Brücke, welche in allmähliger Ansteigung von der Gränze des Altmarktes unmittelbar zum Plateau des Bahnhofes führen wird, hat man jetzt eben begonnen.

Telegraph. – Webeschule. – Gasanstalt.

Wahrhaft imposant ist das hier auf dem Döppersberg stehende, im Jahre 1848 im Bau vollendete Stationsgebäude der bergisch-märkischen Eisenbahn, von dem aus der Personenverkehr auf dieser Bahn mit dem 9. März 1849 eröffnet wurde. Es ist im griechischen Style aufgeführt. Das Hauptgebäude ist 183 Fuß lang und 50 Fuß breit und neuerdings durch einen Anbau an der westlichen Seite, der 112 Fuß lang und 50 Fuß breit ist, und in dem auch die Postverwaltung einige Räume angewiesen erhalten hat, erweitert worden. Die in dem Stationsgebäude befindliche Telegraphen-Station wurde schon am 1. Januar desselben Jahres, zuvörderst für Staatszwecke, errichtet und mit dem 1. October desselben Jahres auch der Benutzung zu Privatzwecken freigegeben.

Vom Bahnhofe aus führt uns die Ronsdorfer Chaussee, dem Döppersberg entlang, und an schönen Häusern und Gärten vorüber, zunächst bis zur Kluse. An diesem Wege, nicht weit vom Bahnhofe, erhebt sich rechts ein prachtvolles Gebäude. Es ist das Gebäude der höheren Webeschule [heute Wuppertal Institut, JNK], das zugleich eine Fabrikmuster-Zeichenschule, so wie die Provinzial-Gewerbeschule und eine Handwerker-Fortbildungsschule in sich schließt. Dieses Gebäude, welches im Jahre 1859 vollendet wurde, ist im römischen Style aufgeführt, hat eine Länge von 130 Fuß und enthält einen Mittelbau und zwei, nach der hinteren Seite ausgebaute Flügel. Die Tiefe des Mittelbaues beträgt 50 Fuß, die jedes Flügels 96 Fuß. Die Baukosten, einschließlich des Bauplatzes, betrugen ca. 70,600 Thlr. und wurden, bis auf ein, aus Beständen der früheren Webeschule etc. gebildetes Kapital von 4535 Thaler aus dem Erlöse von Stadt-Obligationen bestritten. Gegen Ende des Jahres 1861 hatte die höhere Webeschule 31, die Fabrikmuster – Zeichenschule 13, die Provinzial-Gewerbeschule 90 und die Handwerker – Fortbildungsschule 60 Schüler.

Diesem Gebäude gegenüber, in dem von der Wupper begränzten Thale, breitet sich das städtische Grundstück: das „Brausenwerth“ in der Größe von 3 Morgen 107 Ruthen aus. Es wird großentheils als Bleiche benutzt und gewährt, von unserer Straße aus gesehen, einen recht freundlichen Anblick. Hier befinden sich die Gebäude des städtischen Schlachthauses und Leihhauses und der Gasbeleuchtungs-Anstalt mit zwei ansehnlichen Gasometern von 56,000 resp. 12,000 Kubikfuß Inhalt.

Schlachthaus. – Leihhaus. – Schluß des Stadtbezirks.

Der Bau des städtischen Schlachthauses wurde im Jahre 1829 vollendet. Dasselbe ist im modernen Style von Bruchsteinen zweistöckig errichtet und bildet einen Rectangel mit vorstehender Einfahrt, die mit einem Fronton geziert ist. Das Erdgeschoß ist 20 Fuß hoch und enthält eine auf 28 Dorischen Säulen überwölbte Schlachthalle, mit 6 Unterabtheilungen für Ställe, und in dem Vorbau das Verwaltungszimmer und das Treppenhaus. Die obere Etage ist 13 Fuß hoch und enthält 30 Stuben für das Leihhaus und die resp. Verwaltungen. Außerdem sind auf dem Dachboden noch eben so viel Kammern eingerichtet.

Die Baukosten des Schlachthauses und der innern Einrichtung und Ausstattung desselben mit den nöthigen Utensilien haben den Betrag von 30,848 Thlr. erfordert. Die Räume des Schlachthauses sind jetzt dem hiesigen Metzgervereine für 300 Thlr. jährlich verpachtet. – Das Leihhaus befindet sich, wie schon eben angedeutet, jetzt in dem oberen Theile des Schlachthauses. Es besteht schon seit dem Jahre 1821, und seine Ueberschüsse sind statutmäßig zum Besten des städtischen Waisenhauses bestimmt. Diese Ueberschüsse sind nicht unbedeutend; sie betrugen seit dem Bestehen der Anstalt bis zu Ende des Jahres 1861 58000 Thlr.; indessen hat in dem Gemeinde-Etat für 1862, – weil dem Leihhaus-Fonds die Pension eines Leihhaus-Beamten mit 300 Thlr. zur Last gefallen ist, auch einige Gehaltserhöhungen der Leihhaus-Beamten, im Gesammtbetrage von 100 Thlr. eingetreten sind, der Betrag von 977 Thlrn. als muthmaßlicher Ueberschuß ausgeworfen werden können.

Verfolgen wir nun den von uns betretenen Weg noch auf eine kurze Strecke, so kommen wir zur Kluse. Hier hört das Stadtgebiet auf, indem die Sluse schon dem Landbezirke angehört und wir bis zur Haspelerbrücke, von der wir ausgegangen sind, das Terrain der eigentlichen Stadt nicht mehr berühren. Wir hätten demnach unsere Wanderung durch die Stadt Elberfeld vollendet und wenden uns nun dem Landbezirke zu.

Die Kluse vor 30 Jahren.

Wir werden hier, das sehen wir voraus, nicht, wie in der Stadt, alle Straßen und Wege verfolgen können, und das möchte auch, wenn es geschähe, vielfach langweilig und ermüdend werden, da uns wohl nicht überall Interessantes oder Neues vorkommen dürfte. Wir werden daher mitunter genöthigt sein, im Geist Berg und Fluß zu überspringen und uns zu versetzen, wohin es uns beliebt. Indessen denken wir doch hierbei im Ganzen eine gewisse Ordnung nicht außer Acht zu lassen.

Vor uns liegt also die Kluse. Unsere jüngeren Begleiter wollen ein wenig verweilen, um uns älteren Mitwanderern, denen sich bei dem Namen Kluse manche alte liebe Erinnerung aufdrängt, Muße zu gönnen, diesen dunkeln, schattigen – Waldweg, welcher in unserer Vorstellung sich hier so einladend vor uns aufthut, durchschreiten zu können. Lüstet sie’s, so dürfen sie sich uns auch anschließen. Hier eben, an dieser Stelle fing der Wald an, im Geiste schauen wir ihn noch, dessen Ende links sich bis in die tief unten liegende Bleiche, und dessen Länge sich bis an den „Kluser Kopp“, eine Bergkuppe, dicht am Bendahl oder der Barmer Gränze erstreckt.

Also es geht zur „Kluse“. Der Weg, von Buchen überwölbt, senkt sich ziemlich schroff bergab, und ist an einer Stelle, wohin wir jetzt gleich gelangen, wenigstens für Kinder fast gefährlich, weil er hier zugleich bedeutend schmaler ist. Es heißt hier „an der Wage“, eine Benennung, die nicht von ,wiegen“ oder „wägen“, sondern von „wagen“ abgeleitet sein will. Die Wupper fließt unten dicht am Fuße des Waldes vorbei, und wird von den übergebogenen Bäumen überschattet, so daß einem fast schauerlich zu Muthe wird. Der Sage nach soll an dieser Stelle die Tiefe der Wupper nicht zu ergründen sein; wohl nur ein wohlgemeintes Warnungs- und Schreckmittel für Kinder!

Gedenken wir aber noch des „Zwergenlochs“, einer kleinen Höhle, welche zwar von hier aus nicht sichtbar ist, da sich in dem Felsen unseres Weges, unten, am Ende der Bleiche und nur einige Fuß höher als diese, ihre Oeffnung zeigt, die aber unter unsern Füßen hinläuft, wenn es anders wahr ist, daß sie einige Länge hat. Noch wenige Schritte und wir befinden uns in einer wild – romantischen, felsigen Thalschlucht, und sehen zur Rechten einen etwa 3 oder 3 1/2 Fuß hohen und ebenso langen und breiten, von 4 Steinen zusammengesetzten Wasserbehälter, welcher, außer bei langer Dürre, immer frisches Wasser enthält. Etwas weiter rechts in die Schlucht hinein gewahren wir auch in dem bemoosten Gestein eine Quelle, deren Wasser sich mit dem überfließenden des Behälters vereinigt, und quer über den Weg durch einen breiten Eingang zur Wupper in diese fließt, wodurch also unser Weg in zwei Hälften getheilt wird. So tief ist das Thal, daß die Wupper bei etwas hohem Wasserstande hier beinahe in den Weg tritt.

Die Kluse damals und jetzt.

Still und traulich ift’s hier; Vergißmeinnicht-Blümchen stehen in Fülle da und erblühen hier besonders üppig; auch Nachtigallen fehlen nicht. Aber Eins noch gehört dazu: — das „Wuppermännchen“ grüßt uns! Ein altes, freundliches Männchen mit seiner eben so alt scheinenden Frau; beide, reinlich gekleidet, wandern mit steinernen Krügen beladen von früh Morgens bis spät Abends tagtäglich unausgesetzt hin und her, um ihre mitleidigen Kunden mit frischem Klusensprung-Wasser zu bedienen. Es wäre ein Wunder gewesen, wenn uns die Beiden nicht begegnet wären. – Von hier gehts wieder in die Höhe bis an den Fuß des „Kluser Kopps“. Doch – wir finden uns kaum noch zurechte. Der Wald ist verschwunden, der „Klusensprung“ ist überbaut, das Thal ist ausgefüllt, die Eisenbahn geht darüber hin! Nur der „Klusenkopp“ und das Gewölbe, welches als Durchlaß des Wassers unten an der Wupper im Gemäuer sich zeigt, geben uns die Richtung an und deuten auf die verschwundene ehemalige Romantik. Wehmuth ergreift uns, Kehren wir um!

Wir sind wieder in der Gegenwart; die Kluse, wie sie jetzt ist, liegt vor uns. Auch sie hat ihre Reize, ihre Vorzüge. Sie ist ein mehrfach durchbrochenes ländliches Terrain mit verschiedenen Anbauten, welches an dem Uebergange über die Eisenbahn in der Ronsdorfer Straße, wo sich die Maschinen-Werkstätte der bergisch-märkischen Eisenbahn befindet, anhebt. Gleich vorn, wo sich der Weg in der Klufe von der Ronsdorfer Straße scheidet, erblickt man auf einer kleinen Anhöhe rechts das Gesellschafts- und Schieß – Lokal der Schützengilde mit seinen hübschen Gebäude- und Garten-Anlagen. Diese Schützengesellschaft, ursprünglich bei Errichtung der Bürgerwehr im Jahre 1848 als ein besonderes Corps derselben gebildet, vereinbarte nach Auflösung der letzteren im Jahre 1849 für sich besondere Statuten und erfreut sich fortwährend zahlreicher Theilnahme. Gleich hinter dieser Anlage, etwas höher liegt die hübsche, neue Sommerwirthschaft der Frau Wtb. Sickert, auch mit weiter Aussicht über die Stadt und Gegend. Wir aber bleiben auf unserm Gange in der Kluse.

Kluserbusch. – Distelbeck. – Arbeiterwohnungen.

— Zur linken Seite die Eisenbahn und die Wupper mit den an derselben gelegenen Färbereien, die sich besonders durch ihre hohen Schornsteine bemerklich machen, rechts von zum Theil buschigen Höhen und einzelnen Häusern eingeschlossen, führt uns ein schöner Weg bis an die diesseitige Gränze der Ober-Bürgermeisterei Barmen. Von diesem Wege führt an der sogenannten Wolkenburg – einer Wirthschaftsanlage des Brauerei-Inhabers, Herrn J. A. Wülfing ein Uebergang über die Eisenbahn thalabwärts in die, mit Wohnhäusern, Färberei- und sonstigen gewerblichen Anlagen bebaute Kluser Straße, an die sich demnächst die , Mauer“ – eine kurze Straßenstrecke, an deren Ausgang das schon zur Gemeinde Barmen gehörende Bendahl liegt, – anschließt. Wir folgen aber ferner dem früher betretenen, höher gelegenen Wege, wenden uns ungefähr zu Ende desselben rechts durch den Kluser Busch und gelangen so auf einem durch Busch und Feld mäßig ansteigenden Wege auf die neue Ronsdorfer Chaussee. Es ist hier an derselben eine Ruhebank aufgestellt. Die Stelle, dazu ist sehr angemessen gewählt, nicht nur, weil die von unterhalb etwas steil ansteigende Straße hier ihren Höhepunkt erreicht, sondern auch, weil sich hier eine besonders schöne Aussicht über das ganze Wupperthal darbietet, die wir der Aufmerksamkeit der Natur: freunde empfehlen können. Ueberhaupt gewährt diese. Straße, von der Distelbeck bis zur Gränze der Gemeinde Elberfeld, in der Böhl, durch ihre Lage an einem buschigen Abhange und ihre mannigfaltigen Abwechselungen in der nähern oder fernern Umgebung einen angenehmen Spaziergang. Etwas abwärts‘ von unserer Stelle befinden sich die Häuser der Brauerei – Inhaber Herrn Hermes und Herrn Wickühler in der Distelbeck, von wo aus ebenfalls sich dem Auge ein schöner Genuß bietet, indem besonders die Stadt sich dem Anblicke unverschleiert barstellt. Weiter nach unten, wo der Weg in der Richtung nach der Eisenbahn die Ebene durchschneidet, bemerken wir zu beiden Seiten desselben Gruppen von kleinen Häusern, die wegen ihrer gleichmäßigen, gefälligen und modernen Form unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Es sind dies Wohnhäuser, die ein im Jahre 1858 von hiesigen Bürgern gebildeter Verein für die Beschaffung billiger und zweckmäßiger Arbeiter- und Handwerker-Wohnungen hat erbauen lassen, um sie, unter Zugabe eines Stückchen Landes bei jedem Hause, von etwa 1/2 Sechszig, zur Benutzung als Gemüsegarten, gegen mäßige Miethe an Weber, Fabrikarbeiter etc.. zu verpachten, und das durch dem fühlbaren Mangel an solchen Wohnungen einigermaßen zu begegnen. Ein willkommener Anfang, dem weitere Folge zu wünschen ist!

Grifflenberg. – Vor’m Holz. – Langenfeld. – Obere Steinbeck.

Links von unserm Wege geht die Distelbecker Straße an Häusern und Gärten vorüber; sie endet am Grifflenberg, wo die Eisenbahn wieder einen Uebergang zwischen diesem und dem Islande, hat. Der Grifflenberg umfaßt eine geringe Anzahl von Häusern aus der zum Landbezirke gehörigen Section H., wozu auch noch einige Häuser aus der zum Stadtbezirke gehörigen Section E. kommen. Der fremde Besucher glaube aber nicht etwa, der Name Grifflenberg schreibe sich von dem, links an der Straße sich erhebenden runden Hügel her; denn dieser ist ein Product aus neuerer Zeit von Menschenhånden, die bei dem Bau der vorbeiführenden Eisenbahn thätig waren und die überflüssige Erde hier aufschütteten. Es müssen übrigens wohl Anstände vorhanden sein, diesen so zwecklos dastehenden, nur die Aussicht versperrenden Hügel in irgend einer Weise nutzbar machen zu lassen, sonst wäre daraus wohl ohne Zweifel manches Nützliche und Schöne zu schaffen!

Vom Grifflenberg führt ein gut gebauter Vicinalweg zwischen Häusern und Feldern nach einer still freundlichen Partie, „vor’m Holz“ genannt. Hier befindet sich wieder eine philantropische Anstalt, indem die lutherische Gemeinde auf einem, im Jahre 1859 zu diesem Zwecke von ihr angekauften schönen Landgute mit geräumigen Gebäuden, eine Rettungsanstalt für verlassene Kinder errichtet hat, die segensreich wirkt. Gegen Ende 1861 befanden sich 29 Kinder in dieser Anstalt.

Es führen von hier nach verschiedenen Seiten Wege und Pfade, die besonders zu Spaziergängen geeignet sind. Auf einem dieser Wege gelangen wir zur Kölner Straße (dem Wege nach Kronenberg), und hier haben wir zunächst der Langenfelder Schule zu erwähnen, die im Jahre 1846 neu erbaut worden ist und anschlagsmäßig 9641 Thlr. gekostet hat. Es ist dies jetzt die (evang.) Freischule III mit 1 Lehrer, 5 Hülfslehrern und 632 schulbesuchenden Rindern. Etwas weiter, in der obern Steinbeck, deren Häuser rechts und links die Straße einschließen, befindet sich die kirberg’sche Bade-Anstalt, die zweck mäßig eingerichtet ist und viel besucht wird. Die Kölner Straße geht nun durch weniger dicht bewohnte ländliche Bezirke über das Hahnerfeld und den Hahnerberg nach Kronenberg. Am Hahnerfeld befindet sich eine Schule, deren Gebäude im Jahre 1829 errichtet und im Jahre 1840 durch den Anbau einer Lehrerwohnung erweitert worden ist. Die Baukosten betrugen überhaupt 4695 Thlr. Die Schule hat 1 Lehrer, 1 Hülfslehrer und 292 schulbesuchende Kinder.

Hahnerfeld. – Küllenhahn. – Untere Steinbeck – Neues Krankenhaus.

Wie von der Höhe des Hahnerfeldes und des Hahnerberges, die 628 Fuß höher liegen, als der Wupperspiegel im Brausewerth, sich ringsum eine schöne Aussicht bietet, so ist dies auch am Küllenhahn der Fall, wohin von der Kölner Straße ein Seitenweg rechts ab führt. Wir erwähnen diese, die Elberfelder Gränze nach Kronenberg schon überschreitende Häusergruppe, wo auch eine gute wirthliche Aufwartung zu finden ist, hier hauptsächlich deßhalb, weil von Elberfeld aus häufig dahin Ausflüge gemacht werden und wir den schönen Weg durch Feld und Busch zu unserer Rückehr nach Elberfeld benußen wollen. Wir gelangen so in der unteren Steinbeck wieder an. Da wir – diese Gegend schon früher berührt haben, so schlagen wir den Weg nach dem Arrenberg ein. An dem von der Hauptstraße abzweigenden Wege finden wir einige Gebäude, die uns die wackere Menschenfreundlichkeit Elberfeld’s wieder lebhaft vor Augen führen. Zuerst zieht das rechts an diesem Wege liegende, im Bau fast vollendete neue städtische Krankenhaus nebst dem dabei befindlichen städtischen Irrenhause, welches letztere im Jahre 1862 seiner Vollendung entgegen sieht, unsere Aufmerksamkeit auf sich. Beide Gebäude find mit dem sogleich näher zu berührenden städtischen Waisenhause nicht blos Denkmale des hiesigen Wohlthätigkeitssinnes, sondern auch äußere Zierden der Gegend. Das im Rundbogenstyl erbaute Krankenhaus hat 242 1/2 Fuß Länge und besteht aus einem, 57 1/2 Fuß breiten und 77 Fuß tiefen Mittelbau, an den sich zu beiden Seiten Anbauten von je 57 1/2 Fuß Länge und 49 Fuß Tiefe anschließen, denen wieder Seitenflügel folgen, von welchen jeder 71.42 Fuß lang und 35 Fuß tief ist. Die Baukosten betragen anschlagsmäßig 100,000 Thlr. Das neben dem Krankenhause liegende, zu 23,700 Chlr. veranschlagte Irrenhaus ist 83 Fuß lang und 50 Fuß tief und hat an beiden Seiten Portale von 20 Fuß länge und 15 Fuß Breite. Es hat drei Stockwerke und ein Kellergeschoß. Das ganze Erdgeschoß und die halbe erste Etage find für die weiblichen, und die andere Hälfte der ersten Etage, so wie das ganze zweite Geschoß für die männlichen Irren bestimmt. Sämmtliche Etagen sind durch zwei steinerne Haupttreppen zugänglich.

Irrenhaus. – Städtisches Waisenhaus. – Vor’m Arrenberg. – Kießberg.

Weiterhin liegt zur linken Seite unseres Weges das Prachtgebäude des städtisches Waisenhauses. Es wurde in den Jahren 1851 bis 1854 erbaut, bildet in dem Hauptbau und seinen beiden Flügeln eine Fronte von 144 Fuß und hat einschließlich des 10 Fuß hohen Daches, vom Sockel an gerechnet, eine Höhe von 54 Fuß. Es ist im Rundbogenstyl von Bruchsteinen aufgeführt und besteht aus dem Erdgeschosse und zwei Stockwerken. Die inneren Räume sind auf’s Zweck mäßigste eingerichtet und ausgestattet. Das zu dem Bau erforderliche Terrain ist von dem nun verstorbenen Rentner Hrn. P. de Weerth unentgeltlich hergegeben worden, und die Bau- und Einrichtungskosten haben 57,929 Thlr. betragen. Am 22. April 1854 wurde das Gebäude seiner Bestimmung übergeben. Es befanden sich zu Ende des Jahres 1861 darin 270 Pfleglinge.

Dem Waisenhause in schräger Richtung gegenüber liegt die Arrenberger Elementarschule, die 1 Lehrer, 2 Hülfslehrer und 388 schulbesuchende Kinder zählt, und etwas weiter abwärts die von Dreden’sche Kaffeewirthschaft, die von der Stadt aus viel Zuspruch findet. Dann folgt die geschlossene Häusergruppe des Arrenberges oder, wie der Bezirk eigentlich genannt wird, „vor’m Arrenberg“. Es ist eine stille, freundliche Gegend, die besonders von einiger Entfernung aus ein recht trauliches, idyllisches Ansehen hat.

Wir könnten nun den Weg, auf dem wir uns gegenwärtig befinden, noch weiter verfolgen, könnten auch den nahebei liegenden Kießberg besteigen, der 452 Fuß höher ist, als der Wupperspiegel im Brausewerth, und würden von seiner Krone aus eine bedeutende Fernsicht, namentlich nach der Rheingegend hin, gewinnen; aber wir müssen, auch noch andere Excursionen machen und versetzen uns daher nach dem westlichen Eingange der Stadt, um zunächst die Düsseldorfer Straße zu begehen.

Am Westende. – Stockmannsmühle. – Viaduct. – Sonnborn.

Diese, in den Jahren 1830 bis 1833 trefflich gebaute, eine reizende Thalebene zwischen dem Kießberg und dem Nützenberg durchschneidende Chaussee, gewährt mit ihren ziemlich breiten, baumbepflanzten Seitenwegen einen besonders schönen Spaziergang. In der Nähe der Stadt, und auch weiter an der rechten Seite des Weges befinden sich hübsche Anbauten, unter welchen sich das Haus des Brauerei-Inhabers Hrn. Gust. Küpper am Westende auszeichnet.

Das Haus enthält neben anderen Wirthschaftsräumen einen großen, schönen Saal. Hinter dem Hause befindet sich ein langer, in den Nützenberg gehender bedeutender Felsenkeller und ein schöner, mit Bäumen, Lauben 2c. bestandener Garten, der sich terassenförmig an den Nützenberg lehnt.

Die Düsseldorfer Straße geht weiter durch die Vogelsaue, eine Gruppe von Häusern, bis an die Stockmanns-Mühle, wo der Weg auf Düsseldorf, der zunächst nach Mettmann, rechts abgeht, während die gerade fortgehende Straße auf Solingen, zunächst aber dem Kirchdorf Sonnborn zuführt. An dem Eingange von Sonnborn nehmen wir schon von der Düsseldorfer Straße aus einen prächtigen, auf 6 massiven Bogen ruhenden Viaduct wahr, der die Eisenbahn von der Elberfelder Seite über einen Thalgrund und die Wupper auf die Sonnborner Höhe führt.

Somit sind wir derselben Stelle nahe gekommen, die wir vorhin an der Villa Steinbeck aus größerer Entfernung erblickten, dem Thore zum Rheinlande, der porta Rhenana, wie man sie neuerdings, unser Thal als ein solches Gränzstück zwischen Westphalen und Rheinland betrachtend, nicht unpassend genannt hat. Von dem schönen, modernen Werke der Menschenhände abgesehen, nimmt indeß von den mehr östlicheren Höhen, zumal bei günstiger Abendbeleuchtung, diese Thalschlucht fich herrlicher aus, als hier oder in noch unmittelbarerer Nähe.

Wir könnten dagegen einen recht interessanten Abstecher nach und durch Sonnborn machen, namentlich um uns die historische Stelle „am Todtenberge“ und den an einen Religionscultus unserer heidnischen Voreltern erinnernden ,,Sonnborn“ zeigen zu lassen, welches beides wir in den Geschichtsabschnitten unseres Buches näher kennen lernen werden. Es liegt das jedoch diesmal nicht in unserem Plane.

Varresbeck. – Brill – Niederl. ref. Kirchhof.

Wir schlagen daher bei der Stockmanns – Mühle den rechts abführenden Weg ein, um für unsern Rückweg nach Elberfeld zum Nützenberg zu gelangen. Bald erreichen wir auf einem hübschen Wege mit manchen Abwechselungen den rechts abgehenden Nützenberger Weg, welcher bis zu den dreißiger Jahren die von uns eben begangene Chausseestrecke von hier über Stockmanns – Mühle bis Elberfeld vertrat. Hier finden wir die Varresbeck, eine viel besuchte Kaffeewirthschaft. Weiterhin, auf dem eigentlichen Nützenberg, liegt die nach diesem benannte Schule, die 1 Lehrer und 130 schulbesuchende Kinder hat. Der Weg über diesen Berg ist meistens zu beiden Seiten von Gebüsch eingeschlossen und daher besonders im Sommer recht angenehm. Auch gewährt, wo das Gebüsch nicht zu dicht ist, seine ganze südliche Seite schöne Ausfichten, was namentlich an einer, der Vogelsaue gegenüber liegenden Stelle (der Kampermann’schen Kaffeewirthschaft), der Fall ist, die deßhalb auch „schöne Aussicht“ genannt wird. Man hat von hier einen freien, klaren Blick in das tief unten gelegene, von der Wupper durchwundene liebliche Thal, auf seine Häuser, Gärten und Felder und auf das mannichfaltige Leben darin, so daß man, von dem schönen Anblick gefesselt, die Stelle nur ungern wieder verläßt. Unterhalb, in der Nähe der Stadt, senkt sich der Nützenberger Weg, und er führt uns dann am Brill auf die Nevigeser Chaussee. Der Brill ist eine viel besuchte, anständige Schenkwirthschaft. Dem Hause schließt sich ein schöner, großer Garten an, in welchem sich das allerliebst gestaltete und die Gegend zierende Lokal der im Jahre 1834 gegründeten Schützengesellschaft am Brill, welche dort ihre Schießübungen, Bälle, Concerte und geselligen Zusammenkünfte hält, befindet.

Die Nevigeser Chaussee, in den Jahren 1833 bis 1835 auf Kosten der Bürgermeistereien Elberfeld und Hardenberg ausgebaut, war bis zum Jahre 1859 Eigenthum dieser Gemeinden, wurde aber dann vom Staate übernommen. Es ist eine schöne, zu beiden Seiten mit Bäumen bepflanzte Straße, die nicht nur von dem Verkehr auf derfelben, sondern auch von den Bewohnern der vielfach angebauten Häuser belebt wird. Nicht weit vom Brill führt der in den Jahren 1848 bis 1850 schön ausgebaute, 24 Fuß breite Katernberger Communalweg links von ihr ab. An diesem, mäßig ansteigenden Wege, zur Linken, liegt der am 20. August 1851 eingeweihte Kirchhof der niederländisch-reformirten Gemeinde. Es ist ein, 4 Morgen 5 Ruthen großer, frei nach Osten blickender Platz, schmuck und sauber, aber ganz einfach.

Katernberg. – Hülsbeck. – Wüstenhof. – Mirke.

Der Weg nach dem Katernberg führt durch romantische Partieen. Busch und Feld wechseln häufig ab, und die Höhe gewährt manche schöne Aussicht. Die im Jahre 1859 gebaute neue Schule zu Katernberg hat 6388 Thlr. gekostet. Sie hat 1 Lehrer, 1 Hülfslehrer und 227 schulbesuchende Kinder.

Wir wenden uns von diesem Wege der Hülsbeck zu und gelangen so wieder zur Nevigeser Chaussee, die ebenfalls in reicher Abwechselung durch Busch und Feld bis zur „Gränze“, dem Endpunkte des Elberfelder Gebietes, führt. Aus der Hülsbeck führt rechts der Dorrenberger Weg ab, auf dem wir zu den neuen Kirchhöfen der reformirten, lutherischen und katholischen Gemeinden gelangen.

Die Kirchhöfe der reformirten und der lutherischen Gemeinden, 16 Morgen resp. 10 Morgen 27 Ruthen groß, wurden im Jahre 1842, jener der katholischen Gemeinde, der eine Größe von 5 Morgen hat, im Jahre 1845 eingeweiht.

Diese stillen Gestade, an welchen die Wellen des menschlichen Elendes sich brechen, und hinter denen das Morgenroth der Ewigkeit aufsteigt, haben eine schöne Lage und eine würdige Ausstattung. *)

*) Der Verfasser obiger Zeilen, Herr Carl Coutelle, ruht nun auch schon auf diesen „stillen Gestaden.“

An der, auf die Stadt zu liegenden Seite des reformirten Kirchhofes führt uns ein Fußweg nach der Mirke. . Zunächst aber kommen wir auf diesem Wege zu dem Wüstenhof, einer Gruppe von etwa 15 ländlichen Häusern. Das Lokal der hier befindlichen Schule war früher ein angemiethetes; im Jahre 1859 aber wurde hier eine neue Schule erbaut, die 10,855 Thlr. gekostet hat. Es wirken an derselben 1 Lehrer und 3 Hülfslehrer und es zählt dieselbe 380 schulbesuchende Sinder.

Die Mirke ist ein schöner ländlicher Bezirk, durch den die Chaussee von Elberfeld nach Sprockhövel, Hattingen etc.. führt. Nicht weit von dem angrenzenden Stadtbezirke liegt etwas zur Linken die schöne und zweckmäßig eingerichtete Badeanstalt des Herrn W. Teschemacher, die das Wasser zur Speisung der Badeteiche von herzufließenden Bergwässern aus der ersten Hand empfängt und viel besucht wird. —

Uellendahl. – Abschied

Unser Weg führt uns weiter hinauf, an Häusern, Gärten und Feldern vorüber, durch eine liebliche, belebte Gegend, die nach mehreren Seiten zu Spaziergängen einladet. Wir beenden den unsrigen zu Uellendahl, wo wir noch der im Jahre 1843/44 erbauten Schule, zu der 1 Lehrer, 1 Hülfslehrer und 260 schulbesuchende Kinder gehören, zu erwähnen haben.

Von hier könnten wir zwar unsere ländliche Promenade fortsetzen, um den Kreis derselben um die Stadt zu vollenden; doch würde uns nichts von besonderer Bedeutung mehr vorkommen, und wir würden auch auf Punkte stoßen, die wir schon bei der Begehung des Stadtbezirkes berührt haben.

Wir schließen daher unsere Excursion und nehmen von dem geneigten Leser, der uns auf derselben begleitet hat, freundlich Abschied.

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